Willingmann warnt vor zunehmender Luftverschmutzung in Sachsen-Anhalt

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Magdeburg/ST. ZunĂ€chst die gute Nachricht: Die LuftqualitĂ€t in Sachsen-Anhalt hat sich im vergangenen Jahr weiter verbessert. Das geht aus dem aktuellen Immissionsschutzbericht des Landesamtes fĂŒr Umweltschutz (LAU) hervor, den Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) und LAU-PrĂ€sidentin Dr. Sandra Hagel am Donnerstag in Magdeburg vorgestellt haben. Danach wurden die Grenzwerte fĂŒr Stickstoffdioxid und Feinstaub an allen Mess-Stationen im Land erneut sicher eingehalten.

Die positive Entwicklung ist jedoch kein SelbstlĂ€ufer. Umweltminister Willingmann warnt aufgrund der Energiekrise vor einer Zunahme der Schadstoffbelastungen: „Wenn mehr Menschen aufgrund hoher Preise fĂŒr Erdgas wieder verstĂ€rkt mit Kohle und Holz heizen, fĂŒhrt dies zumindest vorĂŒbergehend zu einer höheren Schadstoffbelastung.“ Vor allem in BallungsrĂ€umen und Tallagen könnte sich die LuftqualitĂ€t wĂ€hrend der Heizperiode verschlechtern.

Heizen mit Festbrennstoffen wie Kohlebriketts, Holz und Holzpellets ist in Sachsen-Anhalt weit verbreitet: 2021 waren im Land gut 290.000 Einzelraumfeuerungen, zu denen Kamine, Öfen und Pelletheizungen zĂ€hlen, registriert. Viele davon entsprechen jedoch nicht dem Stand der Technik: So verfĂŒgen alte Feuerungen meist noch nicht ĂŒber eine Abgasreinigungsanlage und stoßen daher bei Gebrauch mehr Feinstaub und Ruß aus als moderne Anlagen. Aus diesem Grund muss mehr als ein Viertel der Anlagen (80.775) bis Ende 2024 entweder nachgerĂŒstet oder außer Betrieb genommen werden. Das sieht die Verordnung zur DurchfĂŒhrung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vor.

Willingmann appelliert deshalb an die Besitzer von Altanlagen, die UmrĂŒstung nicht hinauszuzögern: „Jeder, der mit seinem alten Ofen oder Kamin in den kommenden Jahren weiter heizen möchte, sollte die ohnehin notwendige NachrĂŒstung nicht hinauszögern. Jede modernisierte Anlage trĂ€gt dazu bei, die Schadstoffbelastung der Luft und entsprechende Gesundheitsrisiken zu reduzieren. Wer mit Holz oder Kohle heizt, sollte zudem auf geeigneten und gut getrockneten Brennstoff achten.“

Aufgrund der hohen Preise insbesondere fĂŒr Erdgas ist das Heizen mit Festbrennstoffen zuletzt finanziell wieder attraktiver geworden. WĂ€hrend die Kilowattstunde (kWh) Erdgas im Oktober 2022 durchschnittlich etwa 25 Cent kostete, lagen die Kosten fĂŒr das Heizen mit Holzpellets (17,5 Cent pro kWh), mit Braunkohlebriketts (7 Cent pro kWh) und mit Scheitholz (9 Cent pro kWh) oftmals deutlich niedriger.

Damit Kamine und Öfen dauerhaft in Betrieb bleiben können, mĂŒssen sie die Grenzwerte fĂŒr Staub von 0,15 Gramm je Kubikmeter und fĂŒr Kohlenstoffmonoxid von 4 Gramm je Kubikmeter einhalten. Bestehende Anlagen, die diesen Nachweis erbringen, können zeitlich unbegrenzt weiterbetrieben werden. Kann der Betreiber diesen Nachweis nicht erbringen, gelten Übergangsfristen, die je nach Datum der TypprĂŒfung zwischen 2015 und Ende 2024 ausgelaufen sind bzw. noch auslaufen. Die Kosten fĂŒr eine entsprechende NachrĂŒstung können je nach Anlage schwanken. Ein Einbaukatalysator kostet um die 500 Euro, ein elektrostatischer Abscheider 2.000 bis 3.000 Euro. Das Bundesamt fĂŒr Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert immerhin Pellet-Kaminöfen und die nachtrĂ€gliche Installation von Partikelfiltern. Festbrennstoffkessel mit integriertem oder optionalem Abgasreinigungssystem werden vom ebenfalls BAFA unterstĂŒtzt.

EU plant VerschĂ€rfung der Grenzwerte fĂŒr Luftschadstoffe

Luftreinhaltung wird in Sachsen-Anhalt auch ĂŒber die Energiekrise hinaus weiter mit Herausforderungen verbunden bleiben, kĂŒndigte Willingmann im Hinblick auf die von der EU geplante VerschĂ€rfung der Grenzwerte fĂŒr Luftschadstoffe an. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht unter anderem vor, den Jahresgrenzwert fĂŒr Feinstaub mit einer PartikelgrĂ¶ĂŸe von 2,5 Mikrometer (”m) von jetzt 25 auf kĂŒnftig 10 Mikrogramm je Kubikmeter (”g/mÂł) herabzusetzen. Dazu erklĂ€rte LAU-PrĂ€sidentin Hagel: „Die EU-Kommission hat sich bei der Überarbeitung der LuftqualitĂ€tsrichtlinie an den WHO-Richtwerten orientiert und Ende Oktober VorschlĂ€ge fĂŒr strengere Schadstoffgrenzwerte in der Luft vorgelegt. WĂŒrden diese neuen Grenzwerte fĂŒr Feinstaub und Stickstoffdioxid bereits heute gelten, hĂ€tten wir im Immissionsschutzbericht Überschreitungen in Magdeburg, Halle, Wittenberg und Halberstadt dokumentieren mĂŒssen.“ Es wird allerdings noch eine Weile dauern, bis die neuen EU-Vorgaben in Kraft treten. Die VorschlĂ€ge der EU-Kommission werden zunĂ€chst vom EuropĂ€ischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beraten.

LuftĂŒberwachung seit 1991

Das Landesamt fĂŒr Umweltschutz untersucht seit 1991 die LuftqualitĂ€t in Sachsen-Anhalt. Die Basis hierfĂŒr bildet das LuftĂŒberwachungs- und Informationssystem (LÜSA). Das Luftmessnetz umfasst derzeit 25 Mess-Stationen sowie die Messnetzzentrale in Magdeburg. Gemessen wird rund um die Uhr an reprĂ€sentativen Punkten, beispielsweise an hoch belasteten Verkehrsschwerpunkten, im stĂ€dtischen Wohnbereich und auch im lĂ€ndlichen Raum. Zu den kritischen Luftschadstoffen zĂ€hlen Feinstaub (Partikel PM10), Stickstoffdioxid und Ozon. Feinstaub kann je nach PartikelgrĂ¶ĂŸe Atemwegserkrankungen auslösen. Stickstoffdioxid ist ein Ă€tzendes Reizgas, das Schleimhautgewebe im Atemtrakt schĂ€digen und Augen reizen kann. Ozon ist ein farbloses und giftiges Gas, das zu Atemwegsbeschwerden, verminderter Lungenfunktion und entzĂŒndlichen Reaktionen in den Atemwegen fĂŒhren kann und darĂŒber hinaus im Verdacht steht, beim Menschen Krebs auszulösen.

Immissionsschutzbericht zum Download

Der Immissionsschutzbericht 2022 kann auf der Internetseite des Landesamtes fĂŒr Umweltschutz heruntergeladen werden. Weitere Informationen zum Themenkomplex Luftreinhaltung gibt es auf den Internetseiten des Umweltministeriums (FAQ) sowie auf den Seiten des Landesamtes fĂŒr Umweltschutz.

Foto: Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann und LAU-PrÀsidentin Dr. Sandra Hagel. (c) MWU