Gemeinsam die großen Herausforderungen Europas angehen

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Die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich sei ein „Geschenk der Vergebung und Versöhnung – gerade fĂŒr uns Deutsche“. Das sagte Bundeskanzler Friedrich Merz am Mittwoch auf seiner ersten Auslandsreise, die ihn zum Antrittsbesuch nach Paris fĂŒhrte.

Es sei „gute Tradition“ und „Ausdruck der tiefen Verbundenheit”, dass die erste Auslandsreise des deutschen Bundeskanzlers nach Frankreich fĂŒhre, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen PrĂ€sidenten Emmanuel Macron in Paris. Er kĂŒndigte außerdem einen deutsch-französischen Neustart fĂŒr Europa an, um die Zusammenarbeit auf vielen Politikfeldern weiter zu intensivieren.

Die enge Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich erscheine heute fast selbstverstĂ€ndlich, sei sie aber nicht. Sie sei vielmehr „ein Geschenk der Vergebung und Versöhnung – gerade fĂŒr uns Deutsche“. Sie sei zudem das „Ergebnis großer politischer Weitsicht” derer, die vor mehr als 70 Jahren in Verantwortung als französischer PrĂ€sident und deutscher Bundeskanzler gestanden haben. Merz erwĂ€hnte in diesem Zusammenhang den bevorstehenden 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai.

Der Bundeskanzler sprach unter anderem ĂŒber:

  • Neustart fĂŒr Europa: Europa mĂŒsse sicherer, wettbewerbsfĂ€higer und geeinter werden. Dies könne erreicht werden, wenn Frankreich und Deutschland zusammenstehen, „Kompromisse finden und den Fortschritt vorantreiben, gemeinsam mit unseren europĂ€ischen Freunden und Nachbarn”, so Merz. 
  • Sicherheit und Verteidigung stĂ€rken: Deutschland und Frankreich wollen „die Sicherheits- und VerteidigungsfĂ€higkeit Europas weiter ausbauen und den europĂ€ischen Pfeiler innerhalb der NATO stĂ€rken”, so der Kanzler. Dazu gehöre auch, die bilateralen RĂŒstungskooperationen zu vertiefen und zu beschleunigen sowie auch die Zusammenarbeit mit den europĂ€ischen Partnern.
  • Klares Bekenntnis zur Ukraine: „Die Ukraine kann sich in ihrem Kampf gegen die russische Aggression weiterhin auf Deutschland und Frankreich verlassen”, betonte Kanzler Merz. Gemeinsam mit den europĂ€ischen Partnern wolle man der Ukraine „belastbare Sicherheitsgarantien geben” und auch mit den USA fĂŒr einen „tragfĂ€higen Frieden” zusammenarbeiten.

Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressekonferenz:

PrĂ€sident Emmanuel Macron:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Minister, Botschafter, meine Damen und Herren! Lieber Friedrich, es ist mir eine echte Freude, dich hier in Paris begrĂŒĂŸen zu dĂŒrfen. Wir können hier den neuen Bundeskanzler Deutschlands begrĂŒĂŸen, um eine neue Seite dessen aufzuschlagen, was seit Jahrzehnten im Mittelpunkt unseres großen deutsch-französischen Projekts steht. Es ist ein wichtiger Moment fĂŒr unser Land. Ich gratuliere noch einmal zur gestrigen Wahl und begrĂŒĂŸe Sie herzlich zur ersten Reise nach Frankreich!

62 Jahre nach dem Ă‰lysĂ©e-Vertrag und am sechsten Jahrestag nach dem Vertrag von Aachen feiern wir unseren neuen Schwung in dieser Partnerschaft. Es ist mehr als eine Kooperation oder eine Zusammenarbeit. Es soll ein deutsch-französischer Reflex werden. Wir haben heute gemeinsam eine Veröffentlichung verfasst. Wir werden in den nĂ€chsten Wochen und Monaten unsere Beziehung systematisch koordinieren. Wir möchten gemeinsam auf die Herausforderungen antworten, denen Europa bevorsteht. Wir werden in den folgenden Bereichen agieren: SouverĂ€nitĂ€t, Sicherheit und WettbewerbsfĂ€higkeit. 

Unsere erste Verantwortlichkeit, die Sicherheit Europas, erfordert unsere entschlossene UnterstĂŒtzung der Ukraine gegenĂŒber Russland. Gemeinsam mit Deutschland werden wir weiterhin mit unseren Partnern, den Amerikanern und allen willigen Nationen zusammenarbeiten, um einen Waffenstillstand und die Voraussetzungen fĂŒr einen gerechten und dauerhaften Frieden basierend auf Sicherheitsgarantien zu erreichen. Gemeinsam werden wir auch weiterhin alle Konsequenzen aus der systemischen Bedrohung ziehen, die Russland fĂŒr unsere europĂ€ische Sicherheit darstellt. Dazu mĂŒssen wir weiterhin in unsere Verteidigung investieren. Dies tun wir in Frankreich seit 2017, indem wir unseren Verteidigungshaushalt verdoppelt haben. 

Ich begrĂŒĂŸe die historische Entscheidung einer massiven Investition in die Verteidigung, die Deutschland vor einigen Wochen auf Initiative des Bundeskanzlers Merz getroffen hat. Diesen strategischen Weckruf fĂŒr die europĂ€ische Verteidigung haben wir seit dem EuropĂ€ischen Rat im MĂ€rz beschleunigt. Gemeinsam wollen wir den von der EuropĂ€ischen Kommission vorgeschlagenen Plan umsetzen und vertiefen, um öffentliche und private Finanzmittel fĂŒr den vorrangigen Bedarf an KapazitĂ€ten zu mobilisieren, der von allen EuropĂ€ern festgestellt wurde, und massiv in unsere industrielle und technologische Basis fĂŒr europĂ€ische Verteidigung zu investieren. Dies setzt klare europĂ€ische PrĂ€ferenzen. Wir werden Panzer, Kampfflugzeuge, Langstreckenraketen brauchen. 

Wir werden den deutsch-französischen Verteidigungssicherheitsrat einrichten, der regelmĂ€ĂŸig zusammentreten wird, um operative Antworten auf unsere gemeinsamen strategischen Herausforderungen zu geben. 

Wir werden unsere jeweiligen Arbeiten koordinieren, Analysen austauschen und die nationalen strategischen ÜberprĂŒfungen aktualisieren, und wir werden im Verteidigungsbereich ein deutsch-französisches Programm fĂŒr Innovationen auflegen, um bahnbrechende Innovationen zu ermöglichen, die fĂŒr den Krieg von morgen notwendig sind.

FĂŒr ein souverĂ€nes Europa brauchen wir auch ein wohlhabenderes und wettbewerbsfĂ€higeres Europa. Wir werden gemeinsam auf die Herausforderungen des internationalen Wettbewerbs reagieren. Auch das wollen wir gemeinsam tun. Das gilt fĂŒr die US-Zölle. Hier wird es eine geeinte europĂ€ische Antwort geben fĂŒr ein ausgewogenes Ergebnis, das unsere Interessen respektiert. Dies rechtfertigt es noch mehr, dass wir in Europa bei unserer eigenen Agenda fĂŒr WettbewerbsfĂ€higkeit voranschreiten. Wir werden also die Vereinfachung in vielen Bereichen beschleunigen â€“ bei dem CSRD und CS3D.

Wir werden auch bei der Industrie durch eine nachhaltige Energiepolitik fĂŒr mehr WettbewerbsfĂ€higkeit sorgen. Wir wollen kohlenstoffarme Energien, aber auch erschwinglichere Energien. Bei der Energieversorgung werden wir dafĂŒr sorgen, dass auf europĂ€ischer Ebene die kohlenstoffarmen Energien nicht mehr diskriminiert werden, wie zum Beispiel Kernenergie und Erneuerbare. Wir brauchen Investitionen in unsere Netze und grenzĂŒberschreitende Infrastrukturen. Jedes neue Klimaziel wird glaubwĂŒrdig finanziert, um unsere WettbewerbsfĂ€higkeit zu sichern, um die Verlagerung von  CO2-Emissionen zu verhindern.

Wir werden eine europĂ€ische Investitionsagenda unterstĂŒtzen, um WettbewerbsfĂ€higkeit zu sichern, insbesondere bei Zukunftstechnologien wie KI, Quantentechnologie, saubere Technologie, Biotechnologie, Raumfahrt, Halbleiter und Verteidigung. Gemeinsam mit Deutschland werden wir FahrplĂ€ne fĂŒr eine gemeinsame Forschungs- und Investitionsstrategie in den einzelnen Sektoren aufstellen. Insbesondere werden wir, wie gesagt, auch fĂŒr die Vereinfachung der Regularien sorgen.

Wir werden konkrete Arbeitsgruppen einrichten, um in diesen Bereichen voranzukommen. Wir werden auf beiden Seiten des Rheins fĂŒr mehr WettbewerbsfĂ€higkeit und mehr Kooperation sorgen, aber wir werden auch fĂŒr die Vereinfachung der europĂ€ischen Agenda sorgen.

Wir wollen in Europa eine Spar- und Investitionsunion vorantreiben, um private Investitionen zu mobilisieren und dafĂŒr zu sorgen, dass die umfangreichen europĂ€ischen Ersparnisse besser fĂŒr unsere strategischen Ziele eingesetzt werden. Wir wissen, dass wir investieren mĂŒssen. Wir mĂŒssen die Regularien fĂŒr die Unternehmen vereinfachen. Das ist auch eine Lehre aus dem Bericht von Mario Draghi, und das ist eine PrioritĂ€t, die wir mit Bundeskanzler Merz teilen. Das setzt voraus, dass wir die Software unserer Handelspolitik ĂŒberarbeiten, dass wir unsere Partnerschaften und AbsatzmĂ€rkte diversifizieren, die Wertschöpfungsketten entzerren und fĂŒr unsere Versorgung die strategischen und sensiblen Sektoren schĂŒtzen. 

Mit dem Bundeskanzler teile ich eine starke Überzeugung. Unsere Ambition fĂŒr Europa ist nur möglich, wenn Deutschland und Frankreich ihre jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Reformen koordinieren, damit unsere Modelle konvergieren. In den Bereichen Investition, Verteidigung, Energie und Raumfahrt â€“ das habe ich schon gesagt â€“ werden wir Hand in Hand arbeiten. 

Wir haben ein gemeinsames Ziel und eine ganz genaue Steuerung. Es kann natĂŒrlich Meinungsverschiedenheiten geben. Wir haben unterschiedliche Interessen, das ist ganz klar. Wir stehen ja auch im Wettbewerb, aber wir werden uns koordinieren. Wir werden also unsere ArbeitsmĂ€rkte und unser Steuerwesen synchronisieren und koordinieren, um uns gegenseitig zu stĂ€rken. Auch in diesem Bereich wollen wir den deutsch-französischen Reflex, zum Beispiel zwischen unseren Sozialpartnern, wiederbeleben. Wir wollen auch den Dialog zwischen den deutschen und französischen Gewerkschaften, den ArbeitgeberverbĂ€nden sowie den Wirtschaftswissenschaftlern fĂŒhren.

Zum Punkt Migration haben wir auf europĂ€ischer Ebene den Pakt zu Asyl und Migration verabschiedet. Das ist ein wirksamer Rahmen, der unverzĂŒglich umgesetzt werden muss. Gemeinsam mit Deutschland wollen wir den Pakt harmonisiert umsetzen und ihn dann mit einem europĂ€ischen Rahmen fĂŒr die RĂŒckkehr ergĂ€nzen.

Uns ist auch das reibungslose Funktionieren des Schengenraums wichtig. Wir werden koordiniert vorangehen, um die strategische Steuerung zu gewĂ€hrleisten. Wir wollen also die Grenzen schĂŒtzen. Das ist ein ganz wichtiges Ziel fĂŒr uns beide. â€“ So, meine Damen und Herren, das wollte ich Ihnen heute sagen. 

Herr Bundeskanzler, lieber Friedrich, ich freue mich ĂŒber die Ambition, die wir beschlossen haben, gemeinsam zu tragen, und ĂŒber unseren gemeinsamen Reflex fĂŒr den deutsch-französischen Motor und fĂŒr Europa. Sie erweisen uns die Ehre, Ihre Amtszeit hier in Paris zu beginnen. 

Und wir werden die Ehre haben, Sie erneut zu konkreten Arbeiten zu begrĂŒĂŸen, die wir schon morgen starten. Wir werden den ersten deutsch-französischen Ministerrat einberufen und werden diesen Fahrplan, den wir heute angekĂŒndigt und verabschiedet haben, gemeinsam mit unseren Teams und unseren Ministern ganz konkret umsetzen. 

Vielen Dank, dass Sie hier sind. Vielen Dank fĂŒr alles, was wir bereits beschlossen haben. Und vielen Dank auch fĂŒr all die kĂŒnftigen Arbeiten, die von historischer Bedeutung sein werden und die wir gemeinsam leisten werden. Vielen Dank.

Bundeskanzler Friedrich Merz:

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich zunĂ€chst sehr herzlich beim französischen StaatsprĂ€sidenten fĂŒr seine sehr freundliche Einladung, heute nach meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu meiner ersten Reise nach Paris zu kommen. Das ist eine gute Tradition, aber es ist auch Ausdruck der tiefen Verbundenheit zwischen unseren beiden LĂ€ndern. Es ist zudem ein Ausdruck der tiefen persönlichen Verbundenheit, die EmmanuelMacron und ich in den letzten Jahren mit vielfĂ€ltigen Begegnungen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland entwickelt haben.

Diese enge Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich mag uns heute sehr selbstverstĂ€ndlich erscheinen, aber sie ist es nicht und sie war es vor allem nicht. Deswegen bin ich dankbar, dass ich auch in diesen Tagen nach Paris kommen kann. Denn die deutsch-französische Freundschaft ist ein Geschenk, ein Geschenk der Vergebung und der Versöhnung, gerade fĂŒr uns Deutsche, und sie ist das Ergebnis großer politischer Weitsicht derer, die vor ĂŒber 70 Jahren als PrĂ€sident der Französischen Republik und als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland in dieser Verantwortung gestanden haben. 

Wir werden morgen an den 80. Jahrestag des Kriegsendes denken. Gerade dieser Jahrestag, der 8. Mai 2025, ist eine gute Gelegenheit, um den Blick zurĂŒckzunehmen, aber vor allen Dingen auch nach vorn zu schauen. Diese 80 Jahre zeigen, wie eng die Verbindungen zwischen unseren beiden LĂ€ndern geworden sind. Ich persönlich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass sie in den nĂ€chsten Jahren noch enger werden und wir uns als Partner und VerbĂŒndete im Herzen Europas gerade dieser Verpflichtung stellen. Es ist mir persönlich deshalb eine große Ehre und eine Verpflichtung, dass ich heute hier in Paris sein darf. Vielen Dank noch einmal dir und auch deiner Regierung fĂŒr diese Einladung und diese enge Freundschaft. 

Meine Damen und Herren, Europa steht heute erneut vor enormen Herausforderungen. Es muss vor allem sicherer werden. Emmanuel Macron hat es in seiner Rede eben gesagt: Europa muss vor allem wettbewerbsfĂ€higer werden, und dafĂŒr muss Europa geeinter werden. Wir werden diesen Herausforderungen nur gerecht werden können, wenn Frankreich und Deutschland noch enger als in der Vergangenheit zusammenstehen, aber auch Kompromisse finden und den Fortschritt gemeinsam voranbringen, gemeinsam mit unseren europĂ€ischen Freunden und Nachbarn. 

Deshalb haben EmmanuelMacron und ich einen deutsch-französischen Neustart fĂŒr Europa vereinbart. Wir werden der deutsch-französischen Freundschaft neuen Schwung verleihen, und wir werden unsere Zusammenarbeit auf allen Ebenen weiter vertiefen. Wir werden auch neue Formate entwickeln und weiterentwickeln, wie den E3-Prozess und das Weimarer Dreieck. Wir werden auch hier sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Dies gilt ganz besonders fĂŒr den Bereich der Sicherheit und der Verteidigung. Wir werden gemeinsam Maßnahmen treffen, um die Sicherheits- und VerteidigungsfĂ€higkeit Europas weiter auszubauen und den europĂ€ischen Pfeiler innerhalb der NATO weiter zu stĂ€rken. Das umfasst auch bilaterale RĂŒstungskooperationen, die wir vertiefen und beschleunigen werden als auch die Zusammenarbeit mit unseren europĂ€ischen Partnern. Wir werden hierfĂŒr in allen Mitgliedsstaaten die Verteidigungsausgaben weiter steigern mĂŒssen. Nur so können wir unsere militĂ€rischen FĂ€higkeitslĂŒcken StĂŒck fĂŒr StĂŒck schließen und die Ukraine weiter umfassend unterstĂŒtzen. 

Gemeinsam unterstĂŒtzen der StaatsprĂ€sident und ich deshalb auch ganz ausdrĂŒcklich die EuropĂ€ische Kommission bei ihrem Vorhaben zur StĂ€rkung der europĂ€ischen VerteidigungsfĂ€higkeiten. Jetzt gilt es, diese guten VorschlĂ€ge schnell und gut in die Tat umzusetzen. 

StaatsprĂ€sident EmmanuelMacron und ich haben zudem vereinbart, den deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat weiter zu stĂ€rken. Wir wollen darin kĂŒnftig unsere UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine noch besser koordinieren, unsere nationalen Verteidigungsplanungen und Beschaffungsvorhaben noch enger aufeinander abstimmen und auch auf strategische Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik neue Antworten geben. 

Klar ist auch: Die Ukraine kann sich in ihrem Kampf gegen die russische Aggression weiterhin auf Deutschland und Frankreich verlassen. Lassen Sie mich ganz klar sagen, meine Damen und Herren: Auch PrĂ€sident Trump hat unsere volle UnterstĂŒtzung, wenn es darum geht, ein Ende des Krieges herbeizufĂŒhren und das Töten in der Ukraine zu beenden. Wir werden hierfĂŒr eng mit den USA, der Ukraine und unseren europĂ€ischen Partnern fĂŒr einen gerechten, dauerhaften und tragfĂ€higen Frieden zusammenarbeiten. Sobald ein Waffenstillstand vereinbart ist, sind wir bereit, uns an dessen Überwachung zu beteiligen unter der FĂŒhrung und Beteiligung der USA. Zudem werden wir der Ukraine zusammen mit unseren Partnern belastbare Sicherheitsgarantien geben, und wir werden zusammen mit unseren Partnern dafĂŒr sorgen, dass sich die Ukraine heute und kĂŒnftig gegen jede weitere Aggression weiter verteidigen kann. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der französische PrĂ€sident und ich haben natĂŒrlich auch ĂŒber die Spannungen zwischen Indien und Pakistan gesprochen. Auslöser war ein hinterhĂ€ltiger Terroranschlag auf unschuldige Touristen. Die bisherige Bundesregierung hatte diesen Terroranschlag auf das SchĂ€rfste verurteilt. Dies sieht auch meine Regierung unverĂ€ndert so. Der französische PrĂ€sident und ich sind uns einig: Wir sehen die Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden AtommĂ€chten in der vergangenen Nacht mit allergrĂ¶ĂŸter Sorge. â€“ Nun ist es mehr denn je erforderlich, kĂŒhlen Kopf zu bewahren. Besonnenheit und Vernunft sind gefragt. An einer weiteren Eskalation sollte auch in der Region niemand ein Interesse haben. Wir stehen mit den Partnern in Europa und in der Region und auch mit den Konfliktparteien weiterhin in Kontakt und versuchen, unseren Einfluss auszuĂŒben.

Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf den 8. Mai zurĂŒck. Es ist nicht nur der Vorabend des 8. Mai. Wir feiern am Freitag auch den 75. Jahrestag des Schuman-Plans, den Robert Schuman keine 900 Meter von hier entfernt am 9. Mai 1950 vorgestellt hat. Seine Idee, die französische und die deutsche Kohle- und Stahlproduktion zu vergemeinschaften, war nicht ein wirtschaftspolitisches Projekt, sondern sie war ein zutiefst politisches Projekt. Sie hat den Grundstein fĂŒr die deutsch-französische Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt, und sie war zugleich die erste Gemeinschaft, die in der EuropĂ€ischen Union aufgegangen ist. Daraus erwĂ€chst fĂŒr unsere beiden LĂ€nder eine besondere Verantwortung fĂŒr Europa.

Eine der drĂ€ngenden Fragen, an die der französische StaatsprĂ€sident erinnert hat und an die auch ich erinnern will, ist: Wie stehen wir in der EuropĂ€ischen Union fĂŒr unsere gemeinsame Zukunft am besten zusammen? â€“ Wir haben deshalb heute darĂŒber gesprochen, wie wichtig es ist, dass eine grĂ¶ĂŸere EuropĂ€ische Union auch in Zukunft handlungsfĂ€hig bleibt. Darum brauchen wir parallel zum Prozess der Erweiterung auch einen internen Reformprozess, zu dem Frankreich und Deutschland beitragen wollen. Zu diesen wichtigen Fragen werden wir insbesondere auch die Abstimmung mit unseren politischen Freunden in der EuropĂ€ischen Union und ganz besonders mit unseren polnischen Nachbarn suchen. Sie wissen, dass ich heute in unmittelbarem Anschluss an meinen Besuch hier in Paris nach Warschau weiterreisen werde.

Auch wirtschaftspolitisch sind wir entschlossen. Wir wollen gemeinsam neue Impulse setzen. PrĂ€sident Macron hat einige Branchen angesprochen. Ich teile ausdrĂŒcklich auch seine deutlichen Hinweise auf die Industrien, die wir gemeinsam stĂ€rken wollen. Dabei geht es vor allem darum, die WettbewerbsfĂ€higkeit und den Industriestandort weiter zu stĂ€rken. Entscheidend sind fĂŒr uns vor allem weitere Vereinfachungen, ein RĂŒckbau der BĂŒrokratie in der EuropĂ€ischen Union und auch in unseren beiden LĂ€ndern. Wir mĂŒssen insgesamt innovativer und produktiver werden. Eine StĂ€rkung der WettbewerbsfĂ€higkeit erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der auch die Vertiefung der europĂ€ischen KapitalmĂ€rkte umfasst. Ich habe darĂŒber mit PrĂ€sident Macron bereits einige Male gesprochen und will das auch heute hier noch einmal wiederholen. Wir haben ein hohes Interesse daran, die KapitalmĂ€rkte in Europa, zwischen Deutschland und Frankreich, zu integrieren. Wir brauchen vor allem privates Kapital, das wir mobilisieren mĂŒssen, um die notwendigen Investitionen zu ermöglichen.

Deutschland und Frankreich können entscheidende gemeinsame Impulse zur StĂ€rkung der WettbewerbsfĂ€higkeit geben. FĂŒr unsere WettbewerbsfĂ€higkeit ist ein starker und ein offener Binnenmarkt unerlĂ€sslich. Ich bin dankbar fĂŒr die Hinweise auch auf den europĂ€ischen Binnenmarkt, auch auf die beiden Berichte zur StĂ€rkung der WettbewerbsfĂ€higkeit und zur weiteren Entwicklung des europĂ€ischen Binnenmarktes, die der EuropĂ€ischen Kommission vorliegen. Wir beide wollen das gemeinsam nach KrĂ€ften unterstĂŒtzen. Zu einem solchen Binnenmarkt gehört auch eine ambitionierte europĂ€ische Handelspolitik. Offener und regelgebundener Handel bleiben fĂŒr uns elementar. Daher setzen sich Deutschland und Frankreich weiterhin entschieden fĂŒr neue Handelsabkommen und fĂŒr die weitere Entwicklung der europĂ€ischen Handelspolitik ein.

Meine Damen und Herren, das ist die Agenda fĂŒr uns. Ich will ausdrĂŒcklich sagen, dass wir auch AuftrĂ€ge an unsere beiden Regierungen mitnehmen, AuftrĂ€ge auch zwischen den einzelnen Fachministern, entsprechende Arbeiten aufzunehmen, die Arbeit in allen Bereichen der Wirtschaftspolitik, der Sicherheitspolitik, der Verteidigungspolitik, der Finanzpolitik zu verstĂ€rken.

Die meisten von Ihnen wissen, dass meine PrĂ€gung auch aus dem EuropĂ€ischen Parlament mich seit ĂŒber 30 Jahren eng mit Frankreich verbindet. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit StaatsprĂ€sident Emmanuel Macron, auch mit beiden Regierungen. Wir werden verschiedenste Formate suchen und auch AuftrĂ€ge erteilen, damit bis in die Zivilgesellschaft hinein die ArbeitgeberverbĂ€nde, die Gewerkschaften, viele weitere Institutionen jetzt auch gemeinsam an diese Arbeit gehen, in unserem Auftrag, mit unserer Bitte versehen, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich noch einmal zu intensivieren. Ich denke, jetzt ist die richtige Zeit, dies zu tun. Ich freue mich jedenfalls sehr darauf, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben, was ungewöhnlich war, schon vor Ihrer Ernennung begonnen, sich abzusprechen und zu besprechen. Können Sie uns verraten, auf welchen Feldern, auf denen der deutsch-französische Reflex, den PrĂ€sident Macron eben erwĂ€hnt hat, noch nicht so richtig funktionierte, Sie vorangekommen sind? Wie steht es etwa um die Bereitschaft, das Handelsabkommen mit den MERCOSUR-Staaten möglichst schnell durchzubringen, und wie steht es um die Bereitschaft eine langfristig gemeinsame Antwort auf Trumps erratische Zollpolitik zu finden?

Eine letzte Frage: Steht der StabilitĂ€tspakt in der derzeitigen Form noch? Ursula von der Leyen hat Ausnahmeregelungen fĂŒr Verteidigungsausgaben geltend gemacht. Steht Deutschland jetzt fĂŒr eine lockerere Handhabung, was die Verteidigungsausgaben angeht?

Bundeskanzler Merz: Wir haben natĂŒrlich ĂŒber diese Themen gesprochen. Wir sind uns einig, dass wir in der Handelspolitik in Europa vorankommen wollen. Sie alle wissen, dass die Handelspolitik nicht mehr in der ZustĂ€ndigkeit der Mitgliedsstaaten liegt, sondern dass sie wie die WĂ€hrungspolitik in ausschließlich europĂ€ischer ZustĂ€ndigkeit liegt. Sie kennen meine persönliche Meinung, dass das MERCOSUR-Abkommen so schnell wie möglich verabschiedet und in Kraft gesetzt werden sollte. Wir suchen aber auch nach weiteren Handelspartnern. Wir unterstĂŒtzen die Kommission auf dem Weg, weitere Handelspartner in der Welt zu suchen. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, weitere Handelsabkommen vorzubereiten und zu verabschieden. DarĂŒber sind wir uns im Prinzip einig. Ich weiß, dass es aus Frankreich im Hinblick auf die Abkommen immer noch einige Themen gibt, die Frankreich gern beantwortet sehen möchte. Aber ich denke, dies sind Einzelthemen, die nicht das Ganze infrage stellen, sondern bei denen wir einen gemeinsamen Weg finden können, um in der Handelspolitik in Europa voranzukommen.

Der Fiskalpakt gilt. Die Kommission hat vorgeschlagen, fĂŒr die Verteidigungspolitik gewisse Ausnahmen zuzulassen. Frau Wiegel, das sind genau die Instrumente, die wir auch in Deutschland mit der Änderung des Grundgesetzes ermöglicht haben, dass nĂ€mlich die Verteidigungsausgaben jenseits von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Einen Ă€hnlichen Mechanismus soll es auch fĂŒr die europĂ€ischen Fiskalregeln geben. Dies wird Deutschland unterstĂŒtzen.

Wir werden aber auch dabei bleiben, dass es richtig ist, dass diese Fiskalregeln jenseits der Verteidigungsausgaben in der EuropĂ€ischen Union gelten. Sie schaffen auch finanzpolitische StabilitĂ€t. Sie geben auch ein klares Signal in die KapitalmĂ€rkte, dass die EuropĂ€ische Union weiterhin darum bemĂŒht sein muss, Fiskalregeln einzuhalten, damit auch die SchuldentragfĂ€higkeit unserer Mitgliedsstaaten nicht ĂŒberfordert wird.

PrĂ€sident MacronDiese beiden Themen sind wirtschaftliche Themen, die auf europĂ€ischer Ebene geregelt werden mĂŒssten. Die Dogmen von gestern sind in einer sich stĂ€ndig verĂ€ndernden Welt nicht unbedingt mehr gĂŒltig. NatĂŒrlich brauchen wir eine kommerzielle Diversifizierung in Europa. Das ist nötig, und das mĂŒssen wir tun, um unsere Interessen zu vertreten und zu verteidigen. Wir brauchen eine wettbewerbsfĂ€hige Wirtschaft, und wir mĂŒssen ihre WettbewerbsfĂ€higkeit noch stĂ€rken.

Bei den Abkommen, die derzeit diskutiert und verhandelt werden wie zum Beispiel MERCOSUR, mĂŒssen wir fĂŒr KohĂ€renz sorgen. Wir sind fĂŒr wirtschaftliche Abkommen und fĂŒr Handelsabkommen, wenn die europĂ€ischen Produzenten dabei geschĂŒtzt werden und wenn fĂŒr Ausgewogenheit und Gleichbehandlung gesorgt wird. Deshalb haben wir unseren Standpunkt vertreten, wenn es etwa um CETA geht. Wir brauchen gewisse Klauseln, und wir mĂŒssen dafĂŒr sorgen, dass die Bedingungen, die wir unseren eigenen Produzenten vorgeben, auch in den DrittlĂ€ndern eingehalten werden. Das ist auch logisch. Wenn wir jeden Tag die Anforderungen bei uns erhöhen und gleichzeitig die Handelsgrenzen fĂŒr Produzenten öffnen, die sie nicht einhalten, dann werden wir bald keine heimischen Produzenten mehr haben. Das wollen wir nicht. Deshalb brauchen wir diese Synchronisierung.

Wir wollen unsere eigenen Regularien, unsere Agenda vereinfachen. Ich bin davon ĂŒberzeugt, dass wir fĂŒr die großen Handelsabkommen Lösungen finden werden, mit denen es uns gelingen wird, unsere eigenen Vorgaben, unsere Arbeitsbedingungen fĂŒr unsere Produzenten zu erhalten und gewissen Schutzklauseln einzubauen, damit diese Produzenten gegen unausgewogene Abkommen geschĂŒtzt sind.

Wir mĂŒssen in diesem Kontext auch sehen, dass wir derzeit mit sehr viel Deregulierung konfrontiert sind, bei WĂ€hrungspolitik, Investitionspolitik, Wirtschaftspolitik usw. NatĂŒrlich hat das auch Auswirkungen auf den Staatshaushalt. Wir brauchen also zum Beispiel die G7. Sie ist ein Forum, in dem wir uns hauptsĂ€chlich mit diesen Problemen beschĂ€ftigen. Ich habe versucht, diese Themen auf den Tisch zu bringen.

Aber wie gesagt, mĂŒssen wir in Europa uns unbedingt anpassen. Wir haben einen Rahmen. Wir wissen, dass unsere öffentlichen Finanzen in Ordnung kommen mĂŒssen. Wir haben auch rechtliche ZwĂ€nge in diesem Bereich. Wir mĂŒssen auch glaubwĂŒrdig bleiben. Die WĂ€hrungspolitik stammt noch ein bisschen aus den 90er-Jahren. FĂŒr die Herausforderungen, vor denen wir jetzt stehen, mĂŒssen wir international eine neue Diskussionsgrundlage finden, die vernĂŒnftig ablĂ€uft und gut fĂŒr die europĂ€ische Wohlfahrt ist. Wir brauchen Zölle. Die Zollpolitik der USA bringt alles durcheinander, was wir aufgebaut haben.

Ich denke deshalb, dass wir mehr öffentliche europĂ€ische Investitionen brauchen. Das wird auch der Kern des nĂ€chsten mehrjĂ€hrigen Finanzrahmens sein. Wir mĂŒssen also mehr investieren. Wir haben einige Möglichkeiten fĂŒr Ausnahmen gefunden. Das hat Bundeskanzler Merz in Bezug auf die Verteidigung schon erwĂ€hnt. Wie gesagt, ist GlaubwĂŒrdigkeit ein ganz wichtiger Punkt. Wir wollen deshalb auch mehr privates Kapital mobilisieren. Wir wollen in puncto des Klimas, der Verteidigung und anderer Bereiche einen gemeinsamen Kapitalmarkt. Spargelder sind ein wichtiges Mittel, um öffentliche Investitionen zu finanzieren.

Frage: Vielen Dank, Herr Kanzler, vielen Dank, Herr PrĂ€sident. Sie haben gesagt, dass Sie gemeinsam und entschlossen die Ukraine unterstĂŒtzen wollten. Werden Sie in der nĂ€chsten Zeit einen gemeinsamen Besuch in Kyjiw planen?

Herr Kanzler, zu den Sicherheitsgarantien fĂŒr die Ukraine: Schließt Deutschland aus, im Rahmen eines Sicherungstrupps Soldaten in die Ukraine zu schicken, oder wie wĂŒrden Sie zu den Sicherheitsgarantien fĂŒr die Ukraine beitragen?

Bundeskanzler Merz: Ich plane in der Tat, innerhalb der nĂ€chsten Wochen einen Besuch in der Ukraine. Die Abstimmung darĂŒber, wie dieser Besuch ablaufen wird, findet gerade statt. Ich will allerdings auch sagen: Wir wollen gemeinsam aus der EuropĂ€ischen Union heraus jeden möglichen Beitrag leisten, damit es dort ĂŒber das kommende Wochenende hinaus einen dauerhaften Waffenstillstand gibt und damit es dann auch ein Friedensabkommen mit Russland geben kann. Bevor es nicht zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einem solchen Abkommen mit Russland gekommen ist, können wir ĂŒber den Umfang der Sicherheitsgarantien, die wir der Ukraine geben, keine Auskunft erteilen, weil wir die Bedingungen einfach noch nicht kennen. Aus meiner und aus unserer Sicht bleibt es wichtig, dass die Vereinigten Staaten von Amerika an diesem Prozess und auch an einer spĂ€teren Sicherheitsgarantie fĂŒr die Ukraine beteiligt bleiben. Über allem muss stehen, dass dieser Krieg beendet wird, und zwar dauerhaft und nicht, so wie jetzt in Aussicht gestellt, nur fĂŒr einige Tage ĂŒber das kommende Wochenende.

Deswegen wird es auch aus meiner Sicht ganz entscheidend sein, ob das Angebot, das die Vereinigten Staaten von Amerika machen und das auch die EuropĂ€ische Union macht, nĂ€mlich wirklich zu FriedensgesprĂ€chen, zu einer diplomatischen Lösung zu kommen, von der russischen Seite ĂŒber das kommende Wochenende hinaus angenommen wird. Die ukrainische Seite ist nach meinem Eindruck dazu bereit. Aber die Entscheidung darĂŒber, ob dieser Krieg beendet wird oder nicht, liegt in Moskau, und sie muss in Moskau getroffen werden. Ich verbinde es wirklich mit der Hoffnung, dass dann auch ĂŒber das Wochenende hinaus eine Chance besteht, zu einem Waffenstillstand und dann auch zu Friedensverhandlungen zu kommen, die dann zu einem entsprechenden Abkommen fĂŒhren könnten.

PrĂ€sident MacronWir werden uns hier mit dem Kanzler und seinem Team eng koordinieren. Wir teilen komplett die Vision. Die Frage ist jetzt: Will Russland ĂŒberhaupt einen Waffenstillstand von 30 Tagen und will Russland ĂŒberhaupt einen dauerhaften Frieden? Alle anderen Antworten kommen dann im Laufe der Zeit. Wir mĂŒssen aufpassen, dass wir nicht immer Informationen und Sichtbarkeit schaffen fĂŒr jemanden, der auf seiner Seite nicht fĂŒr Transparenz sorgt und keinen Frieden will. Die Frage ist: Wird der russische PrĂ€sident abgesehen von den drei Tagen, die da jetzt versprochen werden, endlich ein bisschen SeriositĂ€t zeigen, wird er endlich sein Wort halten und das einhalten, was er den amerikanischen Diplomaten versprochen hat? Die Frage ist also: Wird es einen Waffenstillstand geben, wird es einen dauerhaften Frieden geben? Wir werden uns, wie gesagt, eng abstimmen, damit es dazu kommt.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben die Verteidigungskooperation angesprochen. Der französische PrĂ€sident hat angeboten, die französischen Atomwaffen fĂŒr einen europĂ€ischen Nuklearschirm zur VerfĂŒgung zu stellen. Sind Sie bereit, darĂŒber in GesprĂ€che einzutreten? Haben Sie dazu vielleicht schon heute etwas Konkretes vereinbart?

Herr PrĂ€sident, welche deutsche Rolle wĂŒrden Sie bei einem solchen Projekt sehen, und wie schnell sollte man dabei voranschreiten?

Eine Nachfrage zur Ukraine: Der Bundeskanzler hat sich mehrfach dazu bereit erklĂ€rt, Marschflugkörper vom Typ Taurus in Abstimmung mit BĂŒndnispartnern, die solche Waffen auch haben, an die Ukraine zu liefern. Frankreich ist ein BĂŒndnispartner, der schon Ă€hnliche Marschflugkörper geliefert hat. WĂŒrden Sie sich wĂŒnschen, dass Deutschland da nachzieht?

Bundeskanzler Merz: Herr Fischer, die Frage, wie wir den atomaren Schutzschild ĂŒber Europa aufrechterhalten, ist eine Frage, die nicht losgelöst von der gegenwĂ€rtigen Verteidigungsstrategie im NATO-BĂŒndnis beantwortet werden kann. Der atomare Schutzschild ĂŒber Europa wird im Augenblick von den Vereinigten Staaten von Amerika mit der sogenannten atomaren Teilhabe auch unseres Landes gewĂ€hrleistet. Ich sehe die grundsĂ€tzliche Notwendigkeit, dass wir mit Frankreich und auch mit Großbritannien ĂŒber die Frage diskutieren, wie wir eine solche Antwort der Abschreckung auch in Zukunft gemeinsam geben können. Dies ist aber ausdrĂŒcklich gemeint als eine ErgĂ€nzung zu dem, was wir gegenwĂ€rtig mit den Vereinigten Staaten von Amerika im NATO-BĂŒndnis vereinbart haben.

Ich habe aus meiner Meinung nie ein Geheimnis gemacht, dass wir dem von PrĂ€sident Macron schon mehrfach vorgetragenen Wunsch einer Diskussion zwischen unseren beiden LĂ€ndern ĂŒber diese Frage entsprechen sollten. Das habe ich auch wiederholt und das haben wir auch in unserer letzten Begegnung hier in Paris miteinander besprochen. Es wird ein Format geben, in dem diese und andere verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen zwischen unseren beiden LĂ€ndern diskutiert werden: Das ist das Format 3-plus-3.

Die Regierungschefs, die Außenminister und die Verteidigungsminister unserer beiden LĂ€nder werden diese und andere Fragen unserer gemeinsamen VerteidigungsfĂ€higkeit in den nĂ€chsten Wochen und Monaten gemeinsam erörtern. PrĂ€sident Macron und ich werden unseren jeweiligen Ministern sozusagen auch den Auftrag geben, diese Diskussion zu fĂŒhren. Das ist aber zunĂ€chst einmal eine Diskussion, die wir gemeinsam fĂŒhren, weil wir wissen wollen, was wir gegenseitig auch in der VerstĂ€rkung unserer Verteidigungsanstrengungen miteinander machen können. Das ist ausdrĂŒcklich kein Substitut fĂŒr das, was gegenwĂ€rtig an atomarer Garantie durch die Vereinigten Staaten von Amerika fĂŒr Europa ausgesprochen wird.

PrĂ€sident MacronSeit einigen Jahren tun wir alles, um die europĂ€ische SĂ€ule der NATO zu stĂ€rken. Es geht nicht darum, unsere Verantwortlichkeit zu verringern, sondern wir wollen die NATO stĂ€rken. Genau das hat auch der Bundeskanzler gerade gesagt. Wir gehen davon aus, dass die EuropĂ€er sich besser organisieren wollen, aber das heißt nicht, dass wir unseren historischen Beitrag infrage stellen. Wir haben einfach diesen Weckruf bzw. diese mehreren Weckrufe â€“ Syrien, Afghanistan, das, was jetzt gerade passiert â€‘ gehört, und als EuropĂ€er wĂŒrden wir uns unrecht tun, wenn wir der Geschichte nicht Rechnung tragen. Wir mĂŒssen mit der neuen Einstellung der Amerikaner leben und wir mĂŒssen unsere Verantwortung ĂŒbernehmen. Es ist daher ganz normal, dass wir alle Themen diskutieren, inklusive der nuklearen Abschreckung. Wir mĂŒssen auf unsere Geschichte eingehen und unseren Besonderheiten Rechnung tragen. Frankreich ist nun einmal in dieser Hinsicht unabhĂ€ngig, und wenn man sich gegenseitig vertraut, ist es ganz normal, dass man diese Diskussionen angeht. Jetzt geht es darum, dass unsere Minister, unsere Teams und auch wir selbst â€‘ das wird sicher eine Weile dauern, aber wir werden das auf jeden Fall tun â€“ in dem Sinne arbeiten, dass wir sagen: Okay, die EuropĂ€er ĂŒbernehmen ihre Verantwortung in diesem historischen Rahmen, in dem wir eben leben.

Nun zu der Frage zu den Taurus-Marschflugkörpern. Ich werde versuchen, direkt und kohĂ€rent zu antworten: Ich möchte, dass unsere LĂ€nder koordiniert mit allen anderen Alliierten die Ukraine so lange unterstĂŒtzen, wie es nötig ist. Wir werden gegenĂŒber den Ukrainern transparent sein, wir werden ihren Bedarf decken, aber werden so wenig wie möglich darĂŒber sprechen; denn es ist auch gut fĂŒr den Schutz der Ukrainer, wenn wir hier nicht zu viel reden. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir in gewissen Bereichen keine eindeutigen Informationen geben. Wir werden nicht in jeder Pressekonferenz ĂŒber Waffenkategorien und Waffenmodelle sprechen; denn es könnte durchaus sein, dass auch die russische Armee die Antwort auf Ihre Fragen hört.

Frage: Herr Macron, Bundeskanzler Merz hat gesagt, dass ein nachhaltiger Waffenstillstand in der Ukraine unter der Schirmherrschaft der Amerikaner angestrebt werde. Das haben wir in Frankreich noch nicht gehört. Ist das eine rein französische Idee ist oder ist das eine gemeinsame Idee?

Es gibt ja einen israelischen Eroberungsplan, das heißt, Israel möchte so viel wie möglich vom Gazastreifen erobern. Meine Frage an den Herrn Bundeskanzler und an den PrĂ€sidenten: Wie werden die EuropĂ€er darauf reagieren? Die niederlĂ€ndische Regierung hat sich zum Beispiel die Frage gestellt, ob wir das Assoziierungsabkommen mit Israel aufkĂŒndigen sollten. Ist das etwas, was Sie auch ins Auge erfassen?

Bundeskanzler MerzUnsere feste Überzeugung ist, dass wir diesen Krieg in der Ukraine nicht ohne ein weiteres politisches und militĂ€risches Engagement der Vereinigten Staaten von Amerika beenden können. Das können die EuropĂ€er gegenwĂ€rtig nicht ersetzen. Auch die Absicherung eines Waffenstillstandsabkommens oder gar eines Friedensvertrages mit Sicherheitsgarantien fĂŒr die Ukraine sollte durch eine entsprechende Beteiligung der Vereinigten Staaten von Amerika gewĂ€hrleistet sein. Wir sind bereit, auf der europĂ€ischen Seite und auch auf der Seite Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens sowie vieler anderer LĂ€nder der EuropĂ€ischen Union unseren Beitrag zu leisten â€‘ das wollen wir. Wir wissen aber auch, dass wir die Amerikaner weiter brauchen. Deswegen wird das auch in meinen GesprĂ€chen mit der amerikanischen Regierung so klar zum Ausdruck kommen. Wir wollen, dass die Amerikaner an Bord bleiben, dass sie weiter in der NATO, aber auch gegenĂŒber der Ukraine weiter ihre Verantwortung wahrnehmen.

Die Entwicklung im Gazastreifen besorgt uns zutiefst. Ich habe das auch gestern in einer Fernsehsendung in Deutschland gesagt und wiederhole das hier gerne. Die israelische Regierung und die israelische Armee haben ein berechtigtes Interesse daran, den Terrorismus der Hamas zurĂŒckzudrĂ€ngen, aber sie haben auch eine humanitĂ€re Verpflichtung gegenĂŒber der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, und ich hoffe sehr, dass die israelische Regierung sich dieser Verpflichtung bewusst ist. Es gibt vielfĂ€ltigste Möglichkeiten, Hilfslieferungen in Anspruch zu nehmen, aber diese Hilfsmöglichkeiten mĂŒssen die Menschen im Gazastreifen auch erreichen, die Menschen mĂŒssen sie auch in Anspruch nehmen können. Es ist eine Mitverantwortung der israelischen Regierung, dies sicherzustellen.

Der neue Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Jo Wadephul, wird am Wochenende nach Israel reisen, und er wird dies auch in meinem Auftrag der israelischen Regierung genau so sagen: Wir stehen ohne Wenn und Aber an der Seite Israels, wir verstehen ohne Wenn und Aber die Notwendigkeit, sich gegen den Terrorismus der Hamas zu schĂŒtzen. Aber noch einmal: Es gibt auch eine humanitĂ€re Verpflichtung der israelischen Regierung gegenĂŒber der nicht betroffenen Zivilbevölkerung, gegenĂŒber den Kindern, den Älteren, den MĂ€nner und Frauen, die im Gazastreifen unter diesem Terror der Hamas genauso leiden wie auch das Land Israel in den letzten Jahren, insbesondere seit dem 7. Oktober des Jahres 2023. Israel muss diese Verantwortung also wahrnehmen â€‘ ich meine auch sagen zu dĂŒrfen: mehr wahrnehmen als in den vergangenen Tagen.

PrĂ€sident MacronWir unterstĂŒtzen die Beteiligung der USA. Wir brauchen beide die USA, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Wir haben auch mit unseren britischen Freunden zusammengearbeitet fĂŒr das Abkommen in Dschidda. Das war ja auch ein amerikanischer Vorschlag fĂŒr den Frieden in der Ukraine. Wir wollen die amerikanische Administration also am Tisch haben, und wir wollen einen robusten und dauerhaften Rahmen gestalten. Das ist sowohl fĂŒr die GlaubwĂŒrdigkeit als auch fĂŒr die Nachhaltigkeit dieses Waffenstillstands wichtig. Wie gesagt, die Dinge gehen in die richtige Richtung. Die Amerikaner mĂŒssen ihre Verantwortung tragen â€‘ einmal bei der Überwachung des Waffenstillstands und natĂŒrlich bei der Vorbereitung eines dauerhaften Friedens.

Nun zum Gazastreifen. Sie haben bereits daran erinnert: Wir hatten von Beginn an schon immer eine klare Position. Wir waren seit dem 7. Oktober immer schon auf der Seite von Israel und verurteilen die Hamas fĂŒr die Geiselnahmen. Israel ist aber auch eine Demokratie, hat dieselben Werte und Prinzipien wie wir, und es kann keinen doppelten Standard geben. Wenn wir sagen, dass wir bei der Ukraine zu helfen versuchen, damit sie ihr Staatsgebiet schĂŒtzen kann, dann mĂŒssen wir das auch bei Gaza tun. NatĂŒrlich, Hamas ist eine terroristische Gefahr, aber wir können die Situation in Gaza, so wie sie jetzt ist, nicht akzeptieren. Auch die Vertreibung von Bevölkerung ist nicht akzeptabel.

Deshalb agieren wir weiterhin gemeinsam mit dem Premierminister Netanjahu. Wir wollen, dass die humanitĂ€ren Lieferungen, die seit dem Beginn des MĂ€rz unterbrochen sind, wieder aufgenommen werden. Das hat es noch nie gegeben seit Oktober 2023, noch nie wurden die Bevölkerungen so lange daran gehindert, Zugang zu Nahrung, zu Wasser und zu medizinischer Versorgung zu bekommen. Die Lage im Gazastreifen ist inzwischen wirklich kritisch. Wir brauchen daher unbedingt diesen Zugang zu Hilfe, und dann stellt sich natĂŒrlich auch die Frage der Geiseln. Wir brauchen einfach wieder einen neuen politischen Weg. Das ist eben genau das, was wir gemeinsam mit Saudi-Arabien tun: Wir versuchen, eine gegenseitige Anerkennung und auch Sicherheitsgarantien zu erreichen, damit Israel in Ruhe und in Frieden in dieser Region leben kann, auf der anderen Seite die PalĂ€stinenser aber auch wissen, dass sie ihren eigenen Staat haben. Das ist also etwas, was wir unterstĂŒtzen und was wir weiterhin unterstĂŒtzen werden.

Vielen Dank, meine Damen und Herren. Ich danke noch einmal ganz herzlich dem Herrn Bundeskanzler, und ich danke auch Ihnen fĂŒr Ihr Kommen!

Foto: Gemeinsam wollen Deutschland und Frankreich einen Neustart Europas vorantreiben, so Bundeskanzler Friedrich Merz und PrÀsident Emmanuel Macron. (c) Bundesregierung/Steffen Kugler