ZDF-Politbarometer Oktober II 2025

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Stadtbild-Debatte: Mehrheit gibt Merz Recht / Rund drei Viertel: EU-Staaten tun nicht genug fĂŒr ihre Verteidigung

Letzte Woche hat Bundeskanzler Friedrich Merz von Problemen im deutschen Stadtbild gesprochen. Jetzt hat er seine Aussage konkretisiert und erlĂ€utert, dass es mit denjenigen Probleme gebe, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, nicht arbeiten und sich nicht an unsere Regeln halten. In einem Politbarometer-Extra zu diesem Thema meinen 63 Prozent der Befragten, darunter deutlich mehr Ältere als JĂŒngere, Merz habe mit dieser Aussage Recht, fĂŒr 29 Prozent hat er das nicht (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). 33 Prozent der Deutschen fĂŒhlen sich an öffentlichen Orten und PlĂ€tzen unsicher, 66 Prozent aber sicher. Zwischen MĂ€nnern und Frauen gibt es dabei so gut wie keine Unterschiede. Mit FlĂŒchtlingen in der eigenen Wohngegend gibt es nach Ansicht von lediglich 18 Prozent Probleme (geringe/keine Probleme: 74 Prozent).

Losverfahren bei der Bundeswehr

Die Bundesregierung will die Zahl der Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr zunĂ€chst durch Freiwilligkeit erhöhen. Falls dies nicht gelingt, gibt es von der Union den Vorschlag, durch ein Losverfahren zu entscheiden, wer zur Musterung und dann gegebenenfalls zur Bundeswehr muss. Diese Idee stĂ¶ĂŸt nicht nur beim Koalitionspartner SPD zum Teil auf deutliche Ablehnung, auch 84 Prozent der Befragten sowie Mehrheiten in allen ParteianhĂ€ngergruppen finden ein solches Losverfahren nicht richtig (richtig: 14 Prozent). Geht es aber ganz allgemein um die Wehrpflicht, befĂŒrworten 19 Prozent aller Befragten deren WiedereinfĂŒhrung fĂŒr MĂ€nner, 50 Prozent begrĂŒĂŸen eine Wehrpflicht fĂŒr MĂ€nner und Frauen und fĂŒr 29 Prozent, darunter mit 60 Prozent weit ĂŒberdurchschnittlich viele 18- bis 34-JĂ€hrige, sollte es weiterhin keine Wehrpflicht geben.

Finanzierung der Renten

Uneinig ist sich die Bundesregierung nicht nur bei der Wehrpflicht, sondern auch beim Thema Rente. Hinsichtlich der zukĂŒnftigen Finanzierung sprechen sich 20 Prozent der Deutschen fĂŒr höhere RentenbeitrĂ€ge der BerufstĂ€tigen aus, 16 Prozent sind fĂŒr ein spĂ€teres Renteneintrittsalter, 39 Prozent plĂ€dieren fĂŒr langsamer steigende Renten und 25 Prozent können oder wollen sich hier nicht Ă€ußern. Konsens gibt es in der Bevölkerung allerdings bei der Frage, wen in Zukunft die grĂ¶ĂŸeren Belastungen treffen werden, um die finanziellen Probleme bei der Rente zu lösen: 71 Prozent sagen „eher die JĂŒngeren“, insgesamt 18 Prozent sind der Ansicht, es seien „eher die Älteren“.

Zusammenarbeit von Union und AfD

Nach einer Klausurtagung Anfang der Woche hat Friedrich Merz als Parteivorsitzender noch einmal bekrĂ€ftigt, dass die CDU jegliche politische Zusammenarbeit mit der AfD ablehnt. Diese sogenannte Brandmauer unterstĂŒtzt eine Mehrheit von 62 Prozent der Befragten, darunter 72 Prozent der Unions-AnhĂ€nger. Nicht richtig finden das insgesamt 36 Prozent (Unions-AnhĂ€nger: 26 Prozent). Zudem rechnen 50 Prozent aller Befragten und knapp zwei Drittel der Unions-AnhĂ€nger (64 Prozent) damit, dass die CDU auf Bundesebene auch zukĂŒnftig nicht mit der AfD zusammenarbeiten wird, insgesamt 43 Prozent (Unions-AnhĂ€nger: 29 Prozent) bezweifeln das.

Projektion

Wenn am nĂ€chsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wĂ€re, lĂ€ge die CDU/CSU in der Projektion unverĂ€ndert bei 27 Prozent. Die AfD kĂ€me weiterhin auf 25 Prozent, die SPD auf 15 Prozent und die GrĂŒnen blieben bei 11 Prozent (alle unverĂ€ndert). Die Linke hĂ€tte leichte Einbußen und wĂŒrde 10 Prozent (minus 1) erreichen, alle anderen Parteien – inklusive BSW und FDP – bekĂ€men zusammen 12 Prozent (plus 1), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erhalten wĂŒrde. Mit diesem Ergebnis hĂ€tte Schwarz-Rot weiterhin keine parlamentarische Mehrheit.

Top Ten

Bei der Beurteilung von Politikerinnen und Politikern nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiterhin auf Rang eins. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,7 (hier und im Folgenden Vergleichswert von Anfang Oktober: 2,2) bewertet. Mit großem Abstand folgt wie zuletzt Johann Wadephul mit 0,6 (0,9), danach kommen BĂ€rbel Bas mit 0,1 (0,4) und Lars Klingbeil mit 0,0 (0,4). Auf Rang fĂŒnf steht Friedrich Merz mit minus 0,2 (minus 0,1), dahinter sind Alexander Dobrindt mit minus 0,4 (minus 0,4), Markus Söder mit minus 0,5 (minus 0,5), Robert Habeck mit minus 0,7 (minus 0,3) und Sahra Wagenknecht mit minus 2,0 (minus 1,8). Schlusslicht bleibt Alice Weidel mit minus 2,5 (minus 2,6).

Europas VerteidigungsfÀhigkeit

Seit den NATO-Luftraumverletzungen durch Russland wird wieder intensiv darĂŒber gesprochen, ob sich Europa auch ohne die USA militĂ€risch gegen Russland verteidigen kann. 73 Prozent der Deutschen und Mehrheiten in allen ParteianhĂ€ngerschaften sind der Meinung, dass die EU-Staaten zu wenig fĂŒr ihre Verteidigung tun, fĂŒr 19 Prozent ist der Status quo ausreichend.

Nahost-Konflikt: Frieden und Wiederaufbau Gazas

Trotz der vereinbarten Waffenruhe zwischen Israel und der palĂ€stinensischen Hamas glaubt ein Großteil der Deutschen (91 Prozent) nicht, dass es zwischen den beiden Konfliktparteien jetzt zu einem dauerhaften Frieden kommt. Lediglich 6 Prozent sind dahingehend optimistisch. Geht es um den Wiederaufbau des vom Krieg stark zerstörten Gazastreifens, befĂŒrworten 11 Prozent eine starke finanzielle Beteiligung Deutschlands, 51 Prozent sagen, Deutschland sollte sich etwas am Wiederaufbau Gazas beteiligen, und 36 Prozent lehnen hier jegliches Engagement ab.

Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgefĂŒhrt. Die 1.272 Interviews wurden in der Zeit vom 21. bis zum 23. Oktober 2025 erhoben. ZusĂ€tzlich wurde ein Politbarometer-Extra zum Thema „Stadtbild“ am 23. Oktober 2025 mit 1.038 Interviews realisiert. In beiden Umfragen wurden jeweils zufĂ€llig ausgewĂ€hlte Wahlberechtigte telefonisch und online befragt und dabei sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berĂŒcksichtigt. Die Befragungen sind reprĂ€sentativ fĂŒr die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich betrĂ€gt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU 31 Prozent, AfD 17 Prozent, SPD 17 Prozent, GrĂŒne 15 Prozent, Linke 11 Prozent. Das nĂ€chste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 7. November 2025.

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Foto (c) ZDF/Forschungsgruppe Wahlen