Nach der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg waren die vergangenen Tage geprĂ€gt von der Diskussion um eine VerschĂ€rfung der Asylpolitik. Dass die Union am Mittwoch einen Antrag fĂŒr schĂ€rfere MaĂnahmen in den Bundestag eingebracht hat, fĂŒr den sie in Kauf nahm, nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit zu erhalten, ist bei den Befragten umstritten. 47 Prozent finden das gut, darunter die meisten AnhĂ€nger von Union (66 Prozent), FDP (76 Prozent), AfD (93 Prozent) und BSW (60 Prozent). Insgesamt 48 Prozent lehnen das ab (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiĂ nicht“). Bei der EinschĂ€tzung zur Beschlusslage der CDU, eine politische Zusammenarbeit mit der AfD grundsĂ€tzlich abzulehnen, gibt es praktisch keine VerĂ€nderung im Vergleich zur Vorwoche. Weiterhin finden das zwei Drittel (66 Prozent; Januar II: 65 Prozent) aller Befragten richtig und 31 Prozent nicht richtig (Januar II: 32 Prozent). Auch eine Mehrheit der AnhĂ€nger der CDU/CSU (72 Prozent) steht hinter diesem Beschluss (nicht richtig: 26 Prozent).
Mehrheit fĂŒr ZurĂŒckweisung von Asylsuchenden an deutscher Grenze
Die im FĂŒnf-Punkte-Paket von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz enthaltene Forderung nach ausnahmsloser ZurĂŒckweisung von Asylsuchenden ohne gĂŒltige Einreisedokumente an der Grenze, wird von einer Mehrheit der Befragten (63 Prozent) unterstĂŒtzt (dagegen: 33 Prozent). Ebenfalls mehrheitlich befĂŒrwortet (56 Prozent) werden dauerhafte Kontrollen an allen deutschen Grenzen (dagegen: 42 Prozent), umstritten ist dagegen die Inhaftierung von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen (dafĂŒr: 47 Prozent; dagegen: 47 Prozent). Insgesamt gibt es ebenso viel Skepsis wie Zuversicht, was die Wirksamkeit solcher MaĂnahmen anbelangt. 48 Prozent der Befragten bezweifeln, dass diese VerschĂ€rfungen die Probleme im Bereich Flucht und Asyl deutlich verringern wĂŒrden, 48 Prozent erwarten das. Mit 26 Prozent das meiste Vertrauen, wenn es um das Thema FlĂŒchtlinge und Asyl geht, haben die Befragten in die Politik der CDU/CSU, dicht gefolgt von der AfD (20 Prozent), die hier im Vergleich zu anderen Politikfeldern besonders stark ist. Auf weiteren nennenswerten Zuspruch kommen lediglich SPD (15 Prozent) und GrĂŒne (10 Prozent).
Thema FlĂŒchtlinge und Asyl fĂŒr Wahlentscheidung weniger wichtig
Zwar hat sich bei der Frage nach den wichtigsten Problemen in Deutschland der Bereich Asyl/Flucht/Zuwanderung jetzt klar vor die bisher vorn liegende Wirtschaftslage geschoben. Geht es aber um die relevanten Themen fĂŒr die eigene Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl, stehen â bei jeweils zwei möglichen Nennungen pro Befragtem â Frieden und Sicherheit (48 Prozent), die Wirtschaft (41 Prozent) sowie die soziale Gerechtigkeit (40 Prozent) im Vordergrund. Erst an vierter Stelle folgt mit deutlichem Abstand FlĂŒchtlinge/Asyl (27 Prozent), vor Klimaschutz (23 Prozent) und Rente/Alterssicherung (21 Prozent).
Projektion: UnverÀnderte MehrheitsverhÀltnisse
Wenn am nĂ€chsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wĂ€re, kĂ€me die SPD auf 15 Prozent (unverĂ€ndert) und die CDU/CSU auf 29 Prozent (minus 1). Die GrĂŒnen lĂ€gen bei 14 Prozent, die FDP bei 4 Prozent, die AfD bei 21 Prozent und die Linke bei 5 Prozent, alle unverĂ€ndert. Das BSW wĂŒrde 4 Prozent (plus 1) erreichen und die anderen Parteien zusammen 8 Prozent (unverĂ€ndert), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen wĂŒrde. Von den politisch wahrscheinlichen Koalitionen wĂŒrde es damit weiterhin fĂŒr eine Regierung aus Union und SPD sowie fĂŒr eine Regierung aus Union und GrĂŒnen reichen.
GewĂŒnschte/r Bundeskanzler/in
Gefragt, wen man von den vier Kandidaten am liebsten als Kanzler oder Kanzlerin hĂ€tte, liegt Friedrich Merz mit 30 Prozent (minus 1) vor Robert Habeck mit 24 Prozent (minus 1). Olaf Scholz kann sich mit 20 Prozent (plus 4) jetzt klar von Alice Weidel mit 13 Prozent (minus 2) absetzen. Spitzt man die K-Frage auf jeweils zwei Kandidaten zu, dann kommen in der GegenĂŒberstellung Scholz und Merz aktuell beide auf gleich viel Zustimmung (Scholz: 45 Prozent; plus 3 â Merz: 45 Prozent; minus 1). Vor die Wahl gestellt, sich zwischen Merz und Habeck als nĂ€chstem Bundeskanzler zu entscheiden, liegt Merz mit 47 Prozent (minus 3) vor Habeck mit 41 Prozent (plus 4).
Top Ten: Die meisten verzeichnen Verluste
Bei der Beurteilung von Politikerinnen und Politikern nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiterhin mit Abstand auf Platz eins. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,8 (hier und im Folgenden Vergleichswert aus Januar II: 1,9) eingestuft. Auf Platz zwei kommt mit 0,9 (1,1) Hendrik WĂŒst. Danach folgen Markus Söder mit minus 0,3 (minus 0,1), Robert Habeck mit minus 0,4 (minus 0,3), Friedrich Merz mit minus 0,6 (minus 0,3), Annalena Baerbock mit minus 0,7 (minus 0,4), Olaf Scholz mit minus 0,8 (minus 0,6), Christian Lindner mit minus 1,3 (minus 1,4) und Sahra Wagenknecht mit minus 1,7 (minus 1,6). Schlusslicht bleibt Alice Weidel mit minus 2,6 (minus 2,3).
AfD: Mehrheit sieht Gefahr fĂŒr Demokratie â ist aber gegen Parteiverbot
FĂŒr 71 Prozent der Befragten geht von der AfD eine Gefahr fĂŒr die Demokratie aus, 27 Prozent sehen das nicht so. Ein Verbot der AfD unterstĂŒtzen 41 Prozent, darunter Mehrheiten in den AnhĂ€ngerschaften von SPD (55 Prozent), GrĂŒnen (60 Prozent) und Linke (82 Prozent). Insgesamt 54 Prozent sind gegen ein Verbot der AfD.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgefĂŒhrt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 27. bis 29. Januar 2025 bei 1.428 zufĂ€llig ausgewĂ€hlten Wahlberechtigten telefonisch und online erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berĂŒcksichtigt. Die Befragung ist reprĂ€sentativ fĂŒr die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich betrĂ€gt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD 16 Prozent, CDU/CSU 28 Prozent, GrĂŒne 19 Prozent, FDP 4 Prozent, AfD 17 Prozent, Linke 8 Prozent, BSW 4 Prozent.
Das nÀchste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 7. Februar 2025.
Foto (c) ZDF/Forschungsgruppe Wahlen