Streik bei kommunalen Nahverkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt am 19. Februar 2024

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Arbeitgeber provozieren weitere Warnstreiks in Sachsen-Anhalt

Die Gewerkschaft ver.di ruft die Beschäftigten der kommunalen Nahverkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt am 19. Februar 2024 zu einem ganztägigen Warnstreik auf.

Auch in der zweiten Verhandlungsrunde zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) Sachsen-Anhalt am 15.02.2024 konnte keine Annäherung erzielt werden.

Statt auf die berechtigten Forderungen der Kolleginnen und Kollegen einzugehen, haben die Arbeitgeber im Rahmen der Verhandlungen eine Kampfansage in Richtung der Beschäftigten ausgesprochen. Sie sind weder bereit, die massiven Einkommensverluste in Folge der Inflation auszugleichen noch die Lohnlücke zu anderen Bundesländern zu schließen. Die Verhandlung über eine Entlastung der Beschäftigten wird kategorisch abgelehnt. Stattdessen sollen sogar der Kündigungsschutz gelockert und der Krankengeldzuschuss gekürzt werden.

Dazu sagt Paul Schmidt (Foto), ver.di-Verhandlungsführer: „Auf die massiv gestiegenen Lebenserhaltungskosten und Lohnunterschiede von bis zu 500 Euro mit einer Nullrunde in 2024 zu reagieren, macht uns schier sprachlos. Damit stellen die Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt die Zeichen auf Sturm.“

Während beispielsweise Beschäftigte im Fahrdienst – die mit Abstand größte Beschäftigtengruppe – in Sachsen ab dem 01.03.2024 bis zu 3.627 Euro im Monat verdienen, erreicht das Fahrpersonal in Sachsen-Anhalt ein Entgelt von maximal 3.141 Euro. Der KAV schlägt vor, in 2024 eine Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 2.000 Euro zu zahlen. In 2025 sollen die Entgelte um 3 Prozent und in 2026 um 2 Prozent steigen.

„Unsere Kolleginnen erhalten für ihre Arbeit jeden Monat bis zu 500 Euro weniger als in anderen Bundesländern. Das mit einer Entgelterhöhung von 5 Prozent innerhalb von drei Jahren zu beantworten, ist völlig weltfremd. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie damit dem massiven Arbeits- und Fachkräftemangel begegnet werden soll “, ergänzt Schmidt.

Der Gewerkschafter führt weiter aus: „Noch schlimmer wird es, wenn wir auf die Pläne zu den Arbeitsbedingungen schauen. Die Arbeitgeber weigern sich, über unsere Forderung nach Entlastung überhaupt zu verhandeln. Gleichzeitig wollen sie den Kündigungsschutz für die Beschäftigten aufweichen, Zulagen für Schichtarbeiter streichen und den Zuschuss zum Krankengeld kürzen. Das ist eine organisierte Respektlosigkeit.“

Daher ruft ver.di die Beschäftigten der kommunalen Verkehrsunternehmen in Dessau, Halle, Magdeburg und dem Burgenlandkreis am 19. Februar 2024 zu einem ganztägigen Warnstreik auf.

Hintergrund:

Die Einkommens- und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr werden in jedem Bundesland gesondert verhandelt. Entsprechend ergeben sich regional teilweise erhebliche Unterschiede. Während die Vergütungen in Sachsen im Zuge der letzten Tarifeinigung massiv weiterentwickelt wurden, weigern sich die Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt diese Entwicklung nachzuvollziehen.

Gleichzeitig spitzt sich die Fachkräftesituation im Nahverkehr dramatisch zu. In vielen Städten fallen bereits heute jeden Tag geplante Fahrten aus. Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) selbst schätzt, dass jährlich 4.000 bis 6.000 Beschäftigte aus den ÖPNV-Unternehmen ausscheiden und derzeit nur mit größter Mühe nachbesetzt werden können.

Diese Zahlen stützt das Statistische Bundesamt. Es hat errechnet, dass die Beschäftigten im ÖPNV überdurchschnittlich alt sind. Während der Anteil der Beschäftigten, die 55 Jahre und älter sind, in der Gesamtwirtschaft bei rund 26 Prozent liegt, beträgt dieser Wert im Nahverkehr rund 40 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil der Beschäftigten die 35 Jahre und jünger sind, mit 14 Prozent gerade einmal halb so hoch wie im Durchschnitt anderer Branchen.

Forderungen in der Tarifrunde:
Entgelt:

  • Erhöhung der Tabellenentgelte um 550 Euro pro Monat
  • Erhöhung der Ausbildungsentgelte um 250 Euro pro Monat

Arbeitsbedingungen:

  • Einführung von Zeitzuschlägen für die Arbeit an Samstagen in Höhe von 15 Prozent
  • Erhöhung der Entschädigung für geteilte Dienste auf 30 Euro je Dienstschichtteilung
  • Erhöhung der Zulagen Schicht- und Wechselschichtarbeit auf 140 Euro bzw. 240 Euro
  • Einberechnung der gesetzlichen Pausen in die Arbeitszeit im Fahrdienst
  • Verlängerung der Regelungen zum Jubiläumsgeld

Auszubildende:

  • Übernahme der Kosten für den Erwerb des Führerscheins der Klasse B, wenn dieser dienstlich notwendig ist
  • zwei zusätzliche freie Tage zur Prüfungsvorbereitung vor Zwischen- und Abschlussprüfungen
  • Angleichung der Zusatzleistungen an die Regelungen des TV-N Sachsen-Anhalt
  • Erhöhung der Jahressonderzahlung auf 65 Prozent

Quelle: Verdi

Foto (c) Paul Schmidt