Berlin: (hib/HAU) Beim Posten und Vermarkten von Kindern im Internet werden oftmals Kinderrechte missachtet. Darauf hat die 26-jĂ€hrige Industriekaufrau Annemarie Lehmkemper wĂ€hrend einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag aufmerksam gemacht. Lehmkemper hatte sich im vergangenen Jahr mit einer Petition an den Ausschuss gewandt und eine âVerschĂ€rfung der Gesetze in Bezug auf das Posten und Vermarkten von Kindern im Internetâ gefordert. 54.129 Personen hatten die öffentliche Eingabe (ID 172605) auf der Petitionsplattform des Bundestages mitgezeichnet.
âDas Posten von Kinderbildern im Internet birgt gravierende Gefahren in sichâ, sagte die Petentin zu Beginn der Sitzung. Es gehe um Missbrauch und Sexualisierung, weil selbst harmlose Fotos in die HĂ€nde Krimineller geraten, dann mittels KI manipuliert und auf illegale Plattformen verbreitet werden könnten. Auch könne es zu einem IdentitĂ€tendiebstahl kommen. âDaten und Bilder von Kindern könnten fĂŒr Fake-Profile, Betrug oder sogar Deep-Fakes missbraucht werden.â Inhalte, die Eltern heute niedlich finden, könnten Kinder spĂ€ter belasten, zu Scham fĂŒhren oder als Mobbing-Vorlage dienen.
Lehmkemper nannte auch das Problem der Kommerzialisierung. Kinder wĂŒrden zunehmend fĂŒr Social-Media Inhalte eingesetzt, âoft ohne Mitspracherecht, ohne Schutz und ohne Anspruch auf die erzielten Einnahmenâ. Dabei garantiere die UN-Kinderrechtskonvention Kindern das Recht auf PrivatsphĂ€re, wie die Petentin betonte. Dieses Recht werde tatsĂ€chlich in Deutschland aber nicht ausreichend umgesetzt.
Die Petentin verlangte, das Datenschutzrecht von Kindern konsequent umzusetzen, die kommerzielle Verwertung von Kinderbildern zu regulieren, Sanktionen bei VerstöĂen vorzusehen und die Ăffentlichkeit durch AufklĂ€rungskampagnen stĂ€rker zu sensibilisieren. Was heute ĂŒber Kinder veröffentlicht werde, âbegleitet sie ein Leben langâ, sagte Lehmkemper. Es sei höchste Zeit, ihre Rechte auch im digitalen Raum wirksam zu schĂŒtzen.
Auf Nachfrage der Abgeordneten erlĂ€uterte sie, dass das Hauptthema ihrer Petition die Kommerzialisierung sei – etwa beim professionellen Family-Blogging. Aber auch Eltern, die mit den Postings kein Geld verdienten, âverletzen die Rechte der Kinderâ.
Lukas Glaser vom Deutschen Kinderhilfswerk, der der Petentin bei der Sitzung zur Seite stand, sagte, insbesondere das Family-Influencing werfe einen breiten StrauĂ an Rechtsfragen auf. In erster Linie sei es aber das Jugendarbeitsschutzgesetz, das hier zum Tragen kommen könne. Eigentlich mĂŒssten Eltern, die ihre Kinder posten, eine Ausnahmegenehmigung einholen, sagte er. TatsĂ€chlich passiere das aber so gut wie nie.
Glaser sprach sich dafĂŒr aus, Kinder so frĂŒh wie möglich bei der Frage einzubeziehen, ob Bilder von ihnen veröffentlicht werden sollten. Die Schwelle der EinsichtsfĂ€higkeit sollte aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks in diesem speziellen Kontext von aktuell 14 auf 10 Jahre abgesenkt werden. Ab diesem Alter sollten Kinder in die Entscheidung mit einbezogen werden, um ihrer Beteiligungsrechten gerecht zu werden.
Aus Sicht der Bundesregierung gibt es aktuell bei dem Thema ein âDefizit bei Studien und Erkenntnisgewinnungâ. Die Parlamentarische StaatssekretĂ€rin im Bundesfamilienministerium, Mareike Wulf (CDU), verwies darauf, dass es zu unterscheiden gelte, zwischen dem sogenannten Posten der Kinderbilder durch die Eltern, das Influencing – wenn Kinder von sich aus posten – und den Family-Influencern, die ein kommerziellen Interesse verfolgten. âDas macht eine sehr groĂen Rechtsrahmen auf und betrifft mehrere Resortsâ, sagte Wulf und kĂŒndigte eine zeitnahe Ressortbesprechung zu dem Thema an.
Ein Vertreter der Bundeszentrale fĂŒr Kinder- und Jugendmedienschutz sprach von einer seit Jahren steigende Relevanz dieses Themenfeldes. VerstĂ€rkt werde die Problematik durch die Möglichkeiten der KI. Aus ursprĂŒnglich harmlosen Bildern werde so kinderpornografischen Material erstellt. âDas ist eine sehr groĂe Problematikâ, sagte er.
Zugleich verwies er auf den Digital Service Act (DAS), der als europĂ€isches Instrument der Plattformregulierung zu nennen sei. Die von der EU dazu verabschiedeten Leitlinien griffen zwar das Thema des Postens von Kinderbildern durch die Eltern noch nicht auf, lieĂen aber den Regulierern Platz fĂŒr prĂ€ventive VorsorgemaĂnahmen. Ein denkbarer Ansatz ist aus Sicht des Vertreters der Bundeszentrale, Warnhinweise auszuspielen, âwenn entsprechender Content hochgeladen werden sollâ.
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Quelle: Deutscher Bundestag, Parlamentsnachrichten
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