Heute im Bundestag: Whistleblower sollen besser geschĂŒtzt werden

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Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung will Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber (Whistleblower) im beruflichen Umfeld kĂŒnftig umfassender schĂŒtzen. FĂŒr die Meldung von VerstĂ¶ĂŸen im Unternehmen oder in einer Behörde sollen interne als auch externe Meldestellen eingerichtet werden. Zudem sollen Whistleblower vor beruflichen Repressalien geschĂŒtzt werden. Das sieht der Entwurf „eines Gesetzes fĂŒr einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die VerstĂ¶ĂŸe gegen das Unionsrecht melden“ vor (20/3442), den die Bundesregierung vorgelegt hat. Der Entwurf soll am Donnerstag, 29. September 2022, in erster Lesung beraten werden.

Zur BegrĂŒndung fĂŒhrt die Bundesregierung an, dass mit dem Entwurf der bislang lĂŒckenhafte und unzureichende Schutz hinweisgebender Personen ausgebaut werden soll. „Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Ahndung von MissstĂ€nden. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder FĂ€lle, in denen sie infolge einer Meldung oder Offenlegung von MissstĂ€nden benachteiligt wurden“, heißt es in dem Entwurf weiter.

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden zum einen die Hinweisgeberschutz-Richtlinie der EuropĂ€ischen Union ((EU) 2019/1937, (EU) 2020/1503) umsetzen, zum anderen die Rechtsprechung des EuropĂ€ischen Gerichtshofs fĂŒr Menschenrechte (EGMR). Die EU-Richtlinie hĂ€tte bis zum 17. Dezember 2021 umgesetzt werden mĂŒssen. Gegen Deutschland lĂ€uft deswegen – wie auch gegen zahlreiche andere EU-LĂ€nder – ein von der EU-Kommission angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren.

KernstĂŒck des Entwurfes ist ein neu zu schaffendes „Gesetz fĂŒr einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG). Dieses Gesetz soll dem Entwurf zufolge die wesentlichen Anforderungen und Verfahren an den Hinweisgeberschutz beinhalten. Danach mĂŒssen grundsĂ€tzliche alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten, Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden können dabei Meldestellen gemeinsam aufbauen. Als externe Meldestelle soll grundsĂ€tzlich das Bundesamt fĂŒr Justiz dienen, fĂŒr einige Bereich sind spezielle Meldestellen vorgesehen.

Wie die Bundesregierung ausfĂŒhrt, ist der Anwendungsbereich entsprechend der Vorgaben der EU-Richtlinie weit gefasst und umfasst neben Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer auch Beamtinnen und Beamten, Anteilseignerinnen und Anteilseigner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferanten und Personen, die bereits vor Beginn eines ArbeitsverhĂ€ltnisses Kenntnisse von VerstĂ¶ĂŸen erlangt haben.

Die hinweisgebende Person soll laut Entwurf wĂ€hlen können, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden. Die IdentitĂ€t der hinweisgebenden Person ist in beiden FĂ€llen grundsĂ€tzlich vertraulich zu behandeln. Meldungen sollen laut Entwurf auch anonym möglich sein. Laut Entwurfstext soll fĂŒr interne Meldestellen allerdings keine Verpflichtung bestehen, „die MeldekanĂ€le so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen“. Gleiches soll vorbehaltlich spezialgesetzlicher Regelungen auch fĂŒr die externen Meldestellen gelten. In beiden FĂ€llen sollte zudem gelten, dass die jeweilige Meldestelle „anonym eingehende Meldungen allerdings bearbeiten [sollte], soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefĂ€hrdet wird“.

Schutzregelungen sollen in bestimmten FĂ€llen auch greifen, wenn die hinweisgebende Person die Informationen offenlegt, sprich: den Gang an die Öffentlichkeit wĂ€hlt. Das soll zum einen der Fall sein, wenn auf eine Meldung an eine externe Stelle nicht innerhalb eine bestimmten Frist mit bestimmten Folgemaßnahmen reagiert wird. Zum anderen soll eine hinweisgebende Person Informationen offenlegen dĂŒrfen, wenn sie „hinreichenden Grund zur Annahme“ hat, dass beispielsweise „der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler SchĂ€den oder vergleichbarer UmstĂ€nde eine unmittelbare oder offenkundige GefĂ€hrdung des öffentlichen Interesses darstellen kann“ oder „im Fall einer externen Meldung Repressalien zu befĂŒrchten sind“.

Der sachliche Anwendungsbereich umfasst zahlreiche Rechtsbereiche, dazu zĂ€hlen VerstĂ¶ĂŸe gegen diverse EU-rechtliche Regelungen, nationales Strafrecht und bestimmte ordnungsrechtliche Regelungen, die bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von BeschĂ€ftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Der Entwurf sieht Ausnahmen fĂŒr bestimmte Meldungen vor, etwa ĂŒber Informationen, „die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates, insbesondere militĂ€rische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange des GeschĂ€ftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung oder Kritische Infrastrukturen im Sinne der BSI-Kritisverordnung betreffen“.

Nach einer Meldung soll die Meldestelle laut Entwurf Folgemaßnahmen ergreifen mĂŒssen. Dazu gehören unter anderem interne Untersuchungen oder die Einstellung des Verfahrens aus „Mangel an Beweisen“. Verfahren können zwecks weitere Untersuchungen auch an eine zustĂ€ndige Arbeitseinheit oder eine zustĂ€ndige Behörde abgegeben werden können.

FĂŒr hinweisgebende Personen und bestimmte andere Personen gilt nach einer Meldung ein Schutz vor Repressalien beziehungsweise vor einer Drohung damit. Nach einer Meldung erfolgte „Benachteiligungen“ einer hinweisgebenden Person „im Zusammenhang mit ihrer beruflichen TĂ€tigkeit“ sollen laut Entwurfstext vermutet werden, dass es sich um eine Repressalie handelt. „In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten GrĂŒnden basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte“, heißt es im Entwurf.

Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien soll dem Entwurf zufolge eine Schadenersatzpflicht durch den Verursacher bestehen. Als Ordnungswidrigkeiten sollen zudem beispielsweise geahndet werden, wenn eine interne Meldestelle nicht eingerichtet oder wenn die Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle behindert wird.

Hinweisgebende Personen sollen im Gegenzug fĂŒr den Schaden aufkommen, „der aus einer vorsĂ€tzlichen oder grob fahrlĂ€ssigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist“. Zudem soll das Offenlegen unrichtiger Informationen eine Ordnungswidrigkeit darstellen.

In seiner Stellungnahme bittet der Bundesrat unter anderem um PrĂŒfung und Klarstellung, wie mit kommunalen Unternehmen iin der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts einerseits und in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts andererseits zu verfahren ist. Die Bundesregierung will ihre GegenĂ€ußerung zur Stellungnahme nachreichen.