Bundeskabinett beschleunigt naturvertrÀglichen Windkraft-Ausbau deutlich

Veröffentlicht in: NACHRICHTEN | 0

Das Bundeskabinett hat heute EntwĂŒrfe des Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land und zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes beschlossen. Die gesetzlichen Anpassungen werden den naturvertrĂ€glichen Ausbau von Windenergie in Zukunft deutlich beschleunigen. Sie setzen das Zwei-Prozent-FlĂ€chenziel aus dem Koalitionsvertrag und die Eckpunkte „Beschleunigung des naturvertrĂ€glichen Ausbaus der Windenergie an Land“ um, welche das Bundesumwelt- und das Bundeswirtschaftsministerium Anfang April vorgestellt haben.

Bundeswirtschaftsminister Habeck (Foto): „Gemeinsam mit allen BundeslĂ€ndern bringen wir den Ausbau der Windenergie nach vorne. Mit dem Gesetz legen wir fest, welches Bundesland in Zukunft wie viel FlĂ€che fĂŒr den Ausbau der Windenergie bereitstellt. Das Gesamtziel fĂŒr Deutschland ist zwei Prozent. Wir teilen das regional fair auf, berĂŒcksichtigen dabei die Windbedingungen, den Natur- und Artenschutz und die rĂ€umlichen Ordnungen. Es bleibt Sache der LĂ€nder zu entscheiden, wie sie ihre FlĂ€chenziele erfĂŒllen. Eine Verhinderungsplanung aber schließen wir aus.“

Bundesbauministerin Geywitz: „Wir stellen die planerische Steuerung von Windenergieanlagen auf eine Positivplanung um. Voraussetzung fĂŒr die Zulassung von Windenergieanlagen ist eine vorhergehende Planung, entweder im Regional- oder im FlĂ€chennutzungsplan. In diesen Planungen werden alle öffentlichen und privaten Belange, die fĂŒr oder gegen die Anlagen sprechen, berĂŒcksichtigt. Auch landesgesetzliche MindestabstĂ€nde bleiben weiter möglich. Sie dĂŒrfen aber der Erreichung der FlĂ€chenziele in den einzelnen LĂ€ndern nicht entgegenstehen. Die Verfehlung der FlĂ€chenziele zu bestimmten Stichtagen wird kĂŒnftig aber Folgen fĂŒr die Planungen der LĂ€nder haben. Damit dies nicht passiert, vereinfachen und beschleunigen wir die Planungsverfahren.“

Bundesumweltministerin Lemke: „Die Klimakrise und das Artenaussterben sind die beiden großen ökologischen Krisen, die wir jetzt gemeinsam und gleichzeitig angehen mĂŒssen. Mit den Änderungen am Bundesnaturschutzgesetz ermöglichen wir straffere, schnellere und rechtssichere Verfahren fĂŒr den Ausbau der Windenergie. Gleichzeitig wahren wir hohe ökologische Schutzstandards und unterstĂŒtzen gefĂ€hrdete Arten langfristig durch ein neues Artenhilfsprogramm. Wir bringen also zwei Ziele zusammen.“

Der Ausbau der Windenergie ist entscheidend, um sowohl die UnabhĂ€ngigkeit von fossilen Importen zu stĂ€rken als auch die Klimaziele zu erreichen. Der Entwurf des EEG 2023 hebt deshalb die Ausbaupfade fĂŒr die Windenergie an Land deutlich an. Damit ausreichend FlĂ€chen fĂŒr Windenergie an Land zur VerfĂŒgung stehen, sind mittel- bis langfristig etwa zwei Prozent der BundesflĂ€che nötig. Dieses Ziel wurde im Koalitionsvertrag verankert. Derzeit sind bundesweit 0,8 Prozent der LandesflĂ€che fĂŒr Windenergie an Land ausgewiesen. Nur 0,5 Prozent sind tatsĂ€chlich verfĂŒgbar.

Das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land verpflichtet die BundeslĂ€nder bis Ende des Jahres 2032, einen Anteil von 1,8 bis 2,2 Prozent ihrer LandesflĂ€che fĂŒr den Ausbau der Windenergie zur VerfĂŒgung zu stellen. Die Stadtstaaten mĂŒssen 0,5 Prozent ihrer LandesflĂ€chen ausweisen. Die Verteilung berĂŒcksichtigt unterschiedliche Voraussetzungen der BundeslĂ€nder. Das Gesetz sieht ein Zwischenziel von 1,4 Prozent fĂŒr Ende 2026 vor.

Die Zulassung von Windenergieanlagen wird im Baugesetzbuch auf eine Positivplanung umgestellt. Dies bedeutet, dass Windenergieanlagen kĂŒnftig in dafĂŒr eigens planerisch ausgewiesenen Gebieten privilegiert zulĂ€ssig sind. Voraussetzung ist, dass die LĂ€nder die FlĂ€chenziele zum jeweiligen Stichtag erreichen. Werden sie dagegen verfehlt, lebt die Privilegierung im gesamten Außenbereich wieder auf, bis die FlĂ€chenziele erreicht sind. Durch diese Umstellung auf eine Positivplanung werden die Planungsverfahren vereinfacht und beschleunigt.

Neu konzipiert wird auch die LĂ€nderöffnungsklausel im Baugesetzbuch, die pauschale gesetzliche Mindestabstandsregelungen der LĂ€nder erlaubt: Die BundeslĂ€nder mĂŒssen dabei sicherstellen, dass sie trotz dieser Abstandsregelungen die FlĂ€chenziele erreichen und so ihren Beitrag zum Ausbau der Windenergie leisten. Tun sie dies nicht, werden die landesgesetzlichen Abstandsregeln nicht angewandt.

Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wird rechtlich sichergestellt, dass auch Landschaftsschutzgebiete in die Suche nach FlĂ€chen fĂŒr den Windenergieausbau einbezogen werden können. Gleichzeitig werden Schutzzonen fĂŒr bedrohte Arten definiert und hohe ökologische Standards garantiert.

Um Genehmigungsverfahren fĂŒr Windenergieanlagen an Land zu vereinfachen und zu beschleunigen, werden fĂŒr die artenschutzrechtliche PrĂŒfung bundeseinheitliche Standards gesetzt. FĂŒr die SignifikanzprĂŒfung wird eine Liste von kollisionsgefĂ€hrdeten Brutvogelarten festgelegt. Hinzu kommen gestaffelte, artspezifische und brutplatzbezogene Abstandsvorgaben mit einem Tabubereich und PrĂŒfbereichen.

Zur Erleichterung der Ausnahmeerteilung wird zunĂ€chst klargestellt, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im ĂŒberragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Die AlternativenprĂŒfung und die artenschutzrechtliche AusnahmeprĂŒfung werden vereinfacht. FĂŒr das Repowering von Windenergieanlagen an Land werden artenschutzbezogene Vorgaben in das Bundesnaturschutzgesetz ĂŒbernommen und dort weiter prĂ€zisiert.

Das Bundesamt fĂŒr Naturschutz bekommt den Auftrag, nationale Artenhilfsprogramme aufzustellen, mit denen insbesondere die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien betroffenen Arten unterstĂŒtzt werden sollen. Zur Finanzierung dieser Programme sollen auch Anlagenbetreiber beitragen.

Foto © Urban Zintel