Amokfahrt auf Berliner Stadtautobahn A100: Unterbringung des Beschuldigten in Psychiatrie angeordnet

Veröffentlicht in: Aus dem Gerichtssaal | 0

Das LG Berlin hat am 31.01.2022 in dem Prozess um die Amokfahrt auf der Berliner Stadtautobahn im Sommer 2020 die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und ihm die Fahrerlaubnis entzogen.

Nach den Feststellungen der Kammer ist der 31-jĂ€hrige Beschuldigte Sarmad A. in den Abendstunden des 18. August 2020 unter Missachtung der Verkehrsregeln mit seinem Fahrzeug ĂŒber die BAB 100 in Berlin gerast und sei dabei zunĂ€chst mit mehreren Autos kollidiert. Anschließend sei er gezielt von hinten auf drei MotorrĂ€der bzw. Mofas aufgefahren, um deren Fahrer zu töten. Die drei MĂ€nner seien dabei jeweils schwer und in einem Fall auch lebensgefĂ€hrlich verletzt worden.

Rechtlich sei das Tatgeschehen u.a. als versuchter Mord an den Motorrad- bzw. Mofafahrern zu werten, so die Vorsitzende der Kammer gestern in ihrer mĂŒndlichen UrteilsbegrĂŒndung. Der Beschuldigte könne jedoch fĂŒr die insgesamt 13 Taten nicht bestraft werden, weil er aufgrund einer akuten psychotischen Erkrankung zur Tatzeit nicht schuldfĂ€hig gewesen sei. Weil von ihm jedoch aufgrund seiner schweren Erkrankung weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien und er fĂŒr die Allgemeinheit gefĂ€hrlich sei, mĂŒsse er gemĂ€ĂŸ § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden.

Die Vorsitzende betonte, es habe sich bei der Amokfahrt nicht um einen islamistischen Anschlag gehandelt. Zwar habe der Beschuldigte nach der Amokfahrt einen Gebetsteppich auf der Autobahn ausgerollt und laut gebetet, auch habe er sich als „Soldat Gottes“ bezeichnet und „Allahu akbar“ gerufen, dies sei aber in Übereinstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Berlin als Ausdruck seines wahnbedingten Handelns zu verstehen, in das sich religiöse und islamistische Motive gemischt hĂ€tten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskrÀftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

Der Beschuldigte verbleibt vorlĂ€ufig weiter im Krankenhaus des Maßregelvollzugs.

Zur Information: In Berlin werden derartige Unterbringungen nach § 63 StGB im Krankenhaus des Maßregelvollzugs vollzogen. Dabei handelt es sich um eine geschlossene, gesicherte Anstalt. Die Dauer der Unterbringung ist grundsĂ€tzlich nicht befristet, die Betroffenen werden jedoch regelmĂ€ĂŸig begutachtet und – je nach Behandlungsverlauf – erst entlassen, sobald sie keine Gefahr fĂŒr die Allgemeinheit mehr darstellen.

Quelle: Pressemitteilung des KG Nr. 5/2022 v. 01.02.2022

juris.de

Foto/pixabay