Online-Versandapotheke darf im Bestellvorgang das Geburtsdatum nicht bei jedem Produkt abfragen

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Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat mit Urteil vom 09. November 2021 die Klage einer Online-Versandapotheke abgewiesen. Die KlĂ€gerin ist eine Firma mit Sitz in Niedersachsen und Betreiberin einer Online-Versandapotheke. Die beklagte Landesbeauftrage fĂŒr den Datenschutz Niedersachsen (LfD) wies die KlĂ€gerin mit Bescheid vom 08. Januar 2019 an, es zu unterlassen, unabhĂ€ngig von der Art des bestellten Medikamentes das Geburtsdatum des Bestellers/der Bestellerin zu erheben und zu verarbeiten. Zudem wies sie die KlĂ€gerin zur Unterlassung der Verwendung der im Bestellprozess erhobenen Anrede (Herr/Frau) an, soweit Gegenstand der Bestellung Medikamente seien, die nicht geschlechtsspezifisch zu dosieren und/oder einzunehmen seien.

Gegen diesen Bescheid hat die KlĂ€gerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover erhoben. Die KlĂ€gerin hatte bereits vor dem Termin zur mĂŒndlichen Verhandlung hinsichtlich der Anrede „Herr/Frau“ die Auswahloption „ohne Angabe“ in ihrem Bestellformular eingefĂŒgt. Die Parteien haben diesbezĂŒglich ĂŒbereinstimmend das Verfahren fĂŒr erledigt erklĂ€rt.

BezĂŒglich der Abfrage des Geburtsdatums trug die KlĂ€gerin vor, aufgrund der fĂŒr Apotheker geltenden Berufsordnung bestimmten Beratungsobliegenheiten zu unterfallen. Hierzu gehöre auch die Pflicht zur altersgerechten Beratung. Um diese Verpflichtung erfĂŒllen zu können, mĂŒsse eine entsprechende Abfrage im Bestellprozess erfolgen. Zudem habe sie ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob der Besteller bzw. die Bestellerin volljĂ€hrig und damit voll geschĂ€ftsfĂ€hig sei.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die Kammer hat zunĂ€chst klargestellt, dass der von der LfD gerĂŒgte Bestellvorgang sich nur auf rezeptfrei erwerbbare Produkte beziehe. Die Verarbeitung des Geburtsdatums in diesem Bestellvorgang habe nach Ansicht der Kammer zumindest fĂŒr solche Produkte zu unterbleiben, die keine altersspezifische Beratung erforderten. Ein Blick auf die von der KlĂ€gerin auf ihrer Webseite angebotenen Produktpalette zeige, dass sie eine große Zahl von Drogerieartikeln aber auch apothekenpflichtigen Medikamenten anbiete, die nicht altersspezifisch zu dosieren seien. FĂŒr diese Produkte könne in der Datenschutzgrundverordnung – nachdem sich die KlĂ€gerin bislang von ihren Kunden im Bestellprozess auch keine Einwilligung zur Datenverarbeitung einhole – keine Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung gefunden werden. Soweit die KlĂ€gerin die GeschĂ€ftsfĂ€higkeit ihrer Kunden ĂŒberprĂŒfen wolle, so erfordere das datenschutzrechtliche Prinzip der Datenminimierung, dass lediglich die VolljĂ€hrigkeit und nicht das genaue Geburtsdatum abgefragt werde.

Gegen die Entscheidung kann vor dem NiedersĂ€chsischen Oberverwaltungsgericht in LĂŒneburg innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung beantragt werden.

Urteil vom 09. November 2021

Az.: 10 A 502/19