Virologe Streeck kritisiert Corona-Politik von Bayern und Sachsen

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Bonn (dts Nachrichtenagentur) – Der Bonner Virologe Hendrik Streeck sieht die aktuellen Lockdown-Vorreiter Bayern und Sachsen als abschreckende Beispiele fĂŒr ein fehlerhaftes Corona-Management. „Wir haben in Bayern und in Sachsen eine sehr niedrige Impfquote“, sagte er dem Nachrichtensender „Welt“.

ZusĂ€tzlich habe man das Problem, dass dort sehr spĂ€t mit Maßnahmen reagiert worden sei. „Und jetzt muss man natĂŒrlich umso hĂ€rter reagieren, damit man die Fallzahlen wieder kontrollieren kann. Das ist vielleicht eine Lehre fĂŒr die anderen BundeslĂ€nder, die Infektionszahlen genau im Blick zu haben, eher einmal mehr zu testen und vielleicht einmal eher die nĂ€chste Eskalationsstufe zu zĂŒnden, von 2G auf 2G plus, bevor man eine Situation wie in Sachsen und in Bayern hat“, so der Virologe. Insgesamt sei die Corona-Situation in Deutschland wohl sehr viel schlimmer als die reinen Zahlen das nahelegen.

Die Dunkelziffer sei erheblich, so Streeck: „Wir sehen seit ein paar Tagen zwar einen leichten RĂŒckgang beim R-Wert, aber wir können schlecht einschĂ€tzen, wie sich das entwickeln wird, weil das Testen gerade ausgeweitet wird. Wir mĂŒssen damit rechnen, dass es momentan eine enorm hohe Dunkelziffer in Deutschland gibt. Also, dass viel, viel mehr Menschen infiziert sind und gar nicht davon wissen. Und davon mĂŒssen wir wieder wegkommen, da mĂŒssen wir durch das Testen die Dunkelziffer wieder ausleuchten.“

Die Hospitalisierungsinzidenz sei ein schwieriger Gradmesser fĂŒr das Coronageschehen, weil die gemeldete Zahl nicht in Echtzeit den tatsĂ€chlich aktuellen Belegungsstand in den KrankenhĂ€usern abbilde, sagte der Wissenschaftler: „Die Problematik bei der Hospitalisierungsinzidenz ist, dass es sehr viele Nachmeldungen im Moment gibt. Das wird nicht gut erfasst. Wir wissen nicht tagesaktuell, wie die Krankenhausbelegung eigentlich ist, in bestimmten Landkreisen.“ Da mĂŒsse nachgearbeitet werden.

„Da muss das RKI auch eine schnellere Infrastruktur schaffen, dass man am besten in real time die Krankenhausbelegung erfĂ€hrt. Da haben wir im Sommer leider geschlafen, da hĂ€tten wir die Infrastruktur schaffen können.“

Foto (c) Hendrik Streeck