UniversitÀt Magdeburg (FME): Ausgezeichnete Forschung zu Arbeitsbelastungen in der Chirurgie

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Magdeburg. In der Herz-Thorax-Chirurgie sind viel Kraft, hohe Konzentration, schnelle Entscheidungen und Ausdauer gefragt. Wie hoch die Arbeitsbelastungen vor allem fĂŒr junge Ärzt:innen in diesem Fachgebiet tatsĂ€chlich sind, untersucht Dr. George Awad und erhĂ€lt dafĂŒr den Forschungspreis fĂŒr wissenschaftlichen Nachwuchs der Medizinischen FakultĂ€t der UniversitĂ€t Magdeburg.

Eine Operation am offenen Herzen ist zweifellos eine der risikoreichsten und körperlich anstrengendsten Aufgaben in der Chirurgie und birgt zudem eine große Verantwortung fĂŒr die Operateur:innen. FĂŒr die AusĂŒbung dieses Berufs können solche und Ă€hnliche Eingriffe eine dauerhafte physische und psychische Belastung bedeuten. Dr. med. George Awad (Foto) von der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Herz- und Thoraxchirurgie untersuchte gemeinsam mit dem Bereich Arbeitsmedizin der Otto-von-Guericke-UniversitĂ€t Magdeburg unter Leitung von Prof. Böckelmann genau solche Arbeitssituationen chirurgisch tĂ€tiger Ärzt:innen im Bereich der Herz-Thoraxchirurgie. FĂŒr seine Forschung wurde er nun mit dem Forschungspreis fĂŒr wissenschaftlichen Nachwuchs der Medizinischen FakultĂ€t in der Kategorie „Klinische Forschung“ ausgezeichnet. Der Forschungspreis wird von der Medizinischen FakultĂ€t Magdeburg jĂ€hrlich an Nachwuchswissenschaftler:innen fĂŒr originelle Forschungsprojekte vergeben. Der Preis ist mit 5.000 Euro als Drittmittel dotiert.

„Diese Auszeichnung ist fĂŒr mich eine große Ehre, aber vor allem auch Ansporn, mich weiterhin mit der Forschung an den Herz-Kreislauferkrankungen sowie die zeitgemĂ€ĂŸe Behandlungsstrategie zu befassen und innovative Ideen zu entwickeln“, erklĂ€rt Dr. Awad. Er ist Facharzt fĂŒr Herzchirurgie und kennt die Arbeitsbelastung, die dieser Beruf mit sich bringt, nur zu gut. „Bei einer Operation am Herzen steht man mitunter 4 bis zu 6 Stunden am StĂŒck im OP-Saal. Die Arbeit erfordert handwerkliches Geschick, teilweise auch viel Körperkraft, manchmal muss es sehr schnell gehen und trotzdem ist höchste PrĂ€zision gefragt“, erzĂ€hlt der 35-JĂ€hrige, fĂŒr den bereits zu Beginn seines Medizinstudiums an der UniversitĂ€t Damaskus in Syrien feststand, dass er spĂ€ter Herzchirurg werden möchte. „Das Operieren an einem heiligen Organ wie dem Herzen ist mehr als faszinierend. Das hat mich schon als jĂŒngerer Mediziner sehr interessiert.“

Ziel seiner Arbeit ist es, das individuelle Stresslevel von Chirurg:innen wĂ€hrend einer Operation zu ermitteln und herauszufinden, wie stark insbesondere junge Ärzt:innen in der Ausbildung belastet sind. Damit können zukĂŒnftig neue AnsĂ€tze zur Verbesserung chirurgischer Ausbildungsprogramme entwickelt werden. Um die arbeitsbezogene Stressbelastung in dem Gebiet der Herzchirurgie genauer untersuchen zu können, nutzt Dr. Awad fĂŒr seine Forschungsarbeit als Beanspruchungsparameter die sogenannte HerzfrequenzvariabilitĂ€t (HRV). „Wir können die HRV aus den EKG-Aufnahmen ermitteln bzw. die physiologische VariabilitĂ€t der HerzschlĂ€ge messen und bekommen somit wertvolle Informationen zum physiologischen Status des Körpers und zur Herz-Kreislaufregulation.“

Die HRV wird ĂŒber zwei Nerven, den Sympathikus und den Parasympathikus, im vegetativen Nervensystem geregelt. Der Sympathikus agiert dabei als sogenannter „Leistungsnerv“ und der Parasympathikus als „Ruhenerv“. Ist also eine hohe HRV vorhanden, ĂŒberwiegt der Parasympathikus, was sich durch eine Entlastung bzw. Entspannung zeigt. Werden Stresshormone freigesetzt, erhöht sich die Herzschlagfrequenz und auch der Blutdruck und die HRV reduzieren sich. Dies ist auf die SympathikusaktivitĂ€t zurĂŒckzufĂŒhren. Der Organismus ist dann stark belastet. Dr. Awad erklĂ€rt: „Wenn eine Person jedoch chronisch physisch oder mental gestresst oder ĂŒberanstrengt ist, kann das sehr belastend fĂŒr den Körper sein und zu zahlreichen mentalen und physischen Gesundheitsproblemen fĂŒhren, wie beispielsweise Burnout oder Depressionen.“

Anhand seiner Forschungsergebnisse erhofft sich Dr. Awad eine Sensibilisierung fĂŒr das Thema Stress im Arztberuf, ebenso wie eine frĂŒhzeitige Etablierung von Programmen zum Umgang mit Stress oder Trainingsprogramme zur Resilienzförderung im Medizinstudium und bei jungen Ärzt:innen. „Es ist bekannt, das Lernerfolge in Stresssituationen schlechter zu erreichen sind. Daher sollen zukĂŒnftig neue AnsĂ€tze etabliert werden, um auch chirurgische Ausbildungsprogramme weiter zu entwickeln und zu verbessern. Damit kann sich zum einen das Arbeitsumfeld verbessern und zusĂ€tzlich können frĂŒhzeitig prĂ€ventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen bei hoher arbeitsbezogener Stressbelastung bei den Chirurgen insbesondere in der Facharztausbildung entwickelt werden.“ All dies kann nach Auffassung des jungen Wissenschaftlers die AttraktivitĂ€t chirurgischer FĂ€cher erhöhen und Ärztemangel und Unzufriedenheit im Beruf vermindern.

Neben der HerzratenvariabilitĂ€t beschĂ€ftigt sich Dr. Awad mit dem Tissue-Engineering und der ZĂŒchtung von Herzmuskelgewebe. Weiterhin untersucht er mit seiner Arbeitsgruppe die Patient:innen nach verschiedenen chirurgischen AnsĂ€tzen wie die Rekonstruktion der linken Herzkammer und den Ersatz der Hauptschlagader nach lebensbedrohlichen Rupturen. Der gebĂŒrtige Syrer ist seit 2021 Facharzt in der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Herz- und Thoraxchirurgie in Magdeburg. Seine Facharztausbildung begann er in Damaskus und setzte sie an den UniversitĂ€tskliniken Magdeburg und Göttingen fort. Dr. Awad erhielt die Approbation als Arzt 2014 und promovierte 2017 an der UniversitĂ€t Magdeburg mit magna cum laude.

Foto: FĂŒr die Forschung von Herzchirurg Dr. med. George Awad zur Stressbelastung chirurgisch tĂ€tiger Ärztinnen und Ärzte kommt ein Langzeit-EKG-GerĂ€t zum Einsatz. (c) Fotografin: Melitta Schubert/UMMD