PrÀzisionstherapie mit den eigenen Immunzellen

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Neuer Professor fĂŒr Klinische Immunologie und Zelltherapeutika stĂ€rkt die UniversitĂ€tsmedizin Magdeburg im Bereich zukunftsweisender Zell- und Gentherapien.

Magdeburg. Was wĂ€re, wenn wir bisher unheilbare Krankheiten nicht nur lindern, sondern direkt an ihrem Ursprung aufhalten bzw. heilen könnten? Zell- und Gentherapien eröffnen genau diese Perspektive: Sie können gezielt in die Steuerung eines fehlgeleiteten Immunsystems eingreifen und verschaffen Ärztinnen und Ärzten neue Möglichkeiten, etwa Krebs und Autoimmunerkrankungen wirksam zu behandeln. Mit der Berufung von Prof. Dr. med. Stephan Fricke auf die W3-Professur fĂŒr Klinische Immunologie und Zelltherapeutika stĂ€rkt die UniversitĂ€tsmedizin Magdeburg ihre Position in einem der zukunftsweisendsten Bereiche der modernen Medizin.

„Mich treibt die Frage an, wie wir Patientinnen und Patienten auch mit selbst am Standort entwickelten biomedizinischen Innovationen helfen können, insbesondere den Menschen, fĂŒr die bislang keine weiteren wirksamen Therapieoptionen mehr zur VerfĂŒgung stehen“, erklĂ€rt Prof. Dr. med. Stephan Fricke, der zum 1. Oktober 2025 auch die Leitung des gleichnamigen Instituts fĂŒr Klinische Immunologie und Zelltherapeutika an der Otto-von-Guericke-UniversitĂ€t Magdeburg ĂŒbernommen hat. „Zell- und Gentherapien eröffnen uns zum Beispiel die Möglichkeiten, das fehlgesteuerte, körpereigene Abwehrsystem gezielt so zu beeinflussen, dass es Krebszellen oder auch krankhafte Immunreaktionen ausschaltet. Statt lediglich Symptome zu behandeln, können wir Krankheiten an ihrer Ursache bekĂ€mpfen und damit neue Perspektiven fĂŒr Betroffene schaffen.“

Ein Schwerpunkt von Prof. Fricke ist die Entwicklung und Optimierung der Produktionsprozesse von Arzneimitteln fĂŒr neuartige Therapien (ATMPs), etwa sogenannte CAR-T-Zellen. Dabei handelt es sich um gentechnisch verĂ€nderte Immunzellen, die in der Lage sind, Tumorzellen oder andere krankheitsauslösende Zellen gezielt zu erkennen und zu zerstören. Diese Therapie wird bisher insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit speziellen LeukĂ€mien oder Lymphomen eingesetzt, fĂŒr die herkömmliche Behandlungsverfahren hĂ€ufig nicht mehr wirksam sind. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen entwickelt Prof. Fricke zudem neue Verfahren, um schwerwiegende Immunkomplikationen nach Zelltransplantationen zu verhindern oder Autoimmunerkrankungen wirksamer therapieren zu können.

Die Professur ist eng mit dem Magdeburger Forschungsprojekt „ZELL-THEMA“ verknĂŒpft. In dem EFRE-geförderten Projekt werden neuartige Zell- und Immuntherapien weiterentwickelt, ihre Wirksamkeit und VertrĂ€glichkeit verbessert und Produktionsprozesse optimiert. Das Projekt legt den Fokus auf standortĂŒbergreifende Kooperationen und die schnelle ÜberfĂŒhrung der Ergebnisse in die klinische Versorgung. Die UniversitĂ€tsmedizin Magdeburg gehört zu den ersten Zentren weltweit, die CAR-T-Zelltherapien bei Patientinnen und Patienten mit schweren Autoimmunerkrankungen eingesetzt haben. In Kombination mit der aktiven Beteiligung an einer Vielzahl klinischer Studien der frĂŒhen Phasen hat sich der Standort als eines der fĂŒhrenden akademischen Zentren fĂŒr zellulĂ€re Immuntherapien im Bereich AutoimmunitĂ€t etabliert, mit internationaler Sichtbarkeit in Forschung und Versorgung.

„Mit Professor Fricke bauen wir unsere exzellenten klinischen und grundlagenorientierten Kompetenzen an der Schnittstelle von Immunologie und innovativen Therapieverfahren entscheidend aus“, sagt Prof. Dr. rer. nat. Daniela C. Dieterich, Dekanin der Medizinischen FakultĂ€t Magdeburg. „Gemeinsam mit Projekten wie ZELL-THEMA wird Magdeburg somit zu einem Knotenpunkt fĂŒr translationale Forschung im Bereich innovativer Zell- und Immuntherapien. DarĂŒber hinaus können wir wichtige Kooperationen auf diesem Gebiet, etwa mit der UniversitĂ€tsmedizin Halle und dem Fraunhofer-Institut fĂŒr Zelltherapie und Immunologie in Leipzig, weiter vorantreiben. Damit stĂ€rken wir nicht nur Forschung, Entwicklung und vor allem die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten, sondern auch die internationale Sichtbarkeit des Magdeburger Standortes.“

Die Professur trĂ€gt auch wesentlich zur akademischen Ausbildung im Medizinstudium, dem Masterstudiengang Immunologie, den Clinician-Scientist-Programmen und interdisziplinĂ€ren Kooperationen bei. So wird Prof. Fricke Studierende, Promovierende und Nachwuchsforschende in den Grundlagen der Immunologie, Immundiagnostik und modernen Zell- und Gentherapien praxisnah ausbilden. ErgĂ€nzend ist die Einrichtung einer Ambulanz fĂŒr Klinische Immunologie geplant, um Patientinnen und Patienten mit primĂ€ren und sekundĂ€ren Immundefekten sowie anderen speziellen immunologisch bedingten Erkrankungen gezielt behandeln zu können.

Zur Person:

Prof. Dr. med. Stephan Fricke, geboren in Leipzig, studierte Humanmedizin an der UniversitĂ€t Leipzig und promovierte dort 2007. Nach Stationen am UniversitĂ€tsklinikum Leipzig und am Translationszentrum fĂŒr Regenerative Medizin habilitierte er sich 2015 im Fach Innere Medizin und Immunologie. Seit 2016 war er am Klinikum in Chemnitz, zuletzt als geschĂ€ftsfĂŒhrender Oberarzt in der Klinik fĂŒr HĂ€matologie, Onkologie und Zelltherapie, tĂ€tig. Internationale Erfahrung sammelte er 2021 an der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston, USA. Im Jahr 2024 wurde er zum außerplanmĂ€ĂŸigen Professor an der Medizinischen FakultĂ€t der Technischen UniversitĂ€t Dresden bestellt. Seit 2006 ist Prof. Fricke zudem am Fraunhofer-Institut fĂŒr Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig tĂ€tig und leitete seit 2019 die Abteilung fĂŒr Zell- und Gentherapieentwicklung.

Prof. Fricke ist Facharzt fĂŒr Innere Medizin mit den Schwerpunkten HĂ€matologie und Onkologie, Fachimmunologe der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Immunologie (DGfI) sowie Ă€rztlicher Psychotherapeut (fachgebunden) und besitzt die Zusatzbezeichnung Immunologie. Damit verbindet er klinische Expertise in der Behandlung von Krebs- und Immunerkrankungen mit psychotherapeutischer Kompetenz. FĂŒr seine praxisnahen Arbeiten zur Entwicklung innovativer Immuntherapien wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Hintergrund:

Um in Sachsen-Anhalt eine Professur an einer UniversitĂ€t zu erlangen, muss gemĂ€ĂŸ §36 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) ein Berufungsverfahren durchgefĂŒhrt werden. Geeignete Bewerberinnen und Bewerber durchlaufen dabei ein umfangreiches Verfahren. Eine mit mehreren Fachleuten besetzte Berufungskommission begutachtet die Leistungen der Bewerberinnen und Bewerber in Forschung, Lehre und Krankenversorgung.

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Foto: Prof. Dr. Stephan Fricke hat zum 1. Oktober 2025 die Professur fĂŒr Klinische Immunologie und Zelltherapeutika an der Medizinischen FakultĂ€t der Otto-von-Guericke-UniversitĂ€t Magdeburg angetreten. (c) Fotograf: Ramon Kubatzki