Magdeburg. Das Land Sachsen-Anhalt hat sein Tariftreue- und Vergabegesetz (TVergG LSA) modernisiert. Mit der jetzt im Landtag behandelten Änderung wird die öffentliche Auftragsvergabe einfacher, schneller und mittelstandsfreundlicher. Auf Initiative von Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister Sven Schulze (Foto) hat das Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten (MWL) entscheidend zur Neufassung beigetragen. Ziel ist ein schlankes, rechtssicheres Vergaberecht, das auf aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen flexibel reagieren kann – ohne zentrale Schutzstandards aufzugeben.
„Wir bringen Wirtschaft und Verwaltung in Bewegung – mit einem Vergaberecht, das auf das Wesentliche konzentriert ist: faire Bedingungen, klare Regeln und weniger Bürokratie. Damit stärken wir den Mittelstand und machen Investitionen schneller möglich“, erklärte dazu Wirtschaftsminister Sven Schulze.
Klare Regeln, weniger Aufwand: Das wurde geändert
Das neue Gesetz schafft mehr Rechtssicherheit und räumt bürokratische Hindernisse aus dem Weg. Der Anwendungsbereich wurde präzisiert: Das Gesetz gilt künftig nur noch für Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte. Freiberufliche Leistungen sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes ganz ausgenommen.
Die Schwellenwerte selbst bleiben in der Höhe unverändert –
- bei Liefer- und Dienstleistungen von 40.000 bis 221.000 Euro,
- bei Bauaufträgen von 120.000 Euro bis 5,538 Mio. Euro –
können aber künftig durch das MWL flexibel an die Preis- und Inflationsentwicklung angepasst werden.
Neu geregelt ist auch der Umgang mit kleinen Auftragsbestandteilen: Lose unterhalb der Schwellenwerte, die maximal 20 Prozent des Gesamtauftrags ausmachen, fallen nicht mehr unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. Das stärkt die Losvergabe und damit die Beteiligung kleinerer Anbieter. Gleichzeitig werden die bestehenden Wertgrenzen für vereinfachte Verfahren in der Auftragswerteverordnung angehoben:
- Direktaufträge sind bis 100.000 Euro möglich (bisher 15.000 bei Liefer- und Dienstleitungen und 20.000 Euro bei Bauleistungen)
- beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben können bis zur EU-Schwelle erfolgen
- freihändige Vergaben von Bauleistungen sind bis 2,5 Mio. Euro zulässig (bisher 150.000 Euro)
Weniger Bürokratie, mehr Handlungsspielraum
Mit der Novelle des Vergabegesetzes wird die Auftragsvergabe spürbar entlastet. Vergabestellen gewinnen Flexibilität, Unternehmen profitieren von klareren Regeln – ohne an Schutzstandards einzubüßen. Konkret bedeutet das:
- Für Unternehmen – insbesondere für das Handwerk und kleine, regionale Anbieter – bringt das Gesetz spürbare Entlastungen. Durch die Ausklammerung kleinerer Lose und den Ausbau vereinfachter Vergabeverfahren entstehen mehr Zugänge zu öffentlichen Aufträgen.
- Die bereits bestehende Möglichkeit, Nachweise nur von Unternehmen mit realistischen Zuschlagschancen zu verlangen, wurde erfolgreich verbessert. Dadurch wird der bürokratische Aufwand weiter reduziert und die Teilnahme am Vergabeverfahren spürbar vereinfacht. Vergabestellen erhalten mehr Ermessensspielraum bei der Entscheidung, welche Unterlagen sie von den Bietern mit Zuschlagschancen verlangen, bei der Fristensetzung sowie bei Ausschlussentscheidungen. Ein automatischer Ausschluss bei behebbaren Formfehlern ist nun ausgeschlossen. Diese Neuerungen führen zu einer faireren, transparenteren und wettbewerbsfreundlicheren Vergabepraxis – ein deutlicher Erfolg für alle Beteiligten.
- Auch die Sanktionspraxis wird angepasst: Statt pauschaler Strafen greift ein verhältnismäßiges Stufenmodell, das Nachbesserungen bei kleineren Verstößen ermöglicht. Die Kontrollen beschränken sich auf vertraglich relevante Kernpflichten und den Hauptauftragnehmer.
- Die Wettbewerbsbedingungen verbessern sich ebenfalls: Durch die Stärkung der Losvergabe können sich kleinere Unternehmen gezielter bewerben. Vereinfachte Verfahren schaffen Planungssicherheit und ermöglichen die zügige Umsetzung von Investitionen.
- Soziale Mindeststandards wie Tariftreue und ein verbindliches Mindeststundenentgelt bleiben erhalten, werden aber durch standardisierte Formulare einfacher nachgewiesen. Für kurzfristige Leistungen unter sieben Tagen und reine Lieferleistungen gelten sinnvolle Ausnahmen, um Bürokratie weiter abzubauen.
Gesetzesänderung wird Chefsache
Wirtschaftsminister Sven Schulze hat die Gesetzesänderung frühzeitig zur Chefsache gemacht. Gemeinsam mit Vergabestellen, kommunalen Spitzenverbänden, Kammern, Unternehmen und Gewerkschaften wurde gezielt daran gearbeitet, die Erfahrungen aus der Praxis in konkrete Verbesserungen zu überführen. „Gute Politik hört zu und handelt. Das Gesetz zeigt, wie moderne Gesetzgebung funktioniert: aus der Praxis für die Praxis – und mit allen Beteiligten im Gespräch“, so Minister Sven Schulze.
Text/Foto: Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt am 11. September 2025