Bundesverwaltungsgericht erklärt Vorgriffsstunde als unrechtmäßig – GEW Sachsen-Anhalt sieht sich durch das Urteil in ihrer Auffassung bestätigt

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Magdeburg. „Unsere Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt. Das Land Sachsen-Anhalt hat versucht, den überwiegend selbstverschuldeten Mangel an den Schulen auf Kosten der Lehrkräfte zu bewältigen. Mehr Unterricht bedeutet automatisch mehr Arbeit, wenn der Arbeitgeber und Dienstherr nicht gleichzeitig andere Aufgaben streicht. Diese Arbeitszeiterhöhung war unrechtmäßig“, sagt Volker Thiele, ein Kläger im Verfahren.

„Wir sehen uns in unserer Auffassung bestätigt, dass die katastrophale Unterrichtsversorgung im Land nicht einfach durch eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung aller Lehrkräfte per Dekret erhöht werden kann“, sagt Anke Prellwitz, ebenfalls Klägerin im Verfahren.

Auch für die vielen teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte im Land Sachsen-Anhalt ist das Urteil eine Bestätigung dafür, dass mit einer einseitig erwirkten Erhöhung der Unterrichtverpflichtung durch die Landesregierung nicht in bestehende Teilzeitvereinbarungen eingegriffen werden kann.

„Mit dem Urteil wurde das Ergebnis des damaligen Bildungsgipfels mit der Anweisung von Ministerpräsident Haselhoff zur Erteilung einer Vorgriffsstunde für alle Lehrkräfte ad absurdum geführt. Wir haben damals schon den als Monolog stattfindenden Bildungsgipfels kritisiert. Von der GEW Sachsen-Anhalt, dem Lehrerhauptpersonalrat und anderen Organisationen vorgelegte Vorschläge zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung wurden weder diskutiert noch aufgegriffen. Man darf nicht vergessen, dass der derzeitige Lehrkräftemangel auf politische Entscheidungen in der Vergangenheit zurückzuführen ist,“ sagt die GEW-Landesvorsitzende Eva Gerth (Foto).

Nun geht es darum, dass die Landesregierung nicht die Reihe der Fehlentscheidungen fortsetzt, sondern alles dafür tut, den Beruf hierzulande wieder attraktiv zu machen. Dafür bietet die GEW konstruktive Gespräche zur Bewältigung des Lehrkräftemangels und zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung an. Diese Bereitschaft signalisierte die GEW Sachsen-Anhalt der Gegenseite nach der Urteilsverkündung.

Jetzt ist die Landesregierung aufgefordert, die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte durch Entlastung und Entbürokratisierung weiter zu verbessern und vor allem auch für die älteren Lehrkräfte bessere Bedingungen zu schaffen.

Hintergrund:

Am 4. September wurde am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Verfahren der GEW Sachsen-Anhalt verhandelt, in dem es um sogenannte Vorgriffsstunden geht – eine Regelung, nach der alle Lehrkräfte wöchentlich eine Unterrichtsstunde mehr unterrichten müssen. Diese mehr gearbeiteten Stunden können sich die Lehrkräfte entweder auszahlen lassen oder zu einem späteren Zeitpunkt, frühestens ab dem Schuljahr 2033/2034, wieder abgelten. Die geplanten Regelungen zum zeitlichen Ausgleich wurden allerdings erst Ende August 2025, ein Jahr nach Inkrafttreten der Vorgriffsstunden-Regelung, veröffentlicht. Aufgrund des auch in anderen Bundesländern existierenden Lehrkräftemangels wurde der Ausgang des Verfahrens bundesweit mit Spannung erwartet. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Text/Foto: GEW Sachsen-Anhalt am 05. September 2025