Die duale Berufsausbildung bleibt ein Erfolgsmodell: 71,6 Prozent der Auszubildenden sind mit ihrer Ausbildung zufrieden. Doch nur ein Teil der Azubis nimmt die Angebote der Arbeitsagenturen und der schulischen Berufsorientierung als hilfreich wahr – wichtigste Unterstützerinnen bei der Ausbildungsplatzsuche sind Freundinnen und Familie. Dies sind nur einige Ergebnisse des neuen Ausbildungsreports der DGB-Jugend, der heute in Berlin vorgestellt wurde.
Ausbildungslosigkeit: dringender Handlungsbedarf
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack (Foto) verwies auf den dringenden Handlungsbedarf beim Thema Ausbildungslosigkeit: „Während die Wirtschaft zunehmend ĂĽber fehlende Fachkräfte klagt, haben gleichzeitig knapp 3 Millionen junge Menschen in unserem Land keinen Berufsabschluss. Das passt nicht zusammen. Politik und Arbeitgeber mĂĽssen endlich massiv gegensteuern. Wir brauchen eine verbesserte Ausbildungsgarantie, die ĂĽberall im Land greift. Wir brauchen wieder mehr Arbeitgeber, die ausbilden und die allen jungen Menschen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz geben. Wird das Problem der Ausbildungslosigkeit nicht gelöst, droht sich ein neues Prekariat zu verfestigen – das kann und darf sich unsere Gesellschaft nicht leisten. Ohne Berufsabschluss droht den jungen Menschen deutlich häufiger ein Leben in Armut, mit längeren Phasen von Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung.“
Positive Entwicklung bei Kernproblemen
Die Qualität der Ausbildung hat sich in wichtigen Bereichen verbessert. Der Anteil der Auszubildenden, die regelmäßig Überstunden leisten müssen, ist zurückgegangen – liegt aber mit 32,3 Prozent noch immer auf einem bedenklich hohen Niveau. Besonders betroffen sind Köche und Köchinnen (50,6 Prozent), Automobilkaufleute (49,1 Prozent) und Bankkaufleute (45,8 Prozent).
Auch bei den ausbildungsfremden Tätigkeiten gibt es trotz minimaler Fortschritte weiterhin Probleme: 14,7 Prozent der Befragten müssen immer oder häufig Aufgaben übernehmen, die nichts mit ihrer Ausbildung zu tun haben – wie Kaffee kochen oder Putzen.
DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker warnt: „FĂĽr die Azubis heiĂźt das ganz einfach, dass ihnen Zeit fĂĽr die eigentlichen Ausbildungsinhalte fehlt. Dies gefährdet ihren erfolgreichen Ausbildungsabschluss.“
GroĂźe Unterschiede zwischen den Ausbildungsberufen
Die Zufriedenheit variiert stark je nach Ausbildungsberuf: Während ĂĽber 80 Prozent der angehenden Steuerfachangestellten, Elektroniker fĂĽr Betriebstechnik, Mechatroniker, Bankkaufleute und Verwaltungsfachangestellten sehr zufrieden sind, trifft dies nur auf etwa 60 Prozent der Hotelfachleute und Friseure zu. Kristof Becker betont: „Auch wenn die Arbeitgeber in manchen Branchen mehr fĂĽr gute Ausbildungsbedingungen tun mĂĽssen – die duale Berufsausbildung ist und bleibt insgesamt ein Erfolgsmodell. Die Entscheidung fĂĽr eine Ausbildung ist ein guter Schritt ins Erwerbsleben.“
Wachsende Unsicherheit ĂĽber die eigene Zukunft
Beunruhigend ist die gestiegene Unsicherheit über die eigene berufliche Perspektive: 41,5 Prozent der Auszubildenden im letzten Ausbildungsjahr wissen nicht, ob sie übernommen werden – ein dramatischer Anstieg um 7 Prozentpunkte. Besonders betroffen sind Hotelfachleute und Verkäufer*innen.
UnterstĂĽtzung bei der Berufswahl
Der diesjährige Schwerpunkt des Ausbildungsreports zeigt Defizite bei der Berufsorientierung auf: Familie und Freunde sind die wichtigsten Helfer bei der Ausbildungsplatzsuche. Die Angebote der Arbeitsagenturen und die schulische Berufsorientierung werden deutlich seltener als hilfreich wahrgenommen.
Bei der Betriebswahl sind den Jugendlichen vor allem wichtig:
- Gute Erreichbarkeit des Betriebs
- Positives Arbeitsklima
- Faire Arbeitszeiten
- Angemessene AusbildungsvergĂĽtung
Finanzielle HĂĽrden werden zum Problem
Die Studie zeigt zudem finanzielle HĂĽrden im Zugang in eine Ausbildung auf:
- 62,8 Prozent der Auszubildenden haben Probleme, von ihrer Vergütung selbstständig zu leben (Anstieg um 6 Prozentpunkte seit 2020).
- 31,9 Prozent sind auf finanzielle UnterstĂĽtzung der Eltern angewiesen.
- 12,7 Prozent mĂĽssen neben der Ausbildung noch jobben.
„Wenn Ausbildung zu etwas wird, was sich junge Menschen erst ‚leisten können‘ mĂĽssen, ist das nicht nur Ausdruck mangelnder Wertschätzung – es steht auch unseren BemĂĽhungen entgegen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen“, kritisiert Bundesjugendsekretär Kristof Becker.
Die DGB-Jugend fordert die gesetzliche MindestausbildungsvergĂĽtung auĂźerplanmäßig auf 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen AusbildungsvergĂĽtung zu erhöhen. FĂĽr Auszubildende, die 2025 ihre Ausbildung beginnen, hieĂźe das mindestens 834 Euro – statt aktuell nur 682 Euro brutto.
Zur Studie:
Die repräsentative Befragung wurde von September 2024 bis April 2025 durchgeführt. 9.090 Auszubildende aus den 25 laut Bundesinstitut für Berufsbildung am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen nahmen teil.
Quelle: Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand am 21. August 2025
Foto: Elke Hannack (c) DGB/Simone M. Neumann