Halle (ots) – Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt vor Rechtsextremismus in Deutschland. „Rechtsextreme Netzwerke in Deutschland liegen zum Teil kaum noch im Verborgenen. Ihr Denken und ihre Sprache reichen bis in die Mitte unserer Gesellschaft. Sie finden ihr Abbild in der AfD, die diese Ideologie in unsere Parlamente trägt“, schreibt Schuster in einem Gastbeitrag fĂĽr die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Mittwochausgabe) anlässlich des fĂĽnften Jahrestages des antisemitischen und rassistischen Anschlags von Halle. Der Erfolg der AfD bei der ThĂĽringer Landtagswahl habe „historische AusmaĂźe“, so Schuster weiter. „Deutschland taumelt wie ein angeschlagener Boxer. Wieviel Wirkung der Treffer der ostdeutschen Landtagswahlen zeitigen wird, ist noch nicht abzusehen“, so der Zentralratspräsident. Die islamistische Bedrohung dĂĽrfe nicht rechtsextreme Positionen stärken. „Es braucht eine eindeutige Haltung der Politik gegen Angriffe auf unsere Freiheit“, fordert Schuster.
Der „Wall gegen Extremismus“ in Deutschland sei brĂĽchiger geworden, so Schuster weiter. „Wir reden ĂĽber die gleiche Gesellschaft, die nach dem Hamas-Ăśberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 in Teilen nicht in der Lage ist, solidarisch mit Juden in Deutschland zu sein. JĂĽdisches Leben zieht sich zurĂĽck. Das darf in einer offenen Gesellschaft nicht sein.“ Das zeige, wie wichtig das öffentliche Gedenken sei, das am fĂĽnften Jahrestag des Anschlags in Halle an diesem Mittwoch stattfindet. „In Erinnerung an diesen Tag werden wir uns noch stärker als bisher einsetzen fĂĽr den Respekt vor den verschiedenen Religionen, fĂĽr den Respekt vor unterschiedlicher Herkunft. Aus Halle geht ein Zeichen der MenschenwĂĽrde ins Land. Es sollte selbstverständlich sein, immer“, so Schuster.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist aus Sachsen-Anhalt versucht, die Synagoge in Halle zu stürmen. Der mit einem Gewehr und Granaten bewaffnete Mann wollte die dort am Feiertag Jom Kippur betenden, etwa 50 Gläubigen angreifen. Er scheiterte an der gesicherten Tür der Synagoge und erschoss anschließend zwei Passanten und verletzte auf seiner Flucht weitere Menschen. 2020 wurde er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. An diesem Mittwoch findet in Halle anlässlich des Jahrestags des antisemitischen und rassistischen Anschlags eine Gedenkstunde mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Halle statt.
Foto: Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland (c) Kolpingwerk Deutschland/Daniel Karmann