Magdeburg. Bei der Neugestaltung der Leistungen fĂŒr Menschen mit Behinderungen setzt das Land auf einen Paradigmenwechsel. DafĂŒr verhandelt Sachsen-Anhalt mit den Leistungserbringern einen neuen Landesrahmenvertrag ĂŒber die Eingliederungshilfe als gesetzlich geregelte Leistung, der ab dem 01.01.2025 in Kraft treten soll. Sollte es nicht zu dem Abschluss eines neuen Rahmenvertrags kommen, wird die Landesregierung deren Inhalte per Rechtsverordnung regeln. Die Leistungs- und VergĂŒtungsvereinbarungen gelten bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen fort. Die Umstellung auf das neue System soll durch eine Ăbergangsregelung unterstĂŒtzt werden. âMenschen mit Behinderungen sind vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft mit Talenten und FĂ€higkeiten. Sie haben das Recht auf volle Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Wir wollen bei der Eingliederungshilfe von einem einrichtungsbezogenen Denken abrĂŒcken und den Menschen mit Behinderung stĂ€rker in den Mittelpunkt stellenâ, sagt Sozialministerin Petra Grimm-Benne (Foto).
Die KĂŒndigung des aktuellen Landesrahmenvertrages zum Jahresende wird die bedarfsgerechte GewĂ€hrung der Leistungen fĂŒr Menschen mit Behinderung nicht einschrĂ€nken. âWir sind mitten in den Verhandlungen. Selbst wenn trotz der wöchentlichen Verhandlungsrunden am Jahresende kein neuer Landesrahmenvertrag stehen sollte, laufen die Leistungsvereinbarungen weiter. Ein Sozialabbau zu Lasten der Menschen mit Behinderung ist nicht zu befĂŒrchtenâ, betonte Ministerin Grimm-Benne. VorwĂŒrfe, einen Sparkurs zu Lasten der Eingliederungshilfe zu fahren, können dahingehend entkrĂ€ftet werden, dass die Haushaltsmittel stetig gestiegen sind: WĂ€hrend die Ausgaben des Landes in diesem Bereich im Jahr 2021 rund 572 Millionen Euro betrugen, sind 2025 711 Millionen Euro und 2026 723 Millionen Euro eingeplant.
Die WerkstĂ€tten bieten fĂŒr viele Menschen eine Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die begonnene Reform des Werkstattsystems muss weiter vorangehen. Es bedarf weiterer Schritte zur inklusiven Gestaltung des allgemeinen Arbeitsmarktes. Ziel eines neuen Rahmenvertrages ist es, eine maĂgeschneiderte UnterstĂŒtzung fĂŒr Menschen mit Behinderungen zu stĂ€rken, damit sie auf dem ersten Arbeitsmarkt besser FuĂ fassen können. âDas pauschale Vorhalten von Leistungen und Angeboten ist weder zeit- noch gesetzeskonform. Die Leistungen mĂŒssen noch stĂ€rker auf die individuellen Bedarfe ausgerichtet werden. Wir haben im Land groĂen Nachholbedarfâ, sagt Grimm-Benne mit Blick auf eine schleppende Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und des Bundesteilhabegesetzes in Sachsen-Anhalt.
Sachsen-Anhalt hat die höchste Dichte an stationĂ€ren Einrichtungen fĂŒr Menschen mit Behinderungen und eine vergleichsweise geringe Ambulantisierungsquote. Zum 31.12.2022 waren im Land 8,4 leistungsberechtigte Personen pro 1.000 Einwohner in einer Werkstatt fĂŒr behinderte Menschen beschĂ€ftigt, im Bundesdurchschnitt waren es 5,2.
In der sozialen Teilhabe sollen benötigte Leistungen fĂŒr Menschen mit Behinderungen individuell ĂŒber einzelne Module wĂ€hlbar sein und ihnen die UnterstĂŒtzung zukommen lassen, die sie fĂŒr ein selbstbestimmtes Leben benötigen.
Hintergrund:
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt erhielten 2023 insgesamt 30.820 Personen Eingliederungshilfe nach dem SGB IX.
Text/Foto: Ministerium fĂŒr Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung am 23. Oktober 2024