Magdeburg gedenkt der Opfer des Pogroms von 1938 / Zentrale Gedenkveranstaltung und Kranzniederlegung am 9. November

Veröffentlicht in: Magdeburg | 0

Die Magdeburger Stadtgesellschaft erinnert gemeinschaftlich an die Novemberpogrome des Jahres 1938, den Beginn der systematischen Verfolgung jüdischer Menschen und der Zerstörung ihres Eigentums, ihrer Häuser und Synagogen vor 85 Jahren. Das diesjährige Gedenken am 9. November beginnt um 17 Uhr im Forum Gestaltung. Von dort aus gibt es einen stillen Gedenkweg zum Mahnmal der zerstörten Synagoge in der Julius-Bremer-Straße mit anschließender Kranzniederlegung.

Das Gedenken wird vom Evangelischen Kirchenkreis Magdeburg in Kooperation mit der Landeshauptstadt Magdeburg und mit reger Beteiligung der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg, der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg sowie dem Forum Gestaltung organisiert. Die beiden jüdischen Gemeinden wechseln sich jährlich mit der Stellung der Menora und der geistlichen Begleitung ab. In diesem Jahr ist die Synagogen-Gemeinde organisatorisch eingebunden.

„Die zurückliegenden Tage haben auf furchtbare Weise gezeigt, welchen Gefahren und welcher Gewalt der Staat Israel und jüdische Menschen ausgesetzt sind. Gegen Judenhass, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit müssen als Lehre aus der deutschen Geschichte auch in der Gegenwart klare Worte und Taten folgen. Gerade angesichts der Errichtung einer neuen Synagoge ist es von großer Bedeutung, den Zusammenhang zwischen Neubau und Zerstörung der Magdeburger Synagoge im Gedächtnis zu bewahren,“ betont Stephan Hoenen, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Magdeburg.

Im Rahmen des zentralen Gedenkens richtet Dr. Wolfgang Schneiß, Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus als Vertreter des Landes Gedenkworte an die Anwesenden. Auch Superintendent Stephan Hoenen sowie der Beigeordnete für Personal, Bürgerservice und Ordnung der Landeshauptstadt Magdeburg, Ronni Krug, werden Worte der Erinnerung sprechen.

Die Gedenkworte der jüdischen Gemeinden überbringen Inessa Myslitzka, Vorstandsvorsitzende der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg, und Larisa Korshevnyuk, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg. Das gesamte Zeremoniell wird durch Rabbiner Motti Waitsman von Gebeten begleitet.

Während der Andacht wird der siebenarmige Leuchter, die Menora, als Symbol für den jüdischen Glauben entzündet. Nach einer Gedenkminute brechen alle Beteiligten zu einem Gedenkweg in die Julius-Bremer-Straße auf. Am Mahnmal der zerstörten Synagoge werden Kränze niedergelegt und ein Schlusssegen gesprochen.

Magdeburger Erinnerungsorte für die Opfer des Faschismus

Mahnmal/ Relief

An der Stelle der am 9. November 1938 zerstörten Synagoge in der Julius-Bremer-Straße steht heute ein vom Magdeburger Metallgestalter Josef Bzdok 1988 errichtetes Mahnmal für die jüdischen Opfer des Naziregimes. Die Inschrift lautet: „Dem Nazi-Terror fielen 1.521 Magdeburger jüdischen Glaubens, darunter 287 unschuldige Kinder, zum Opfer.“ In unmittelbarer Nachbarschaft des Mahnmals wurde 2004 durch die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 ein Relief zur Erinnerung an die 1938 zerstörte Magdeburger Synagoge aufgestellt.

Neue Synagoge Magdeburg

Der Förderverein Neue Synagoge Magdeburg e.V. unterstützte die Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg dabei, ein neues Versammlungshaus zu bauen. Durch den Bau der neuen Synagoge erhalten die Magdeburgerinnen jüdischen Glaubens wieder ein religiöses Zentrum. Zugleich soll es ein Begegnungsort für alle Magdeburgerinnen sein, die mit dem Judentum in Verbindung oder ins Gespräch treten wollen. Im September 2019 hatte der Stadtrat der Landeshauptstadt beschlossen, dass ein Grundstück in der Julius-Bremer-Straße der Synagogen-Gemeinde für den Neubau kostenlos bereitgestellt wird. Am 10. Dezember 2023 wird das Gotteshaus eröffnet.

Mahnmal „Magda“

Seit 2001 erinnert das Mahnmal „Magda“ des Bildhauers Jörg-Tilmann Hinz in der Rothenseer Havelstraße/ Ecke Heinrichsberger Straße an eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald gleichen Namens, in der mehr als 2.000 Häftlinge – überwiegend Juden aus Ungarn – zu Tode gequält wurden. Jährlich am 27. Januar gedenken Vertreter von Stadt, Land, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Parteien und die Bundeswehr der Opfer des Nationalsozialismus.

Gedenktafel am ehemaligen Polte-Werk

In der Liebknechtstraße erinnert heute eine Gedenktafel an die über 3.000 weiblichen sowie rund 600 männlichen Häftlinge, die bis April 1945 in das damalige Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald, das Magdeburger Polte-Werk, deportiert wurden. Häftlinge, die nicht mehr bei Kräften waren, wurden zur Ermordung nach Auschwitz, Bergen-Belsen oder Ravensbrück geschickt.

Jüdische Friedhöfe

Jüdische Friedhöfe tragen auch die Bezeichnung „Guter Ort“ oder „Halle des Lebens“. Auf dem Jüdischen Friedhof im Fermersleber Weg befinden sich die Grabsteine von Moritz Rahmer, Robert Philippson und Guyla Grosz. Hier ist auch das Grab der legendären Magdeburger Zirkusfamilie Blumenfeld. Bis 1920 hatte sie das einzige feste Zirkusgebäude in Deutschland. Der jüdische Arzt Dr. Otto Schlein ist auf dem Westfriedhof beigesetzt worden. Im September 2018 wurde ein neuer Ort der Totenruhe für die jüdischen Bürger*innen Magdeburgs geweiht. Er befindet sich auf einem Teil des Friedhofs Groß Ottersleben an der Königstraße.

Stolpersteine

Am 18. März 2007 weihte Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper im Rahmen einer Gedenkstunde die ersten Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus in Magdeburg ein. Der erste der verlegten Stolpersteine ist dem früheren Magdeburger Bürgermeister Dr. Herbert Goldschmidt gewidmet. Im Oktober fand die 38. Verlegung von Stolpersteinen in Magdeburg statt. Es wurden 19 neue Gedenksteine verlegt, die an Magdeburger*innen erinnern, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Finanziert werden die Erinnerungsmale ausschließlich durch Spenden.

Quelle: Landeshauptstadt Magdeburg

Foto/pixabay