„JĂĽdisches Leben braucht sichere Orte“
Am 5. Jahrestages des Terroranschlages auf die Synagoge in Halle (Saale) sagt Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM):
„Wir stehen hier und schauen fĂĽnf Jahre zurĂĽck. Plötzlich stand ein von Judenhass vergifteter junger Mann schwer bewaffnet vor der TĂĽr und wollte am Versöhnungsfest Jom Kippur in der Synagoge morden. Jana und Kevin tötete er und die Wunde sitzt tief in der Halleschen Stadtgesellschaft. Wie dankbar waren wir damals auf der anderen Seite, dass diese TĂĽr wie ein Wunder gehalten hat. Wir hatten eine solch brutale Tat hier nicht fĂĽr möglich gehalten, das hat uns erschĂĽttert, wĂĽtende und traurig gemacht und wir haben damals als Kirchen in Sachsen-Anhalt zur Solidarität aufgerufen und ein Lichtermeer stand um die Synagoge und zeigte: Hunderte, Tausende stehen zu Euch – zur jĂĽdischen Gemeinde.
Damals dachten wir, dass das der Tiefpunkt ist. Doch heute stehen wir hier, ein Jahr nach dem Pogrom der Hamas an 1.200 Israelis, Kinder, Frauen und Alten – abgeschlachtet auf fürchterliche Weise. Und nach einem Jahr Krieg wird der Judenhass von Tag zu Tag größer in der ganzen Welt und auch in unserem Land, quer durch alle sozialen Gruppen und politischen Strömungen. Wir sehen die Bilder, die uns das Herz zerreißen und gleichzeitig sehen wir, wie antisemitische Straftaten auf einem Rekordhoch sind. Sie werden immer dreister. So wurden in Zeitz vor zwei Tagen alle Stolpersteine herausgebrochen und gestohlen.
Ziel all dieser Terrorakte ist es Angst und Unsicherheit zu schĂĽren. Wie wird es weitergehen? Es gab in den vergangenen fĂĽnf Jahren auch Zeichen der Hoffnung. Zwei neue Synagogen wurden hier in Sachsen-Anhalt eingeweiht und zeigen, JĂĽdisches Leben hat hier Zukunft.
Eine neue Torarolle wurde in Erfurt geschrieben und auch hier jetzt in Halle werden die letzten Buchstaben heute geschrieben. Gegen alle Angst und allen Hass zeigt dies deutlich, hier soll Gottes Wort gelten und die jüdische Gemeinde wird hier weiter beten und über der Tora nachsinnen und glauben. Eine Torarolle wird für eine lange Zeit geschrieben. Jüdisches Leben hier braucht sichere Orte und die Synagoge ist ein Ort der Stärkung und des Trostes in diesen wahnsinnigen Zeiten.
Als Landesbischof unserer mitteldeutschen Kirche sage ich klar und deutlich, dass wir als Kirchen fest zu den jĂĽdischen Gemeinden stehen. Genauso steht fĂĽr uns die Existenz des Staates Israels fest und wir weisen jeden Versuch zurĂĽck dies in Frage zu stellen. Wir beten fĂĽr die JĂĽdinnen und Juden hier in Mitteldeutschland. Wir beten fĂĽr die Freilassung der Geiseln und ein Ende der Gewalt in Gaza und Israel.
Die TĂĽr der Synagoge mit den Einschusslöchern ist heute ein Mahnmal und dies ist dringend nötig. Es ruft uns wach, wie diese TĂĽr gegen alle Angriffe auf das jĂĽdische Leben in unserem Land standzuhalten und zu widerstehen. Darin stärke uns Gott!“
Quelle: Evangelische Kirche in Mitteldeutschland am 9. Oktober 2024
Foto (c) epd/Jens Schulze