Jugendliche in Sachsen-Anhalt leiden in der Pandemie besonders

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  • Neuer Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit analysiert Versorgungsdaten
  • Mehr Behandlungen von Depressionen, Anpassungsstörungen und Adipositas bei 15- bis 17-JĂ€hrigen
  • Insgesamt gingen Arztbesuche, Krankenhausbehandlungen und Arzneimittelverschreibungen in 2021 weiter zurĂŒck

Magdeburg. Die Corona-Pandemie hat weiter Auswirkungen auf die Inanspruchnahme ambulanter und stationĂ€rer Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt und auf die Erstbehandlung bei verschiedenen Krankheitsbildern. Nach einer neuen Analyse der DAK-Gesundheit fĂŒr die Jahre 2018 bis 2021 gingen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und Arzneimittelverschreibungen in 2021 im Land insgesamt zurĂŒck. Die Zahlen zeigen auch, dass sich die Neuerkrankungsrate einzelner Diagnosen wie Depressionen, Essstörungen und Adipositas in bestimmten Altersgruppen unterschiedlich entwickeln.

AuffĂ€llig: Jugendliche leiden in der Pandemie besonders. Bei ihnen wurden im Vergleich zu anderen Altersgruppen hĂ€ufiger erstmals psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen festgestellt als vor der Pandemie. Auch die Neuerkrankungen von Adipositas nahmen zu. Das zeigt der aktuelle Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit fĂŒr Sachsen-Anhalt. FĂŒr die reprĂ€sentative Analyse wurden ambulante und stationĂ€re Behandlungsdaten von rund 18.500 Kindern und Jugendlichen wissenschaftlich untersucht und mit der Situation vor der Pandemie verglichen.

„Unser aktueller Report fĂŒr Sachsen-Anhalt ist ein Alarmsignal und offenbart einen dringenden Handlungsbedarf in vielen Facetten der Kinder- und Jugendgesundheit im Land“, so Steffen Meyrich, Leiter der Landesvertretung der DAK-Gesundheit in Sachsen-Anhalt. „Wir dĂŒrfen die betroffenen Jugendlichen und ihre Eltern mit den Problemen nicht allein lassen. Daher bieten wir landesweit gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und JugendĂ€rzte (BVKJ) neuartige Screenings wie beispielsweise ein Mediensucht-Screening oder ein DepressionsfrĂŒherkennungs-Screening an. So können wir mögliche psychische Krankheiten frĂŒh erkennen. Zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt.“

Weniger Arztbesuche, Medikamente und Krankenhausaufenthalte

Im zweiten Corona-Jahr kamen insgesamt weniger Kinder und Jugendliche in Sachsen-Anhalts Arztpraxen und KrankenhĂ€user als vor der Pandemie. So gingen 2021 Arztbesuche um zwei Prozent und Krankenhausaufenthalte um 18 Prozent im Vergleich zu 2019 zurĂŒck. Besonders große RĂŒckgĂ€nge in der ambulanten und stationĂ€ren Versorgung gab es bei Infektionskrankheiten (minus 25 Prozent) und Atemwegserkrankungen (minus zwölf Prozent). 2021 bekamen auch elf Prozent weniger Kinder- und Jugendliche Arzneimittel als in der Vor-Corona-Zeit verschrieben. So sank beispielsweise die Zahl der verordneten Antibiotika um 39 Prozent.

Besonderheit psychische und Verhaltensstörungen

Insgesamt gingen die Behandlungszahlen von psychischen Erkrankungen in Sachsen-Anhalt um vier Prozent zurĂŒck. Betrachtet man die einzelnen Diagnosen in den verschiedenen Altersgruppen, zeigt der Report ein differenziertes Bild: Nahmen die FĂ€lle von Neuerkrankungen bei jĂŒngeren Kindern ĂŒberwiegend ab, zeigen die Daten teilweise erhebliche Steigerungen bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren. So stiegen in dieser Altersgruppe 2021 im Vergleich zu 2019 die Neuerkrankungen von Anpassungsstörungen um 29 Prozent auf 31 FĂ€lle je 1.000 Versicherte, emotionale Störungen um 41 Prozent auf 17 FĂ€lle und Depressionen um 35 Prozent auf rund 24 FĂ€lle je 1.000 Jugendliche. Bei den Grundschulkindern im Alter von fĂŒnf bis neun Jahren wurden im Jahr 2021 Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache am hĂ€ufigsten festgestellt.

Mit 50 FĂ€llen je 1.000 Kindern sind die Neuerkrankungen jedoch um zwei Prozent gegenĂŒber 2019 gesunken. Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend stiegen um zwei Prozent und wurden 2021 erstmalig bei mehr als 36 Kindern je 1.000 festgestellt. Der grĂ¶ĂŸte prozentuale Anstieg unter den hĂ€ufigsten psychischen Erkrankungen wurde in dieser Altersgruppe der FĂŒnf- bis NeunjĂ€hrigen bei Phobien festgestellt. Hier gab es einen Anstieg um 73 Prozent im Vergleich zu 2019 auf rund 20 FĂ€lle je 1.000. Bei Schulkindern im Alter von zehn bis 14 Jahren wurde die Diagnose Anpassungsstörungen am hĂ€ufigsten erstmalig gestellt. (rund 19 FĂ€lle je 1.000).

Adipositas-Anstieg bei Grundschulkindern und Jugendlichen

AuffĂ€llig sind auch die Entwicklung der Zahlen von Adipositas-Neuerkrankungen. Den höchsten Anstieg verzeichnet der Report bei den mĂ€nnlichen Grundschulkindern. In der Altersgruppe der fĂŒnf- bis neunjĂ€hrigen Jungen nahmen die Behandlungen 2021 um 93 Prozent gegenĂŒber 2019 auf 28 FĂ€lle je 1.000 Kindern zu. MĂ€dchen sind in diesem Alter weit weniger betroffen. Hier gab es einen RĂŒckgang um sechs Prozent auf rund 18 FĂ€lle. Bei den Ă€lteren Schulkindern zwischen zehn und 14 Jahren gab es zwar sinkende Zahlen (minus 13 Prozent), jedoch auf hohem Niveau (28 FĂ€lle je 1.000 Kinder). Ebenfalls stark betroffen sind seit Beginn der Pandemie Jugendliche. Bei den mĂ€nnlichen 15- bis 17-jĂ€hrigen stieg die Anzahl erstmalig Ă€rztlich behandelter Adipositas-FĂ€lle um 64 Prozent im Vergleich zu 2019 auf mittlerweile rund 24 FĂ€lle je 1.000. Bei den MĂ€dchen gab es noch einmal einen Anstieg um 27 Prozent auf 25 FĂ€lle.

FĂŒr Steffen Meyrich sind Bewegungsmangel und falsche ErnĂ€hrung verantwortlich fĂŒr diese Entwicklung. „Die Anzahl der Adipositas-Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist beunruhigend. Adipositas gilt als der grĂ¶ĂŸte Risikofaktor fĂŒr eine Reihe von chronischen Krankheiten, wie Herzkreislauferkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes Mellitus Typ II. Bewegung ist hier das wichtigste PrĂ€ventionsinstrument“, so Meyrich. „Im nahenden Corona-Winter darf es daher keine EinschrĂ€nkungen der Sportmöglichkeiten in Schule und Vereinen geben. Auch Sporthallen mĂŒssen zwingend geöffnet bleiben.“ Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Heranwachsenden mindestens 60 Minuten aktive Bewegungszeit pro Tag.

FĂŒr den Kinder- und Jugendreport untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vandage und der UniversitĂ€t Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 18.500 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Sachsen-Anhalt versichert sind. Analysiert wurden die Jahre 2018 bis 2021. Beispielsweise flossen 2021 89.000 Arztbesuche, 102.000 Arzneimittelverschreibungen und 3.000 Krankenhausaufenthalte in die Analyse ein.

Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrĂ¶ĂŸte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders fĂŒr Kinder- und Jugendgesundheit. Insgesamt sind bei der Krankenkasse in Sachsen-Anhalt rund 115.000 Menschen versichert.

Foto (c) DAK-Gesundheit