Magdeburg. Wiederkehrende Geschwüre und eine lebensbedrohliche Situation: Ein junger Mann hat sich während eines Boxkampfes in Thailand eine bakterielle Infektion zugezogen. „Nahkampf bedeutet enger Körperkontakt und eine höhere Wahrscheinlichkeit für Infektionen“, erklärt Dr. Thomas Reichel, Oberarzt und Infektiologe im Klinikum Magdeburg. „Einige Bakterien, die bei uns in der Region weitgehend harmlos sind, haben durch Mutation woanders sozusagen ein ganz anderes Arsenal zur Verfügung.“ Vier Wochen nach seiner Infektion kam der junge Mann ins Krankenhaus und verhinderte so den Verlust seines rechten Armes.
Der Patient hatte sich im Urlaub zudem zwei Tattoos stechen lassen. Bevor diese verheilt waren, stand er wieder im Ring und hatte sich während des Kampfes weitere Wunden zugezogen. In den ersten Wochen zurück in Deutschland fühlte er sich dann immer schlechter, ging allerdings erst in Woche vier zum Arzt. „Wir beobachten das leider häufig, dass junge Männer zwischen 20 und 40 Jahren Arztgänge meiden oder stark hinauszögern. Das hat mitunter fatale Folgen“, so Dr. Reichel.
Die Geschwüre, je etwa zwei bis 2,5 Zentimeter groß, wurden mittels Skalpell und einem scharfem Löffel ausgeschabt. Die bakterielle Infektion sorgte allerdings dafür, dass die Geschwüre zurückkamen. „Staphylococcus aureus, so heißt das Bakterium, wandert mit der Zeit typischerweise ins Blut, kann dann die Wirbelsäule oder die Herzklappen befallen. Außerdem kann die Hautinfektion im Extremfall zum Verlust von Gliedmaßen führen“, so Dr. Reichel. „Die Infektion beschränkte sich hier aber auf die obersten Hautschichten, also Muskeln, Faszien und Knochen wurden zum Glück zu dem Zeitpunkt, als wir Infektiologen den Patienten untersuchten, noch nicht angegriffen.“
Staphylococcus aureus ist ein Bakterium, das wir alle auf unserem Körper haben, z.B. in der Nasenhöhle oder auf Haut. Es hat sich sozusagen an ein Leben auf uns gewöhnt. Aber in der beliebten Urlaubsregion Koh Samui ist der PVL-Stamm relativ weit verbreitet. Das heißt, das Bakterium setzt ein Toxin ab, das oftmals schlecht bis gar nicht auf Antibiotika anspricht, die körpereigene Immunabwehr umgeht und daher eine sehr lange Behandlung benötigt. „In diesem Fall war das Bakterium zum Glück sensibel für Antibiotika“, so Dr. Reichel. Daher folgte nach der erneuten chirurgischen Versorgung der Geschwüre eine wochenlange Antibiotika-Therapie und eine engmaschige Nachbehandlung.
Mittlerweile ist der Patient wieder vollständig genesen. Ob er bald wieder nach Thailand zum Kickboxen dürfe, hat der 25-Jährige bei seiner abschließenden Untersuchung gefragt. „Ich habe ihm gesagt, dass nichts dagegenspricht“, so Dr. Reichel. „Sofern er sich, falls es ihm das nächste Mal wieder schlecht gehen sollte, schneller bei einem Arzt vorstellt.“
Foto: Infektiologen-Team im Klinikum Magdeburg: Oberarzt Dr. Thomas Reichel, Oberärztin Anna Schaffranke. (Bildnachweis: Klinikum Magdeburg)