Deutlich mehr Suizide: Gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe wichtiger denn je

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Die Zahl der Suizide in Deutschland ist erstmals seit Langem wieder deutlich angestiegen. Auch assistierte Suizide nehmen zu. Die DGPPN wiederholt vor diesem Hintergrund ihre Forderung nach einer gesetzlichen Regelung der Suizidassistenz: Ein Gesetz muss sicherstellen, dass Suizidbeihilfe ausschließlich Menschen angeboten wird, die diese Entscheidung aus freiem Willen getroffen haben. Menschen, deren freier Wille eingeschränkt ist – zum Beispiel aufgrund einer psychischen Erkrankung – müssen vor diesem unumkehrbaren Schritt geschützt werden.

Laut einer Übersicht des Nationalen Suizidpräventionsprogramms und der Deutschen Akademie für Suizidprävention haben sich 2022 fast 10 Prozent mehr Menschen das Leben genommen als im Vorjahr. 10.119 Menschen starben durch Suizid. Zum ersten Mal seit 2015 ist diese Zahl fünfstellig. Auch die Zahl der assistierten Suizide stieg an: Aktuelle Forschungsdaten zeigen am Beispiel Münchens, dass sie sich von 2020 bis 2022 annähernd vervierfacht hat. Fast in allen Fällen wurde die Beihilfe durch Sterbehilfeorganisationen geleistet.

„Die Daten legen nahe, dass der Anstieg der Suizide in Deutschland zumindest teilweise auf assistierte Suizide zurückzuführen ist“, sagt Prof. Dr. Thomas Pollmächer, Past President und Vorsitzender der Kommission „Ethik und Recht“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). „Besonders beunruhigend: In keinem der in München analysierten Fälle wurden Fachärzte oder Fachärztinnen für Psychiatrie hinzugezogen – nicht einmal bei Betroffenen, die psychisch erkrankt waren oder bereits zuvor versucht hatten, sich das Leben zu nehmen. Aus unserer Sicht ist das ein unhaltbarerer Zustand.“

Die DGPPN fordert deshalb nachdrücklich eine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe und wiederholt die Forderung nach einem legislativen Schutzkonzept. „Ein Gesetz zum assistierten Suizid muss sicherstellen, dass die Selbstbestimmungsfähigkeit der Betroffenen nicht durch eine psychische Erkrankung oder äußere Faktoren beeinträchtigt ist“, erläutert Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Präsident der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft DGPPN. „Die Freiverantwortlichkeit der Entscheidung muss unbedingt kompetent beurteilt werden. Betroffene, deren Freiverantwortlichkeit eingeschränkt ist, müssen unverzüglich angemessene Hilfsangebote bekommen.“

Menschen mit psychischen Erkrankungen sind besonders durch Suizid gefährdet. Bis zu 90 Prozent aller Suizide stehen im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung. Suizid und Suizidprävention sind deshalb zentrale Themen der Psychiatrie und Psychotherapie. Seit das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 26. Februar 2020 die bis dahin geltende Regelung zur Suizidbeihilfe gekippt hat, engagiert sich die DGPPN dafür, dass der assistierte Suizid gesetzlich geregelt wird und insbesondere Menschen mit psychischen Erkrankungen ausreichend geschützt werden.

Quelle: Deutsche Gesellschaft fĂĽr Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.

Symbolfoto verzweifelte Frau / pixabay