In einem möglichen Konflikt mit China drohen in Deutschland VersorgungslĂŒcken bei einer Reihe kritischer Medikamente, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Kooperation mit drei Partnern. Auch bei den Pharma-Patenten wird China immer wichtiger.
Deutschland ist bei einer groĂen Zahl wichtiger Medikamente von chinesischen Importen abhĂ€ngig. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag des Branchenverbands Pro Generika. Die Forscher haben unter anderem untersucht, welche Folgen ein Ausfall chinesischer Hersteller fĂŒr unsere Versorgung hĂ€tte.
Bei 20 der 56 untersuchten versorgungsrelevanten Wirkstoffen besteht ein âhohes KapazitĂ€tsrisiko“ â das heiĂt, mindestens ein Drittel der gesamten ProduktionskapazitĂ€ten wĂŒrde bei einem chinesischen Lieferstopp potenziell wegfallen. KĂ€me es so weit, könnten hierzulande jĂ€hrlich bis zu 42 Millionen Packungseinheiten wegfallen.
Wo die AbhÀngigkeit besonders groà ist
Besonders groà ist die AbhÀngigkeit bei Schmerzmitteln, Antibiotika und Diabetes-Medikamenten:
- Bei Metamizol, einem der meistverordneten Schmerzmittel in Deutschland, liegen ĂŒber 80 Prozent der gesamten ProduktionskapazitĂ€ten in China. Â
- Auch bei den Antibiotika Amoxicillin oder Clindamycin, die in Deutschland besonders hĂ€ufig verschrieben werden, ist der Anteil der chinesischen Wirkstoffproduzenten hoch. Â
- Bei dem weit verbreiteten Antidiabetikum Metformin zeigt sich unsere AbhĂ€ngigkeit von China weniger bei dem Wirkstoff selbst, sondern bei dem fĂŒr dessen Herstellung benötigten Vorprodukt Dicyandiamid â 80 Prozent dieses Vorprodukts stammt aus China.Â
Eine wachsende Rolle spielt China auch fĂŒr die Produktion der in Deutschland ansĂ€ssigen Pharmaindustrie, vor allem als Zulieferer chemischer Vorleistungen: Ihr Importwert aus China hat sich seit 2010 fast versiebenfacht, auf mittlerweile 352 Millionen Euro. Damit ist das Land nach den Niederlanden der zweitwichtigste Lieferant in diesem Bereich.
Immer mehr Patente aus China
Dass China seine Rolle im globalen Pharmamarkt auch als Innovationsmotor sieht, zeigt ein Blick auf die Patentanmeldungen im Pharmabereich: Im Jahr 2000 kam nur eine von 1.000 Patentanmeldungen aus China. 2021 war es schon knapp jede achte â Platz 2 hinter den USA. Der Anteil Deutschlands an den Patentanmeldungen der globalen Branchen hat sich im gleichen Zeitraum dagegen nahezu halbiert.
âIn einem lĂ€nger andauernden Konfliktfall mit China wĂ€re unsere Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten aktuell gefĂ€hrdet“, sagt IW-Pharmaexpertin Jasmina Kirchhoff (Foto). Es braucht die gezielte StĂ€rkung eigener ProduktionskapazitĂ€ten in Europa, die Förderung der Diversifizierung von Bezugsquellen fĂŒr Wirkstoffe und Vorprodukte, sowie die StĂ€rkung der eigenen Innovationskraft. Aber Resilienz hat ihren Preis: âSolange wir kritische Medikamente strikt nach dem gĂŒnstigsten Preis beschaffen, dĂŒrfen wir uns nicht wundern, wenn am Ende nur chinesische Hersteller ĂŒbrig bleiben“, so Kirchhoff.
Text/Foto: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. am 20. Oktober 2025