Unmedizinisch und unethisch: Patientenversorgung durch kostenlose Bürgertests

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Laut der heute öffentlich gewordenen ‚Herbststrategie‘ plant der Gesundheitsminister kostenlose Bürgertests zukünftig auf bestimmte Personengruppen zu beschränken, allerdings sollen sie vor allem auch bei symptomatischen Patienten eingesetzt werden. Der Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e.V. und der Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. sind schockiert! 

Medienberichten zufolge sieht die geplante ‚Corona-Herbststrategie‘ vor, dass symptomatische Personen mit kostenlosen Bürgertests getestet werden sollen. Das konterkariert die richtige Einschätzung des Ministers, dass bei rechtzeitigem Einsatz antiviraler Medikamente Menschenleben gerettet werden könnten! 

Zum Hintergrund: Mittlerweile stehen gut wirksame Medikamente zur COVID-19-Behandlung zur Verfügung, deren Wirksamkeit jedoch von einem möglichst frühen Therapiebeginn abhängt. Der Einsatz dieser Medikamente richtet sich nur zum Teil nach der Schwere der Symptomatik, sondern vor allem auch nach dem Vorliegen von Risikofaktoren, die einen schweren Krankheitsverlauf begünstigen könnten. Wer davon profitiert, müssen also eine Ärztin oder ein Arzt unverzüglich feststellen. Die Testung symptomatischer Patienten in nichtärztlichen Testzentren würde den Einsatz dieser Medikamente unnötig verzögern und dadurch gerade die Menschenleben gefährden, die gemäß der Strategie gerettet werden sollen.

Darüber hinaus heißt es in der ‚Herbststrategie‘: „Eine gut erreichbare Test-Infrastruktur – auch in Apotheken – soll aufrecht erhalten bleiben; die Preise für Antigen-Schnelltests und für PCR-Tests sollen abgesenkt werden, die Gesamtkosten sollen um etwa die Hälfte reduziert werden. Durch mehr Kontrollen soll Betrug zurückgedrängt werden.“ In ärztlichen Laboren, die auf Überweisung von Fachärzten hin testen, ist diese Infrastruktur vorhanden, der teure Aufbau von Parallelstrukturen ist nicht erforderlich und in der vorgesehenen Zeit bis zur Novelle der Testverordnung Ende Juni 2022 ohnehin nicht möglich.

„Wir als Fachärztinnen und Fachärzte können nur davor warnen, diese Strategie zu verfolgen“, sagt Dr. Daniela Huzly, Bundesvorsitzende des Berufsverbands der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie e.V. „Symptomatische Personen gehören ausschließlich in die Obhut qualifizierter Ärztinnen und Ärzte. Alles andere wäre eine schlechte Patientenversorgung und muss der Öffentlichkeit so auch deutlich gemacht werden!“

Die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e.V.) bekräftigen erneut, dass anlasslose Bürgertests im Pandemiemanagement keine Rolle mehr spielen. „Nichtärztlich geführte Testzentren sind auch nicht die richtige Anlaufstelle für Personen mit Symptomen. Warum der Bundesgesundheitsminister hier die klaren Botschaften des eigenen Expert*innenrates ignoriert, ist nicht mehr nachvollziehbar“, so der Vorsitzende des Berufsverbandes der Akkreditierten Labore in der Medizin, Dr. Michael Müller.

Text ALM e.V.

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