Der Markt der sogenannten Life-Coaches wĂ€chst seit Jahren rasant. Angesichts mangelnder Psychotherapie-PlĂ€tze und zunehmender Unsicherheiten suchen Menschen auch verstĂ€rkt Hilfe bei privaten Coaching-Anbietern. Jetzt warnt die Sekten-Info NRW davor, dass nicht alle dieser Coaches ausreichend qualifiziert seien: „Das ist eine Entwicklung, die wir hier auch mit Sorge beobachten“, so Uta Bange, psychologische Beraterin und Referentin beim Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V. gegenĂŒber dem NDR. „Viele Coaches haben gar keine richtige Coaching-Ausbildung und schon gar keine psychologische therapeutische Ausbildung.“ Trotzdem wĂŒrden sie psychologische Methoden anwenden, bei denen die Hilfesuchenden an ihre Grenzen gefĂŒhrt werden. „Das kann im Einzelfall auch zu einer psychischen Destabilisierung fĂŒhren. Und dann ist das schon sehr fahrlĂ€ssig“, sagt Bange.
Auf einen Therapieplatz warten Menschen laut einer Studie der UniversitĂ€t Mainz im Schnitt mehr als fĂŒnf Monate. Zur Nachfrage an Coaches gibt es keine verlĂ€sslichen Zahlen. Allerdings hat das Interesse nach Life Coaches in diesem Jahr bei den Google-Suchanfragen in Deutschland einen erheblichen Zuwachs verzeichnet. Wie der Konzern auf Anfrage mitteilt, stieg der Wert in den vergangenen fĂŒnf Jahren um insgesamt 50 Prozent. Dies verleitet offenbar auch vermehrt unqualifizierte oder gar unseriöse Anbieter.
Mitunter seien bei unseriösen Life Coaches Ă€hnliche Strukturen wie bei Sekten festzustellen, so die Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V. Im Netz zum Beispiel kursieren Videos von Veranstaltungen mit Tausenden von Menschen, die völlig euphorisiert seien. „Das fĂŒhrt dann wiederum dazu, dass sie Seminare besuchen“, so Uta Bange. Die Psychologin hat beobachtet, dass Life-Coaches ihre Klienten so stark binden können, dass man von einem AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis sprechen mĂŒsse. „Dann macht man noch mal ein paar Jahre weiter oder investiert noch mehr Geld. Da kann man wirklich sagen das ist wie bei anderen SĂŒchten auch, wie bei Drogen“, so Bange. Kosten fĂŒr die Seminare wĂŒrden sich in manchen FĂ€llen auf bis zu 100.000 Euro summieren.
Trotz der starken VerĂ€nderungen auf dem ungeregelten Markt gibt es politisch derzeit kein erkennbares Interesse an dem Thema. Initiativen zur Schaffung eines Verbraucherschutzgesetzes, das auch Teilnehmern von Coachingangeboten helfen sollte, scheiterten bereits 2004 im zweiten Anlauf. Bei der Bundesregierung zustĂ€ndig ist die Dokumentations- und Informationsstelle fĂŒr „sog. Sekten- und Psychogruppen“, die in den vergangenen Jahren drastisch verkleinert wurde. Von ursprĂŒnglich fĂŒnf Stellen sind heute nach NDR-Informationen nur noch 0,7 Stellen ĂŒbrig.
Mehr zum Thema bei „Reschke Fernsehen“ heute, Donnerstag, 23. November, ab 23.35 Uhr in Das Erste und in der ARD Mediathek.
Foto: Anja Reschke prĂ€sentiert im Ersten ,,Reschke Fernsehen“ (c) NDR/Thorsten Jander