Der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki hat die PrĂ€sidentenwahl in Polen knapp fĂŒr sich entschieden. GroĂe polnische Medien wie die Zeitung «Rzeczpospolita» und das Internetportal «Onet.pl» riefen ihn am frĂŒhen Morgen zum Sieger aus und stĂŒtzten sich dabei auf die AuszĂ€hlung von mehr als 99 Prozent der Stimmen durch die Wahlkommission. Der Sieg des 42-jĂ€hrigen EU-Skeptikers lĂ€sst VerĂ€nderungen am auĂen- und innenpolitischen Kurs des Nachbarlandes erwarten, das in der EuropĂ€ischen Union und der Nato eine wichtige Rolle spielt.
Auf den politisch unerfahrenen Historiker Nawrocki entfielen den Zahlen zufolge knapp 51 Prozent der Stimmen in der Stichwahl. Sein Gegenkandidat, der proeuropĂ€isch eingestellte Warschauer OberbĂŒrgermeister Rafal Trzaskowski, kam auf etwas mehr als 49 Prozent. Ein offizielles Endergebnis der Wahlkommission wird erst fĂŒr heute Abend erwartet.
Erfolgreiche Revanche der PiS
Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der rechtskonservativen PiS an, Polens gröĂter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit BrĂŒssel.
Zwar kam 2023 wieder ein Mitte-Links-BĂŒndnis an die Regierung; der frĂŒhere EU-RatsprĂ€sident Donald Tusk kehrte als MinisterprĂ€sident zurĂŒck. Doch es blieb bei einem Dauerstreit mit PrĂ€sident Andrzej Duda, der ebenfalls aus der PiS stammt und nach zehn Jahren im Amt kein weiteres Mal antreten durfte. Duda bremste Tusks ReformplĂ€ne mit seinem starken Vetorecht. Der MinisterprĂ€sident hoffte, mit dem liberal eingestellten Trzaskowski an der Staatsspitze diese Blockade aufzulösen.
VerhÀltnis zu Berlin könnte schwieriger werden
Polen ist ein wichtiger UnterstĂŒtzer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohnern sieht sich auch selbst von Moskau bedroht und rĂŒstet massiv auf. Anders als in der Slowakei, Ungarn oder RumĂ€nien gibt es in Polen keinen ernstzunehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt. In der wichtigsten auĂenpolitischen Frage, der UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine, zogen Duda und Tusk denn auch an einem Strang. Dies könnte sich mit Nawrocki Ă€ndern, der zum Beispiel gegen einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine ist.
WĂ€hrend sich mit Tusk als Regierungschef das VerhĂ€ltnis zwischen Warschau und Berlin entspannte, vertritt Nawrocki eher die Deutschland-feindliche Linie der PiS und suchte im Wahlkampf die NĂ€he zu US-PrĂ€sident Donald Trump. Er erneuerte die Forderung nach Reparationen fĂŒr die SchĂ€den, die Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat. Von der EU will sich Nawrocki, das hat er betont, fĂŒr Polen nichts vorschreiben lassen.
Wahl zeigt tiefe Spaltung Polens
Am Wahlabend sah eine erste Prognose zunĂ€chst Trzaskowski vorn, und der 53-jĂ€hrige Sozialwissenschaftler gab sich auch schon als Wahlsieger. Er gilt allerdings selbst in seinem politischen Lager als sehr weit links und war fĂŒr viele WĂ€hler in katholisch geprĂ€gten lĂ€ndlichen Regionen des Landes ein rotes Tuch.
Die ĂŒber Nacht eingehenden Einzelergebnisse belegten die tiefe politische Spaltung Polens, das in den vergangenen Jahren groĂe wirtschaftliche Erfolge erzielt hat. Trzaskowski siegte demnach in den groĂen StĂ€dten wie Warschau, Krakau und Lodz, die vom Aufschwung besonders profitiert haben. In kleineren StĂ€dten und den lĂ€ndlichen Regionen Polens lag Nawrocki vorn.
Ein Grund fĂŒr die Niederlage Trzaskowskis könnte sein, dass das liberale und linke Lager sein WĂ€hlerpotenzial nicht ausgeschöpft hat. Die Wahlbeteiligung lag mit 71,7 Prozent zwar gut drei Prozentpunkte höher als bei der vorherigen PrĂ€sidentenwahl vor fĂŒnf Jahren. Doch beim Sieg ĂŒber die PiS bei der Parlamentswahl 2023 hatte eine Rekordzahl von 74,4 Prozent der WĂ€hlerinnen und WĂ€hler ihre Stimme abgegeben.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 02. Juni 2025