Der künftige US-Präsident Donald Trump hat sich nach den Worten des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj offen für einen französischen Vorschlag gezeigt, eine westliche Friedenstruppe für die Absicherung eines möglichen Waffenstillstands mit Russland in die Ukraine zu schicken. Zugleich habe er die Frage aufgeworfen, welche Länder sich einer solchen Initiative anschließen würden – und ob die Vereinigten Staaten dabei sein würden, erklärte Selenskyj in einem vom ukrainischen Fernsehen ausgestrahlten Interview. In Paris war er im Dezember mit Trump und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zusammengetroffen, der mögliche Friedenstruppen für die Ukraine ins Spiel gebracht hatte.
Die Entsendung europäischer Truppen, um den Frieden in der Ukraine zu bewahren, dürfe aber nicht eine Zukunft der Ukraine in der Nato ausschließen, ergänzte Selenskyj in dem Interview. Der Präsident dringt auf eine Aufnahme seines Landes in das Militärbündnis. Dieses hat erklärt, dass die Ukraine zwar eines Tages beitreten werde, aber erst nach einem Ende des Krieges.
In der Unberechenbarkeit des künftigen US-Präsidenten sieht Selenskyj einen möglichen Vorteil für sein Land. «Ich halte (Trump) für stark und unberechenbar», erklärte der ukrainische Staatschef. Ich wünsche mir sehr, dass die Unberechenbarkeit von Präsident Trump sich vor allem gegen die Russische Föderation richtet.» Zugleich widersprach er dem gewählten US-Präsidenten in einem Punkt: Es sei nicht möglich, den seit 2022 andauernden Krieg an einem Tag zu beenden, wie Trump es im Wahlkampf behauptet hatte. «Die „heiße Phase“ des Krieges kann ziemlich schnell enden, wenn Trump stark in seiner Position ist», sagte Selenskyj mit Blick auf die Lage auf dem Schlachtfeld.
Trump wird am 20. Januar ins Amt eingeführt. Bisher hat er öffentlich kaum Details über seine künftige Ukraine-Politik genannt, doch lassen seine Äußerungen Zweifel daran aufkommen, ob die USA unter ihm der größte Unterstützer der Regierung in Kiew bleiben werden. Selenskyj appellierte daher zuletzt an Washington, in seiner Unterstützung nicht nachzulassen.
Der aktuelle Kriegsverlauf entwickelt sich nicht zu Gunsten der Ukraine. Russland kontrolliert rund ein Fünftel des Landes, und im vergangenen Jahr nutzten die russischen Angriffstruppen Lücken in der ukrainischen Verteidigung, um vor allem im Osten des Landes trotz hoher Verluste bei Soldaten und Ausrüstung stetig vorzurücken. Um der Lage in der Frontlinie etwas entgegenzusetzen, starteten ukrainische Einheiten im August einen Vorstoß in die russische Grenzregion Kursk. Der Einmarsch in Kursk änderte zwar kaum etwas an der Kriegsdynamik, doch nannte Selenskyj die Offensive eine «sehr starke Trumpfkarte» in künftigen Friedensverhandlungen mit Russland.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 04. Januar 2025