Mission Cosmic Kiss geht nach 175 Tagen im All zu Ende / Matthias Maurer ist zurĂŒck auf der Erde

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Der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer ist nach knapp sechs Monaten im All und 175 Tagen auf der Internationalen Raumstation ISS wieder zurĂŒck auf der Erde. Er landete am 6. Mai 2022 um 00:43 Uhr Ortszeit (06:43 Uhr MitteleuropĂ€ischer Sommerzeit, MESZ) an Bord der Dragon-Kapsel „Endurance“ mit seinen Crew-Kollegen Kayla Barron, Raja Chari und Thomas Marshburn – alle NASA-Astronauten – vor der KĂŒste Floridas im Meer. Maurer und seine NASA-Kollegen hatten die Raumstation am 5. Mai um 01:20 Uhr (07:20 Uhr MESZ) Uhr verlassen und erreichten die Erde nach einem 23,5-Stunden Flug.

Der 52-jĂ€hrige Werkstoffwissenschaftler war am 11. November 2021 als erster Deutscher an Bord einer Dragon-Raumkapsel des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX zur ISS gestartet, am 12. November begann seine erste ISS-Mission „Cosmic Kiss“mit der Ankunft auf der Raumstation. Der gebĂŒrtige SaarlĂ€nder hat mehr als 100 Experimente bei 28.000 Stundenkilometern 400 Kilometer ĂŒber der Erde im schwerelosen Raum durchgefĂŒhrt, darunter 34 aus Deutschland. Das Deutsche Zentrum fĂŒr Luft- und Raumfahrt ist auf vielfĂ€ltige Weise an „Cosmic Kiss“ beteiligt: Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR war fĂŒr die Auswahl und Koordination der Experimente und BeitrĂ€ge aus Deutschland verantwortlich. Ebenso fĂŒhrten DLR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler eigene Experimente durch. Das Columbus-Kontrollzentrum, beheimatet im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen, organisierte die Planung und Umsetzung der Experimente, die im europĂ€ischen Columbus-Modul auf der ISS stattfinden.

„Deutschland ist in der internationalen Raumfahrt ein gefragter Partner. Das Wissen und die Kompetenzen aller auf der Erde an der CosmicKiss-Mission Beteiligten haben einen großen Anteil am Erfolg des Fluges von Matthias Maurer“, betont Prof. Anke Kaysser-Pyzalla, DLR-Vorstandsvorsitzende. „Der deutsche ESA-Astronaut war an mehr als 100 Experimenten, davon 34 aus Deutschland beteiligt. Die Auswertung der Ergebnisse am Boden wird zeigen, wie reich die Ernte sein wird. Resultate der Mission werden dazu beitragen, dass wir irdische Probleme unter anderem in der Biologie, Medizin und Materialwissenschaft noch besser verstehen und damit auch lösen können.“

„Wir freuen uns, dass Matthias Maurer gesund auf der Erde zurĂŒck ist. Wir gratulieren ihm zu seiner ersten erfolgreichen ISS-Mission, die unter besonderen – auch weltpolitischen – Herausforderungen stand“, ergĂ€nzt Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. „Cosmic Kiss ist ein großer Erfolg, weil die Mission einmal mehr gezeigt hat, wie wichtig der nachhaltige Umgang mit unserem Heimatplaneten ist. Deutschland als grĂ¶ĂŸter europĂ€ischer Partner der Raumstation setzt auf Forschung fĂŒr die Zukunft – und auf friedliche internationale Zusammenarbeit.“

Mission mit Weltraumtouristen und einem Außenbordeinsatz

Matthias Maurer war als vierter Deutscher auf der Raumstation Teil der ISS-Langzeitbesatzungen 66 und 67. Er erlebte kurz nach seiner Ankunft am 15. November 2021 die Teilevakuierung der ISS, um einer potenziellen Kollision mit Teilen eines ausgedienten Satelliten zu entgehen. GlĂŒcklicherweise kam es zu keinem Zusammenstoß. Die Raumstation war in den vergangene sechs Monaten auch zweimal fĂŒr mehrerer Tage Aufenthaltsort von „Weltraumtouristen“: Im Dezember 2021 waren zum ersten Mal nach zwölf Jahren zwei Japaner fĂŒr zehn Tage auf der Raumstation, die von einem russischen Kosmonauten begleitet wurden. Im April folgte dann der zweiwöchige Aufenthalt der ersten privaten ISS-Crew des US-Unternehmens Axiom Space.

Am 23. MĂ€rz arbeitete Matthias Maurer bei einem gemeinsamen Außenbordeinsatz mit dem NASA-Astronauten Raja Chari sechs Stunden und 54 Minuten außerhalb der ISS. Schwerstarbeit: Gemeinsam installierten die beiden Astronauten neue SchlĂ€uche an einem KĂŒhlsystem, tauschten eine Kamera aus und schlossen Strom- und Datenverbindungen an die europĂ€ische Forschungsplattform Bartolomeo an. Der Außenbordeinsatz war der 441. Weltraumausstieg in der Raumfahrtgeschichte. Am 28. April nahm Matthias Maurer seine Kollegin Samantha Christoforetti in Empfang. Die Italienerin folgt dem Deutschen mit ihrer zweiten Mission „Minerva“ als ESA-Astronautin auf der ISS.

Matthias Maurer war insgesamt rund 4100 Stunden auf der Internationalen Raumstation, er hat mehr als 2700 Mal die Erde umrundet und dabei fast 2800 Sonnenauf- und SonnenuntergĂ€nge gesehen. Maurer hat sehr hĂ€ufig beim Sport den neuen EMS-Fitnessanzug getragen und auch fĂŒr das in Kooperation mit der UniversitĂ€t des Saarlandes durchgefĂŒhrte Experiment „Touching Surfaces“, wo es um die Keimverschmutzung von OberflĂ€chen geht, hat er ĂŒberdurchschnittlich viel gearbeitet. Er hat nachhaltigeren Beton in Schwerelosigkeit getestet und eine Versuchsreihe ĂŒber Biopflaster aus dem 3D-Drucker durchgefĂŒhrt. „Das Gros seiner Experimente betraf die Bereiche Materialwissenschaften, Humanphysiologie, Technologie und Nachwuchsförderung“, bilanziert DLR-Cosmic-Kiss-Missionsmanager Volker Schmid. Kinder und Jugendliche fĂŒr die Raumfahrt und insbesondere MINT-FĂ€cher zu begeistern, stand auch bei Cosmic Kiss im Fokus. Matthias Maurer ist Botschafter der Stiftung Kinderherz und hat von der ISS aus auchSchulaktionen des DLR unterstĂŒtzt.

Von der Raumstation direkt ins raumflugmedizinische Zentrum beim DLR

Der deutsche ESA-Astronaut wird am 6. Mai gegen 22:30 Uhr zurĂŒck in Deutschland erwartet: im raumfahrtmedizinischen Forschungszentrum :envihab beim DLR in Köln wird Maurer von DLR- und ESA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern empfangen und die kommenden 14 Tage rund um die Uhr betreut werden.

„Wir freuen uns, dass auch Matthias Maurer das :envihab als erste Anlaufstelle nach seiner RĂŒckkehr aus dem All beziehen wird. Es bietet ideale Bedingungen, um sich von den Monaten im Weltraum zu erholen. Unser hochspezialisiertes Team wird sich optimal um ihn kĂŒmmern und kann so zum erfolgreichen Verlauf der Cosmic Kiss-Mission beitragen“, betont Prof. Jens Jordan, Leiter des DLR-Instituts fĂŒr Luft- und Raumfahrtmedizin. Matthias Maurers „Direct Return“ ist der achte Aufenthalt europĂ€ischer Astronauten in dem raumfahrtmedizinischen Forschungszentrum des DLR: Vor ihm haben sich der Franzose Thomas Pesquet (2021 und 2017), der Italiener Luca Parmitano (2020), der Deutsche Alexander Gerst (2018 und 2014), der Brite Timothy Peake (2016) und der DĂ€ne Andreas Mogensen (2015) hier wieder an die Bedingungen auf der Erde angepasst.

Ohne Bodenkontrolle keine erfolgreiche Mission

Ob Außenbordeinsatz, wissenschaftliche Experimente oder Live-Events – wĂ€hrend Matthias Maurer auf der ISS seine Runden um die Erde drehte, stand er stets in engem Bodenkontakt mit dem Columbus-Kontrollzentrum, das im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen angesiedelt ist. Rund 50 Mitarbeitende sorgen bei allen ESA-Missionen dafĂŒr, dass das europĂ€ische Forschungslabor auf der ISS jederzeit voll einsatzfĂ€hig ist. Bei seinen vielseitigen Aufgaben standen sie Matthias Maurer rund um die Uhr zur Seite.

Columbus-Flugdirektor Stefan Neumann lobt die Zusammenarbeit mit dem deutschen ESA-Astronauten: „Es ist schön zu sehen, dass Matthias Maurer wĂ€hrend seiner Cosmic Kiss-Mission zahlreiche Versuche aus unterschiedlichsten Forschungsgebieten erfolgreich durchfĂŒhren konnte. Mit ihm zu arbeiten hat uns allen viel Freude bereitet.“

Foto: Har­te Ar­beit mit wun­der­schö­ner Aus­sicht (c) NASA/ESA-M.Maurer