GEW Sachsen-Anhalt: Enttäuschende Entscheidung im Normenkontrollverfahren zur „Vorgriffsstunde“

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Am heutigen 7. März hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg die sogenannte Vorgriffsstunde leider bestätigt. Mit großer Bestürzung haben die beiden Kläger*innen diese gerichtliche Entscheidung nach einer mündlichen Anhörung zur Kenntnis genommen. Die Beamtin und der angestellte Lehrer, die sich als GEW-Mitglieder mit der anwaltlichen Vertretung von Rechtsanwalt Thomas Neie aus Leipzig gegen die Änderung der Arbeitszeitverordnung gewehrt haben, zeigten sich mit dem Ausgang des Verfahrens enttäuscht.
„Die katastrophale Unterrichtsversorgung im Land Sachsen-Anhalt kann offensichtlich einfach dadurch beseitigt werden, dass die Unterrichtsverpflichtung aller Lehrkräfte per Dekret erhöht wird,“ so die Klägerin Anke Prellwitz. „Man muss sich nicht wundern, wenn junge Lehrkräfte nicht nach Sachsen-Anhalt kommen, angesichts der derzeitigen Beschäftigungsbedingungen hierzulande.“Damit wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte dauerhaft hoch bleiben und sich der Krankenstand der alternden Lehrerschaft weiter erhöhen. Die GEW befürchtet die weitere Fluktuation aus dem Beruf, da Lehrkräfte eben nicht dauerhaft am Limit arbeiten können.

Auch für die vielen teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte im Land Sachsen-Anhalt ist das Urteil eine Belastung.Weiter wird aus diesem Urteil deutlich, dass eine einseitige Erhöhung der Arbeitszeit offensichtlich möglich ist, ohne dass der Arbeitgeber bzw. Dienstherr der Lehrkräfte die tatsächliche Arbeitszeit ermitteln muss, um begründete Entscheidungen fällen zu können.

Eine frühere Rechtsprechung aus Niedersachsen wird damit vom Gericht nicht aufgegriffen, in der jede Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung ohne vorherige Erfassung und Entlastung der Arbeitszeit für unrecht erklärt wurde.Die Auffassung der Kläger*innen, dass mit der Einführung von Langzeitarbeitskonten, der Auszahlung von Mehrzeiten und der Möglichkeit der Erteilung von Zusatzstunden ein ausreichendes Instrumentarium für das Ministerium für Bildung bestanden hätte, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, steht aus Sicht der GEW nach wie vor.

Leider wurde heute ein Ergebnis des Bildungsgipfels, der mit der Festlegung des Ministerpräsidenten Haseloff zur Erteilung einer Vorgriffsstunde für alle Lehrkräfte ihre zentrale Forderung fand, bestätigt.Die GEW Sachsen-Anhalt fordert die Landesregierung weiterhin auf, mit ihr in Gespräche einzutreten, um die Folgen der zusätzlichen Stunde für die Beschäftigten abzumildern bzw. über die Erfassung der Arbeitszeit von Lehrkräften zu reden. Nur das wäre ein gutes Signal für die notwendigen demokratischen Prozesse bei der Bewältigung des Lehrkräftemangels in Sachsen-Anhalt.

Eine zwanghafte Erhöhung der Arbeitszeit hat Grenzen. Gerade im Zusammenhang mit dem höheren Alter vieler Lehrkräfte muss klar sein, dass deren Arbeitskräftepotential nicht unendlich ausgebeutet werden kann. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Landesregierung aufgefordert, die Arbeitsbedingungen aller Lehrkräfte durch Entlastung und Entbürokratisierung weiter zu verbessern. Es ist auch dringend notwendig, endlich die gesamte Arbeitszeit der Lehrkräfte zu erfassen.

Die GEW Sachsen-Anhalt wird selbstverständlich ihre Mitglieder bei individuellen Klagen gegen eine zu hohe Arbeitsbelastung durch die Vorgriffsstunde unterstützen.Nur wenn die Arbeitsbedingungen an den Schulen in Sachsen-Anhalt wirklich gut sind, werden sich auch mehr Bewerber*innen für einen Einstieg in das Berufsleben finden.

Anke Prellwitz und Volker Thiele
Team Rechtsschutz der GEW Sachsen-Anhalt