Erster Corona-Lockdown: Kitas und Schulen meldeten im April 2020 deutlich weniger Fälle von Kindeswohlgefährdung

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Im April 2020 gaben Kindertagesstätten und Schulen lediglich 14 Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung ab, 35 Meldungen weniger als noch im März 2020.

Wie das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt weiter mitteilt, haben sich die gemeldeten Fälle auch im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert (April 2019: 33 Fälle).

Insgesamt mussten 2020 die zuständigen Jugendämter in Sachsen-Anhalt 4 708 Gefährdungseinschätzungen durchführen – das war ein Anstieg von fast 30 % gegenüber 2019 (3 624 Überprüfungen). In 1 584 Fällen äußerte sich der Verdacht als unbegründet. Die übrigen 3 124 Gefährdungseinschätzungen mussten als Kinderschutzfälle eingeordnet werden. Das heißt, es bestand wenigstens Hilfs- oder Unterstützungsbedarf in den Familien (59,2 %), wenn nicht gar eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung (latent: 17,6 %, akut: 23,2 %).

Von den insgesamt 4 708 Gefährdungseinschätzungen kamen 489 Hinweise von Kindertagesstätten und Schulen. Das ist ein Anteil von 10,4 % unter allen Hinweisgebenden und ein Anstieg von 45 Meldungen gegenüber 2019. Zwar konnte 2020 ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr registriert werden, allerdings entsprach dieser nur einem Drittel des durchschnittlichen Anstiegs insgesamt im Jahr 2020 von 29,9 %. Ausschlaggebend scheint der starke Melderückgang im Frühjahr 2020 zu sein. Im April 2020 machten Kindertageseinrichtungen und Schulen lediglich einen Anteil von 4,9 % unter den Hinweisgebenden aus. Schul- und Kitaschließungen verbargen während des Corona-Lockdown möglicherweise Kinderschutzfälle, die üblicherweise in den Einrichtungen aufgedeckt werden wären.

Es gab Unterschiede im Jahresverlauf zwischen Kindertagesstätten und Schulen. Während die Anzahl der Meldungen von Kindeswohlgefährdungen aus Kindertagesstätten bereits im Mai 2020 das Vorjahresniveau erreichte (12 Fälle), verzögerte es sich bei den Schulen um einen weiteren Monat (Juni 2020: 25 Fälle). Ab Juli 2020 – mit Ausnahme von der Ferienzeit im August – überstiegen die Verdachtsfälle wiederum das Vorjahr deutlich (+38,6 %). Auch in den Kindertagesstätten lag die 2. Jahreshälfte 2020 durchschnittlich über den Meldungen aus dem Vorjahr (+20,0 %), allerdings weniger deutlich als bei den Schulen.

Auch bei anderen Hinweisgebenden gab es starke Schwankungen im Frühjahr 2020. Zum 1. Corona-Lockdown im April 2020 waren die Fallzahlen der Gefährdungseinschätzungen bei den meisten meldenden Stellen rückläufig gegenüber dem Vormonat. Kindertageseinrichtungen und Schulen erlebten den stärksten Rückgang (-35 Fälle), gefolgt von Nachbarn und Verwandten (-21 Fälle) sowie Polizei, Gericht und Staatsanwaltschaft (-12 Fälle). Insgesamt ging die Anzahl der Gefährdungseinschätzungen von März zu April 2020 um 21,5 % zurück.

Ein Anstieg der Meldungen wurde im April 2020 lediglich bei Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe (+15 Fälle) sowie betroffenen Familien selbst erfasst (+7 Fälle). In den Familien meldeten Elternteile oder Personensorgeberechtige den Verdachtsfall (April 2020: 22 Fälle) und auch Minderjährige selbst ergriffen die Initiative und informierten das zuständige Jugendamt (9 Fälle). Durch Hinweise von Nachbarn und Verwandten wurden erst ab dem darauffolgenden Monat mehr Gefährdungseinschätzungen durchgeführt als zu Beginn des Jahres (Mai 2020: 145 Fälle). Im Juli 2020 erreichten diese ihren Höhepunkt mit 219 gemeldeten Verdachtsfällen. Auch in der Gesamtjahresbilanz meldeten Nachbarn und Verwandte 2020 mit 1 808 Gefährdungseinschätzungen die meisten Fälle. Das ist ein Anteil von 38,4 % unter allen Hinweisgebenden und ein Anstieg von 40,4 % gegenüber 2019.

Als Gefährdungseinschätzungen oder Fälle von Kindeswohlgefährdung werden alle erfassten Eingänge bei den zuständigen Jugendämtern gezählt – ungeachtet dessen, ob wirklich eine Kindeswohlgefährdung vorlag. „Kinderschutzfälle“ beziffern wiederum nur die Untersuchungen, bei denen eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde bzw. Hilfs- und Unterstützungsbedarf in den Familien bestand.

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