AOK-Familienstudie 2022: Eltern und Kinder leiden unter deutlich höheren Belastungen

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21.12.22 (ams). Die Ergebnisse der AOK-Familienstudie 2022 liegen vor und zeigen im Vergleich zu 2018 eine Trendumkehr zum Negativen. Nicht einmal zwei Drittel der befragten Eltern bewerten den eigenen Gesundheitszustand selbst als „gut“ und „sehr gut“. Besonders Alleinerziehende und Eltern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status schĂ€tzen ihre Gesundheit in allen Bereichen als schlechter und die Belastungen höher ein als andere.

FĂŒr die AOK-Familienstudie wurden von August bis Oktober dieses Jahres 8.500 MĂŒtter und VĂ€ter befragt. Erhoben wurden Daten zur körperlichen und psychischen Gesundheit von Eltern und Kindern, zum ErnĂ€hrungs- und Bewegungsverhalten sowie zu Belastungen und deren Auswirkungen auf das Familienleben. Demnach geht es Familien in Deutschland 2022 schlechter als vor vier Jahren, so das zentrale Ergebnis.

Zunehmende Belastungen und dauerhafte Beschwerden

Die zunehmenden Belastungen und die schlechtere Elterngesundheit haben direkten negativen Einfluss auf die Kindergesundheit, was sich wiederum in einer schlechteren gesundheitsbezogenen LebensqualitĂ€t sowie dauerhaften psychosomatischen Beschwerden bei den Kindern zeigt. Knapp ein Drittel der Kinder sind in ihrem seelischen Wohlbefinden beeintrĂ€chtigt. Zudem haben wichtige Schutzfaktoren wie gemeinsame Rituale abgenommen, wodurch die WiderstandskrĂ€fte der Familien geschwĂ€cht werden. „Ein gutes Familienklima kann Belastungen auffangen. Die Kinder profitieren gesundheitlich von einer guten Beziehung der Eltern zu ihnen, von der Sicherheit der Eltern und Ritualen wie dem tĂ€glichen gemeinsamen Abendessen“, sagt Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Forschungsdirektorin der Klinik fĂŒr Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am UniversitĂ€tsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Alleinerziehende ĂŒberdurchschnittlich betroffen               

Von fast allen Befunden ĂŒberdurchschnittlich betroffen sind Alleinerziehende sowie Eltern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status. So sind beispielsweise Kinder aus diesen Familien seltener in einem Sportverein aktiv und können hĂ€ufiger nicht schwimmen. „Sozial benachteiligte Familien in strukturschwachen Regionen brauchen eine möglichst frĂŒhe verlĂ€ssliche Ganztagsbetreuung der Kinder“, fordert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Gesundheitsbildung mĂŒsse bereits in der Kita beginnen und in der Schule fortgefĂŒhrt werden. „Wenn kĂŒnftig soziale und gesundheitliche Fragen nicht enger miteinander gedacht werden, sind die gesellschaftlichen Folgekosten immens“, so die AOK-Vorstandsvorsitzende. Auch deshalb unterstĂŒtze die AOK die PlĂ€ne des Bundesgesundheitsministeriums, bundesweit Gesundheitskioske als niedrigschwelliges Beratungsangebot in sozialen Brennpunkten aufzubauen.

PrĂ€vention der AOK zur frĂŒhkindlichen Gesundheitsbildung 

Laut AOK-Familienstudie finden es 87 Prozent der Eltern wichtig, dass die Kinder etwas ĂŒber klima- und umweltfreundliche ErnĂ€hrung in der Schule lernen. Das erfolgreiche AOK-PrĂ€ventionsprogramm „JolinchenKids“ in den Kitas sei ein gutes Beispiel dafĂŒr, wie frĂŒhkindliche Gesundheitsbildung umgesetzt werden kann. Aktuell investiert die Bundesregierung mit dem Kita-QualitĂ€tsgesetz vier Milliarden Euro in frĂŒhkindliche Bildung. „Geld, das LĂ€nder und Kommunen zielgenau einsetzen mĂŒssten, um vor allem Kinder und deren Eltern aus sozial benachteiligten Familien zu unterstĂŒtzen, damit sie gleiche Startchancen ins Leben erhalten“, so Reimann. Hierzu zĂ€hle auch eine gesunde Gemeinschaftsverpflegung in Kitas und Schulen.

„Das genĂŒgt aber noch nicht. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Anstrengung fĂŒr unsere Familien“, fordert die AOK-Vorstandsvorsitzende. Die vielen guten Maßnahmen mĂŒssten kĂŒnftig miteinander vernetzt und zielgerichtet in die FlĂ€che gebracht werden.

Wenig Wissen ĂŒber gesunde und klimafreundliche ErnĂ€hrung 

Wie die AOK-Familienstudie zeigt, ist das Wissen um gesunde und klimafreundliche ErnĂ€hrung offenbar noch nicht in den Familien angekommen. 43 Prozent der Eltern verfĂŒgen ĂŒber eine unzureichende oder problematische ErnĂ€hrungskompetenz. Hierbei besteht ein Zusammenhang zu vermehrter Adipositas bei den Kindern. 38 Prozent der Befragten glauben sogar, dass eine klima- und umweltfreundliche ErnĂ€hrung nicht gesund ist.

„Unsere aktuelle ErnĂ€hrungsweise schadet unserer Gesundheit und dem Klima. Sie fĂŒhrt dazu, dass wir die Bewohnbarkeit unseres Planeten zerstören. Das hat schon heute massive Auswirkungen auf unsere Gesundheit“, sagt Dr. Martin Herrmann, Vorstandsvorsitzender von KLUG, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit. Dies spiegelt auch die AOK-Familienstudie wider. So schĂ€tzen 80 Prozent aller befragten Familien den Einfluss der ErnĂ€hrung auf Klima und Umwelt als bedeutsam ein, was sich aber noch nicht auf ihr Handeln auswirkt.

Der Fleisch- und Milchkonsum in Deutschland ist weiterhin zu hoch, so Dr. Herrmann. Fast 15 Prozent aller menschlichen Treibhausgasemissionen seien auf die Herstellung tierischer Produkte zurĂŒckzufĂŒhren – genauso viel wie der gesamte MobilitĂ€tssektor an Emissionen verursacht. Der hohe Anteil an stark verarbeiteten Produkten, Zucker und rotem sowie verarbeitetem Fleisch in der ErnĂ€hrung sei zudem mitverantwortlich dafĂŒr, dass immer mehr Menschen an Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen leiden. Dr. Herrmann: „Auf der anderen Seite ist eine stĂ€rker pflanzenbasierte ErnĂ€hrung mit mehr Obst, GemĂŒse, HĂŒlsenfrĂŒchten und NĂŒssen der Weg zu mehr Gesundheit in den Familien – und schĂŒtzt unseren Planeten.“

Text/Foto: AOK