Amphibien leiden unter warmen Wintern – Das Dilemma mit der Klimakrise

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Durch die zunehmende Anzahl ĂŒberdurchschnittlich warmer Wintertage werden unsere heimischen Amphibien immer hĂ€ufiger in ihren Winterquartieren geweckt. Das geht den Tieren an die Substanz. Durch das Rauf- und Runterfahren der Körpertemperatur sind die damit verbundenen Stoffwechselprozesse sehr krĂ€ftezehrend. Es fehlt zudem die Nahrung, um den Energiespeicher ausreichend aufzufĂŒllen. Die Insekten auf dem Speiseplan von Lurchen wie Frosch und Salamander sind schlichtweg noch nicht da, denn fĂŒr diese ist es dennoch zu kalt. 

Den Winter verbringen heimische Amphibien wie Laubfrosch, Feuersalamander und Co. in geschĂŒtzten Winterquartieren, in denen sie die eisige Jahreszeit unbeschadet ĂŒberdauern können. GeschĂŒtzt vor Frost, Fressfeinden und weiteren schĂ€dlichen EinflĂŒssen, verborgen unter Laub, in Höhlen oder eingegraben in der Erde locken die ersten Sonnenstrahlen und damit lĂ€nger andauernde höhere Temperaturen die Tiere im FrĂŒhjahr dann ans Tageslicht. Das LaichgeschĂ€ft beginnt. Normalerweise!  

Der Frosch ist wach – das Futter ruht

Durch den Klimawandel ist der Winter jedoch nicht mehr das, was er mal war. „Um mehr als 1,5 Grad ist die Temperatur seit 1992 in den Wintermonaten in Deutschland angestiegen, kalte Winter mit langen Frostperioden sind sehr selten geworden. Erst kĂŒrzlich wurden zum Jahreswechsel Rekordtemperaturen zwischen 15 und 20 Grad gemessen, die jahreszeitlich gesehen eher in einen April oder Mai passten“, stellt Björn Goldhausen, Pressesprecher und Meteorologe von WetterOnline, fest. 

Die Amphibien wachen bei solch ĂŒberdurchschnittlich hohen Temperaturen in den Wintermonaten immer hĂ€ufiger wieder auf. Sandra Honigs, stellvertretende Direktorin und Kuratorin fĂŒr den Landbereich im Aquazoo Löbbecke Museum DĂŒsseldorf, erklĂ€rt: „Das außerplanmĂ€ĂŸige Erwachen ist fĂŒr die Amphibien ein großes Dilemma. Es ist besonders krĂ€ftezehrend, da unter anderem das Futter, das die Lurche benötigen wĂŒrden, nicht vorhanden ist. FĂŒr zahlreiche Wirbellose, die normalerweise auf dem Speiseplan unserer heimischen Frosch- und Schwanzlurche stehen, wie MĂŒcken, Fliegen oder RegenwĂŒrmer, ist es tatsĂ€chlich noch viel zu kalt.  

Das liegt daran, dass die Böden, in denen die Futtertiere sich aufhalten, im Vergleich zur Luft noch sehr kalt sind. Das gilt auch fĂŒr die GewĂ€sser, in denen viele Arten sich fortpflanzen. Auch die Futterpflanzen der Insekten sind noch lange nicht so weit. Die Zeit der Insekten ist demnach noch lange nicht gekommen und so mĂŒssen die zur Unzeit erwachten Lurche hungern und ihre (Fett-) Reserven verbrauchen. Diese Energiereserven fehlen ihnen dann, wenn sie erneut zur eigentlich richtigen Zeit im FrĂŒhjahr erwachen und sich auf Wanderschaft begeben, um nach Nahrung, Partner und LaichplĂ€tzen zu suchen.“  

Brechen plötzlich FrostnĂ€chte herein, werden die erwachten Amphibien kalt ĂŒberrascht und erfrieren. Auf diese Weise werden Populationen empfindlich dezimiert.  

Durchschlafen auch bei Amphibien SchlĂŒssel zur Gesundheit 

Dabei ist eine mehrwöchige gut „durchgeschlafene“ Winterruhe fĂŒr die heimischen Amphibien und ihre inneren biologischen Prozesse durchaus gesund und gehört fĂŒr ihren Jahresrhythmus und ihr Verhalten einfach zu ihrem Leben dazu. Wobei – genauer gesagt – Amphibien eher in eine Winterstarre verfallen, da sie wechselwarm sind. Sie kĂŒhlen „unfreiwillig“ ab und ihre Körperfunktionen werden so weit runtergefahren, dass sie ruhen mĂŒssen. Daher wachen sie auch ungewollt wieder auf, wenn es zu warm wird. Winterruhe und Winterschlaf halten tatsĂ€chlich im engeren Sinne nur gleichwarme Tiere, die ihre Körpertemperatur aufrechterhalten können.  

„Es ist abzuwarten, wie rasch sich die Tiere an diesen Wandel anpassen können. Im Erdzeitalter gab es immer wieder klimatische VerĂ€nderungen, an die sich die Lebewesen langfristig anpassen konnten – durch Evolution. Diese braucht jedoch Zeit und bei den meisten Lebewesen viele Generationen. Mit der Geschwindigkeit der menschengemachten KlimaverĂ€nderung kann dieser Prozess kaum mithalten. Bedauerlicherweise können wir die Lurche dabei kaum unterstĂŒtzen, außer indem wir alles daransetzen, die KlimaverĂ€nderung so schnell wie möglich zu stoppen“, so Sandra Honigs.  

Schon im Februar gehören die Erdkröten zu den ersten Wanderern unter den Amphibien. Sie machen sich besonders nach einem milden Winter oftmals bereits jetzt auf den Weg zu ihren LaichgewĂ€ssern. Auch der Grasfrosch ist frĂŒh aktiv und sitzt bereits im Wasser, um nach seinen Partnern Ausschau zu halten. Bald werden sich auch die anderen heimischen Amphibienarten zu ihnen gesellen.

Bildunterschrift: Amphibien, wie dieser Grasfrosch, wachen in den zunehmend milden Wintern außerplanmĂ€ĂŸig auf, wenn die Temperaturen ihre Lebensgeister wecken. FĂŒr die Tiere ist das durchaus problematisch, denn ihr Erwachen bedeutet Futtermangel und bei plötzlichem Frost den Tod. 

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