Hamburger Hafen: Kanzleramt will China-GeschÀft offenbar durchsetzen (Panorama um 21:45 Uhr)

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Trotz der Warnungen aller Fachministerien will das Kanzleramt den Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens an einen chinesischen Staatskonzern offenbar durchsetzen.

Nach Informationen von NDR und WDR haben alle sechs Ministerien, die an der InvestitionsprĂŒfung fachlich beteiligt sind, das GeschĂ€ft abgelehnt. Das Kanzleramt drĂ€ngt der Recherche zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll.

Die chinesische Reederei Cosco will Anteile des Hafenbetreibers HHLA ĂŒbernehmen und sich mit mehr als einem Drittel am Hamburger Containerterminal Tollerort beteiligen. Weil es sich dabei um Kritische Infrastruktur handelt, hatte das federfĂŒhrende Wirtschaftsministerium ein InvestitionsprĂŒfverfahren gestartet und der Recherche zufolge das Thema bereits zur endgĂŒltigen Ablehnung im Bundeskabinett angemeldet. Das Kanzleramt habe das PrĂŒfverfahren dann allerdings nicht auf die Tagesordnung genommen. Ein Kabinettsbeschluss, der fĂŒr ein Verbot notwendig ist, konnte damit nicht gefasst werden. Stattdessen soll das Kanzleramt nach Informationen von NDR und WDR die beteiligten Fachressorts beauftragt haben, nach einem Kompromiss zu suchen, damit das GeschĂ€ft doch noch genehmigt werden kann.

FĂŒr die Ablehnung durch das Wirtschafts-, Innen-, Verteidigungs-, Verkehrs- und Finanzministerium sowie das AuswĂ€rtige Amt wurden der Recherche zufolge neben der verĂ€nderten geopolitischen Lage vor allem zwei Punkte angefĂŒhrt: Cosco solle nicht nur eine rein finanzielle Beteiligung erhalten, sondern einen GeschĂ€ftsfĂŒhrer stellen und Mitspracherechte bei Entscheidungen bekommen. Da China zudem heute schon wichtigster Kunde des Hafens sei, könnte durch die geplante Beteiligung am Containerterminal ein „Erpressungspotenzial“ entstehen. Auch die EU-Kommission hat sich dem Vernehmen nach dagegen ausgesprochen.

Das Wirtschaftsministerium erklĂ€rte auf Anfrage lediglich, dass man sich wĂ€hrend eines laufenden Verfahrens nicht Ă€ußere. Das Kanzleramt werde sich „mit Blick auf die Betroffenheit von GeschĂ€fts- und Betriebsgeheimnissen der beteiligten Unternehmen“ zu laufenden InvestitionsprĂŒfungsverfahren nicht Ă€ußern, antwortete ein Regierungssprecher. Kabinettsthemen wĂŒrden durch StaatssekretĂ€rssitzungen beschlossen werden. Aus diesen Arbeitssitzungen werde man nicht berichten, so das Kanzleramt.

Rolf Langhammer vom Institut fĂŒr Weltwirtschaft in Kiel erklĂ€rt im ARD Magazin Panorama (NDR): „Die langfristige Strategie der Chinesen könnte natĂŒrlich darin bestehen, die Kontrolle ĂŒber die gesamte Lieferkette, digital wie maritim in Europa an sich zu reißen.“ Damit könne China einen Wettbewerbsvorteil bekommen beziehungsweise einen „Missbrauch wirtschaftlicher Macht“ einleiten.

Den Informationen zufolge drĂ€ngt die Zeit: Wenn das Bundeskabinett keinen Beschluss fasst und keine FristverlĂ€ngerung mehr vereinbart wird, wĂŒrde das GeschĂ€ft laut Gesetz automatisch zustande kommen. Das wĂ€re nach aktuellem Stand Ende Oktober der Fall – kurz vor einem geplanten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Aus Kreisen der deutschen Wirtschaft wird außerdem ein schwerwiegender Vorwurf geĂ€ußert: Die chinesische Seite solle Druck auf deutsche Unternehmen ausĂŒben. Konkret heißt es, dass die Botschaft zuletzt deutsche Unternehmen direkt kontaktiert habe. Man solle sich fĂŒr den chinesischen Einstieg beim Hamburger Hafen einsetzen – ansonsten drohten Folgen fĂŒrs eigene GeschĂ€ft. Die chinesische Botschaft Ă€ußerte sich auf Anfrage zu dem Vorwurf nicht, verwies stattdessen auf ein vorheriges Statement der Außenamtssprecherin: Man hoffe, Deutschland werde Prinzipien wie jenen des offenen Marktes treu bleiben – statt normale ökonomische Beziehungen zu politisieren.

Das ARD-Magazin Panorama (NDR) berichtet am Donnerstag, den 20. Oktober um 21:45 Uhr zu dem Thema.