GrĂŒndliche Vorbereitung der Audi-Fahrer auf die Rallye Dakar

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  • Erfahrung und Kilometer durch nichts zu ersetzen
  • Guter Teamgeist nach der DebĂŒtsaison und vor zweiter Rallye Dakar
  • Neue Regeln und Herausforderungen fĂŒr 2023

In knapp acht Wochen startet die Rallye Dakar 2023. Audi vertraut weiterhin auf sein starkes Aufgebot aus Mattias Ekström/Emil Bergkvist, StĂ©phane Peterhansel/Edouard Boulanger und Carlos Sainz/Lucas Cruz. Die sechs Fahrer und Beifahrer blicken dem WĂŒstenklassiker etwas gelassener und besser vorbereitet als noch vor einem Jahr, aber auch voller Erwartung und Respekt entgegen.

Jeder Kilometer zÀhlt

Bei der Rallye Marokko hatten die drei Fahrercrews von Audi Sport im Oktober eine perfekte Gelegenheit, in den Wettbewerbsrhythmus zurĂŒckzukehren. Mit Abstand die meisten Kilometer haben in diesem Jahr StĂ©phane Peterhansel und Edouard Boulanger abgespult. Nach der Rallye Dakar im Januar haben sie zusammen die Abu Dhabi Desert Challenge bestritten – und dort den ersten Sieg des Audi RS Q e-tron eingefahren. Auf Tests in Europa und Afrika folgte die Rallye Marokko. Mattias Ekström sah dort eine alte Erfahrung bestĂ€tigt: „Die AblĂ€ufe sind im Rennen anders als in einem Test, bei dem du immer wieder zu deiner Garage zurĂŒckkehrst. In der WĂŒste bist du auf dich allein gestellt. Das hilft.“ Der jĂŒngste Schritt ist den beiden Schweden bei der Rallye Marokko geglĂŒckt. „Da hat es ‚Klick‘ gemacht, und wir haben verstanden, wie diejenigen denken, die das Roadbook anfertigen“, berichtet Emil Bergkvist. „Seither verstehen Mattias und ich es besser und das Rallyefahren macht noch mehr Spaß.“

Gewachsenes Team, guter Zusammenhalt

Carlos Sainz mit Beifahrer Lucas Cruz und StĂ©phane Peterhansel sowie Edouard Boulanger kennen das Team Q Motorsport schon aus der Zeit vor Beginn des Rallyeprojektes von Audi. Die erfahrene Mannschaft von Sven Quandt bestreitet seit fast drei Jahrzehnten WĂŒstenrallyes, hat sechs Mal die Rallye Dakar und viele Titel im Marathon-Rallyesport gewonnen. Zusammen mit dem Team Audi Sport setzt die Mannschaft aus Trebur alle drei Audi RS Q e-tron ein. Ein gutes VerhĂ€ltnis im Cockpit der drei Prototypen ist eine Voraussetzung fĂŒr den Erfolg. „Mein Vertrauen zu meinem Copiloten ist groß, zusammen haben wir drei Mal die Rallye Dakar gewonnen. Wir helfen uns gegenseitig“, unterstreicht Carlos Sainz, der bereits zum elften Mal zusammen mit Lucas Cruz bei der Rallye Dakar startet. Sein Beifahrer ergĂ€nzt: „Die Kommunikation mit Carlos ist wirklich gut. Uns verbindet eine starke Partnerschaft und es herrscht ein guter Geist.“

StĂ©phane Peterhansel, seit 1988 ein regelmĂ€ĂŸiger Teilnehmer und 14-maliger Sieger der Dakar, hat den Klassiker zuletzt 2021 mit Copilot Edouard Boulanger gewonnen. Mattias Ekström, als zweimaliger DTM-Champion und Rallycross-Weltmeister ein gleichermaßen erfahrener wie erfolgreicher Motorsportler, begegnet seinen Fahrerkollegen mit Respekt und Humor zugleich. „Ich kann von beiden nur lernen“, sagt der Schwede. „Carlos ist extrem ehrgeizig, emotional und voller Energie. Von StĂ©phane lerne ich alles andere: Er hat genauso viel Erfolg, ist dabei aber gelassener, ruhiger und strategischer. Das sind die beiden coolsten Teamkollegen meiner Karriere.“ Sein Landsmann und Beifahrer Emil Bergkvist ergĂ€nzt: „Von Edouard und Lucas haben wir viel gelernt. Sie haben uns mit offenen Armen empfangen. Wir haben sie gefragt, was wir nur konnten. Ohne sie wĂ€ren wir nie so weit gekommen.“ 

Technik beherrschen

Audi hat mit dem RS Q e-tron ein innovatives Konzept in sehr kurzer Zeit fĂŒr die hĂ€rteste Motorsport-Disziplin verwirklicht. Carlos Sainz, als zweimaliger Rallye-Weltmeister und dreimaliger Dakar-Gewinner stets ein Antreiber und technischer Perfektionist, macht seinem Arbeitgeber ein Lob: „Wir haben Audi gesagt: UnterschĂ€tzt die Dakar nicht. Und sie haben sie nicht unterschĂ€tzt. Sie haben der Richtung vertraut, in die wir Fahrer das Projekt entwickeln wollten. Der bisherige Erfolg gibt uns Recht. Es war die richtige Herangehensweise beider Parteien.“ Auf diesem Weg setzte Audi Sport erste Meilensteine: Vier Etappensiege bei der Rallye Dakar im Januar, der Gesamtsieg bei der Abu Dhabi Desert Challenge im MĂ€rz, und im September die zweite Baustufe des WĂŒsten-Prototyps.

„Das neue Auto ist ein großer Schritt nach vorn in Sachen ZuverlĂ€ssigkeit“, sagt Carlos Sainz. „Aber es gibt in unserem Sport immer Überraschungen, auch technischer Art.“ So bleiben Reparaturen etwas, was im harten Offroad-Rallyesport bisweilen unvermeidbar ist – beginnend mit Reifenplatzern ĂŒber UnfallschĂ€den bis hin zu möglichen Defekten. „Bei Reparaturen erhalte ich gute UnterstĂŒtzung von StĂ©phane“, sagt Edouard Boulanger. „Er kommt aus dem Motorradsport und weiß, wie man mit Werkzeug umgeht. Als Ingenieur verschaffe ich mir einen grundsĂ€tzlichen Überblick, aber StĂ©phane hilft mir perfekt.“ Doch nicht nur die beiden Franzosen wissen, wie man anpackt. Ein tiefgreifendes Technik-Training bei Audi Sport fĂŒr alle sechs Fahrer und Beifahrer schließt die Vorbereitungen im November ab.

Neue Herausforderungen

Zu den Änderungen der Rallye Dakar fĂŒr 2023 zĂ€hlt ein neuer Modus auf den PrĂŒfungen: Die bisherigen Neutralisationszonen mit 15 bis 20 Minuten Pause entfallen nun. „Wir wissen ohne diese Zwischenzeiten unterwegs nicht mehr so genau, wo wir im Vergleich zu Konkurrenz stehen“, hebt Mattias Ekström hervor. FĂŒr Carlos Sainz ist es ein DĂ©jĂ -vu: „Es ist wie eine RĂŒckkehr in die alten Zeiten, denn dies war frĂŒher normal. GrundsĂ€tzlich gilt: Das Tempo der direkten Gegner, die drei Minuten vor oder hinter uns fahren, erkennen wir daran, ob ein Auto das andere einholt oder nicht.“ Eine weitere Herausforderung: Der Anteil an DĂŒnenpassagen wird 2023 deutlich ansteigen. „FĂŒr mich ist das Fahren in den DĂŒnen einfacher“, sagt Edouard Boulanger. „Ich muss meinem Fahrer weniger Richtungsanzeigen geben. Auch sollte die Navigation einfacher sein. DafĂŒr aber steigen die körperlichen Belastungen deutlich an, weil das Auto immer wieder stark ein- und ausfedert.“

Auch sein Fahrer freut sich auf die Sandgebirge: „Ich mag es, ins Empty Quarter zurĂŒckzukehren, und das fĂŒr vier Tage. Das wird eine sehr authentische Dakar.“ Carlos Sainz hebt einen anderen Aspekt hervor. „Die Veranstaltung hat sich in den vergangenen drei Jahren deutlich verĂ€ndert“, beobachtet der Spanier. „Nun entfallen die versteckten Wegpunkte und wir folgen stĂ€rker der Kompassrichtung. Das Empty Quarter wird schwierig, aber Lucas und ich sind vorbereitet.“ Cruz gibt zu bedenken: „In den DĂŒnen fehlen allerdings auch die Referenzlinien anderer Teilnehmer. Und es ist nicht gerade einfach, durch DĂŒnenketten eine gerade Linie zu fahren, wie sie eine gegebene Kompassrichtung erfordert.“ Egal, wie hart die PrĂŒfungen werden, in einem sind sich alle einig. „Die Temperaturen sind mit einer so starken Klimaanlage wie im Audi RS Q e-tron gut zu bewĂ€ltigen“, spricht StĂ©phane Peterhansel stellvertretend fĂŒr seine Kollegen.

Gut abgestimmt in Richtung WĂŒste

Bei der Rallye Marokko haben die Fahrerteams dem effizienten RS Q e-tron mit seinem elektrischen Antrieb und Energiewandler den letzten Feinschliff gegeben. „Die Pedalbox ist jetzt gĂŒnstiger positioniert, ebenso steht das Lenkrad nun perfekt“, gibt StĂ©phane Peterhansel zu Protokoll. Edouard Boulanger freut sich ebenfalls: „Die Logiken der Software sind besser, hĂ€ufig genutzte Funktionen einfacher und schneller zu erreichen.“ Auch Beifahrerkollege Lucas Cruz gewinnt seinem neuen Arbeitsplatz einiges ab: „Die geĂ€nderte Sitzposition verschafft uns einen besseren Überblick und wir können die Instrumente leichter ablesen.“ Mattias Ekström wiederum ist beeindruckt vom Offroad-Knowhow seiner Teamkollegen: „Carlos hat eine erstklassige Basisabstimmung des Fahrwerks erarbeitet. Seit StĂ©phane das letzte Feintuning umgesetzt hat, gibt mir das Auto noch mehr Vertrauen. Bei Kurvenfahrt war bereits alles perfekt, und nun hebt auch das Heck bei SprĂŒngen nicht mehr so stark ab.“ 

Persönliche Vorbereitung und Erwartungen

„In diesem Jahr sind wir gut vorbereitet“, bekennt StĂ©phane Peterhansel. „Wir sollten konstant fahren und nicht zu langsam beginnen, weil man sonst hinterherfĂ€hrt. Zugleich weiß ich, was bei der Dakar alles passieren kann. Wir haben ein wettbewerbsfĂ€higes Auto, aber auch harte Konkurrenz.“ Carlos Sainz pflichtet ihm bei: „Man muss jeden einzelnen Tag respektieren. Ich erwarte eine harte Dakar mit lĂ€ngeren PrĂŒfungen, mehr Stunden im Cockpit und viel Abwechslung.“ Edouard Boulanger gibt zu bedenken: „Wir bleiben vorsichtig, was die LĂ€nge der PrĂŒfungen angeht. Wir haben mit unserem innovativen Konzept einen begrenzten Energievorrat, den wir uns einteilen mĂŒssen.“ Lucas Cruz fĂŒhlt sich an die Zeiten erinnert, als die Rallye durch SĂŒdamerika fĂŒhrte. „Wir machen extra viele FitnessĂŒbungen wegen der HĂ€rte der PrĂŒfungen im Empty Quarter“, sagt der Spanier.

Emil Bergkvist startet voller Erwartungen in die Rallye: „Es ist erstaunlich, Teil dieses Teams zu sein. Wenn Du etwas willst, erledigen sie es fĂŒr Dich. Das gibt uns ein gutes GefĂŒhl.“ Sein Fahrer Mattias Ekström legt einen Schwerpunkt auf die persönliche Vorbereitung: „Ich kann tagsĂŒber nicht so viel trinken, darf aber kein Gewicht verlieren. Deshalb nehme ich mir diesmal eine Waage mit, um meinen FlĂŒssigkeitshaushalt zu kontrollieren. In der Zeit bis zum Start der Rallye gilt: VernĂŒnftig essen, schlafen, ausreichend trinken und ein gesundes Ausmaß an Sport betreiben. Und wenn es einmal losgeht, versuchen wir, unser Tempo mit dem von StĂ©phane zu vergleichen. Es gibt nur wenige Motorsport-Disziplinen, wo GlĂŒck eine noch grĂ¶ĂŸere Rolle spielt. Wir haben getan, was wir konnten. Audi hat uns alle WĂŒnsche erfĂŒllt und es bleibt nichts mehr auf der Liste fĂŒr den Weihnachtsmann.“

Foto: Dakar-Test Marokko, September 2022
Emil Bergkvist, Mattias Ekström, Lucas Cruz, Carlos Sainz, Edouard Boulanger, Stéphane Peterhansel

Copyright: Audi Communications Motorsport / Michael Kunkel