Gedenktafel zu Ehren von Matthias Flacius Illyricus / Erinnerung an einen großen Reformator und Europäer

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Magdeburg. Oberbürgermeisterin Simone Borris hat heute gemeinsam mit dem Botschafter der Republik Kroatien, S.E. Gordan Bakota, dem Regionalbischof des Sprengels Magdeburg, Dr. Dr. h.c. Johann Schneider, und vielen weiteren Ehrengästen am Standort des ehemaligen Pfarrhauses der Ulrichskirche eine Informationstafel zu Leben und Wirken von Matthias Flacius Illyricus eingeweiht.
 
„Mit der Tafel ehrt die Landeshauptstadt einen herausragenden Gelehrten und Europäer“, so Oberbürgermeisterin Simone Borris. „Wir ehren einen Mann des Wortes, der in Magdeburg Zuflucht fand und die Stadt mit ihren Druckerpressen zu einem Synonym für freie Meinungsäußerung machte. Als wichtigster Kopf hinter der ‚Herrgotts Kanzlei‘ hat er Magdeburgs Ruf als Zentrum der Reformation entscheidend mitbegründet.“
 
Mit diesen Worten verdeutlichte die Oberbürgermeisterin die Bedeutung des in Magdeburg leider fast vergessenen Reformators und die daher so wichtige Entscheidung nicht nur für eine Gedenktafel, sondern eine Informationstafel, die das Wirken von Flacius in Magdeburg wieder erfahrbar macht. Mit ihr sollen die Magdeburgerinnen und Magdeburger sowie die Gäste unserer Stadt, Magdeburg in Europa und Europa in Magdeburg neu entdecken.
 
Darüber hinaus bekommt Magdeburg mit dieser neuen Informationstafel mitten in der Altstadt einen verlorenen Ort der Stadtgeschichte zurück. Denn sie markiert am heutigen Ulrichplatz den Standort des alten Pfarrhauses der Ulrichskirche. Das Pfarrhaus beherbergte das Redaktionsbüro der „Magdeburger Centurien“, des ersten Großprojekts der europäischen Geschichtsschreibung, und ist damit nicht nur eine authentische Wirkungsstätte von Matthias Flacius, sondern auch ein bedeutender Teil des historischen Erbes unserer Stadt.
 
Die Anregung für diese Ehrung von Flacius kam vom kroatischen Botschafter, S.E. Gordan Bakota, der auch an der Einweihung teilnahm. Grund für diese Verbindung ist, dass Matthias Flacius Illyricus in Kroatien im heutigen Labin geboren wurde. Das Stadtarchiv Magdeburg war für die inhaltliche Ausarbeitung und Umsetzung der Informationstafel verantwortlich. Darüber hinaus arbeitet das Stadtarchiv in Vorbereitung des 2024 stattfindenden Jubiläums „500 Jahre Reformation in Magdeburg“ bereits an weiteren Projekten. Unter anderem wird es in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis und vielen anderen Partnern die große internationale Fachtagung „Großstadt und Reformation. Metropolen als Innovationsräume“ geben, die vom 26. bis 28. Juni 2024 Experten aus den USA und Europa nach Magdeburg holen wird, um über Großstädte als Labore des gesellschaftlichen Wandels nachzudenken.
 
„Flacius schätzte Magdeburg als Wissenschaftsstandort und Kommunikationszentrum mit internationaler Ausstrahlung. Er steht damit für eine Linie in der Stadtentwicklung, an die wir heute verstärkt anknüpfen“, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris und hofft, dass mit Veranstaltungen wie diesen, die historische Rolle unserer Stadt im Herzen Europas wieder sichtbarer und lebendiger wird.
 
Auch heute ist Magdeburg wieder eine Stadt der Wissenschaft, die sich mit ihren universitären Einrichtungen und Forschungsinstituten sowie der Ansiedlung von Intel immer mehr zum Standort für Hochtechnologie entwickelt.
 
 
Hintergrundinformationen zu Matthias Flacius

Matthias Flacius (1520 – 1575) war eine Schlüsselfigur der Reformation in Magdeburg, Verfasser zahlreicher reformatorischer Streitschriften sowie Initiator der ersten evangelischen Kirchengeschichte „Magdeburger Centurien“. Er pflegte und verteidigte die Theologie Luthers und war daher in Streit mit anderen Reformatoren dieser Zeit.
 
Erstmals begegnete er dem Luthertum in Venedig. Da er sich mit ähnlichen theologischen Fragen wie die der Reformatoren konfrontiert sah, wanderte er bewusst in die reformatorischen Gebiete Deutschlands aus. Nach seinem Studium der biblischen Sprachen in Basel und Tübingen zog er 1541 nach Wittenberg, wo er Schüler, Freund und Kollege der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon wurde.
 
1549 kam Flacius nach Magdeburg, damals Zentrum des Widerstands gegen die Rekatholisierung. Während die protestantische Stadt unter der Reichsacht des katholischen Kaisers stand (1547 – 1562), verfasste er zahlreiche politische und widerständlerische Flugschriften gegen die Erlasse des deutschen Kaisers sowie seine Verteidiger. Im Pfarrhaus der Sankt-Ulrich-und-Levin-Kirche (Ulrichskirche) schrieben die Magdeburger Reformatoren den Großteil ihrer Streitschriften, die der Stadt den Beinamen „Unseres Herrgotts Kanzlei“ bescherte.
 
Flacius war darüber hinaus auch Initiator der „Magdeburger Centurien“, einer zwischen 1559 und 1574 erschienene Buchreihe, die als erster Versuch einer umfassenden Kirchengeschichte aus Sicht der evangelischen Reformation gilt. Seine Zeit in Magdeburg endete 1557, als er an die Universität Jena auf die neutestamentliche Professur berufen wurde.

Foto: Oberbürgermeisterin Simone Borris rief in ihrem Grußwort in Erinnerung, dass Matthias Flacius Illyricus eine große Rolle für die Entwicklung Magdeburgs als Zentrum der Reformation spielte. © Landeshauptstadt Magdeburg; Sharline Dünow