Monika Hohmann: Wo bleibt die Gerechtigkeit? Anerkennung erworbener DDR-RentenansprĂŒche muss erfolgen

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Monika Hohmann (Foto), stellvertretende Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, betont in der aktuellen Debatte um die Gerechtigkeit bei DDR-RentenansprĂŒchen im Landtag:

„Die AnkĂŒndigung eines HĂ€rtefallfonds fĂŒr DDR-Renten hatte damals riesige Hoffnungen geweckt. Seit Dezember 2022 hat meine Fraktion das Thema Rentengerechtigkeit und HĂ€rtefallfonds regelmĂ€ĂŸig im Landtag auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei ging es um SpĂ€taussiedler, jĂŒdische Zuwanderer und Menschen, die in der Ost-West-RentenĂŒberleitung Benachteiligungen erfahren haben.

Das Land sollte in einem ersten Schritt dem durch den Bund eingerichteten HĂ€rtefallfonds beitreten, um die Einmalzahlung fĂŒr bedĂŒrftige Rentnerinnen und Rentner deutlich anzuheben, nĂ€mlich verdoppeln. Ebenfalls forderten wir den Bundesgesetzgeber auf, endlich abzusichern, dass Arbeit und Leben in der DDR genauso viel wert ist wie in der alten Bundesrepublik. Die nach wie vor bestehenden Ungerechtigkeiten widersprechen der WĂŒrdigung ostdeutscher Lebens- und Arbeitsleistung. Erst durch die Anerkennung ihrer ZusatzansprĂŒche wĂŒrden viele ehemalige Facharbeiterinnen und Facharbeiter auf Augenhöhe mit Renten fĂŒr vergleichbare Berufsgruppen im Westen kommen. Deshalb ging es nicht allein um ArmutsbekĂ€mpfung durch einen HĂ€rtefallfonds fĂŒr nur einen Bruchteil der Betroffenen, wie ihn die Bundesregierung plante, sondern ebenso um die Schaffung eines deutlich umfangreicheren Gerechtigkeitsfonds.

Sachsen- Anhalt ist der Stiftung zum HĂ€rtefallfonds nicht beigetreten. Anfragen zum HĂ€rtefallfonds beantwortete der MinisterprĂ€sident stets damit, dass es keinen Alleingang von Sachsen-Anhalt geben soll, sich die Ministerkonferenz der ostdeutschen LĂ€nder dazu noch verstĂ€ndigen wird und es noch zu keiner abschließenden Lösung gekommen sei. Trotzdem sind von den sechs ostdeutschen BundeslĂ€ndern drei der Stiftung zum HĂ€rtefallfonds beigetreten. Es sind Mecklenburg-Vorpommern, ThĂŒringen und Berlin. Weitere zwei BundeslĂ€nder, nĂ€mlich Hamburg und Bremen, sind ebenfalls der Stiftung beigetreten.

Nach 34 Jahren stehen wir immer noch am Anfang dieser Ungerechtigkeiten, weil Bund und LĂ€nder sich nicht einigen können. Mittlerweile sind schon viele Betroffene und leider auch gegenwĂ€rtige Antragssteller, die eine Zusage ihres Antrages erhielten, verstorben und der Kreis der anspruchsberechtigten Personen wird immer kleiner. Man könnte meinen, dass die Verantwortlichen in Bund und LĂ€ndern eine „biologische KlĂ€rung“ bevorzugen.

Von der prognostizierten Anzahl der Personen aus der Ost-West-RentenĂŒberleitung in Sachsen- Anhalt, die Landesregierung ging von 10.728 aus, haben insgesamt 2.181 Betroffene einen Antrag gestellt. Davon wurden bisher 93 positiv entschieden und 251 abgelehnt. Bei den SpĂ€taussiedlern lag die Prognose der Landesregierung bei 1.859 Personen. Davon haben 1.048 Betroffene einen Antrag gestellt. Hier wurden 86 bewilligt und 258 AntrĂ€ge abgelehnt. Bei den JĂŒdischen KontingentflĂŒchtlingen war die Prognose 720 Personen, die antragsberechtigt seien. Es gingen hier 1.008 AntrĂ€ge ein, davon 33 Ablehnungen und 202 Zusagen.

Auf Nachfrage bei der Stiftung zum HĂ€rtefallfonds, warum es gerade bei den Betroffenen zur Ost- West- RentenĂŒberleitung so viele Ablehnungen gegeben hat, wurde mir mitgeteilt, dass der Hauptgrund die Höhe der Rente (99), dann die Berufsgruppenzugehörigkeit (76) und auch die Altersgrenze der Antragssteller ursĂ€chlich zu nennen sei. Die Zahlen aus Sachsen- Anhalt sind analog zum Bundestrend. Das heißt im Klartext, dass jede Menge Geld aus dem HĂ€rtefallfonds des Bundes nicht abgerufen wurde.

Die Aussagen unseres MinisterprĂ€sidenten, dass wir mit dem Beitritt die Situation durch die Landesregierung anerkennen und damit die BemĂŒhungen um eine „gerechte“ Lösung beenden wĂŒrde, kann so auch nicht nachvollzogen werden.

Wenn also jetzt jede Menge Geld im Topf des HĂ€rtefallfonds liegen bleibt, wĂ€re jetzt noch einmal die Chance, auf Bundesebene ĂŒber einen Gerechtigkeitsfonds zu verhandeln. Wir alle hier wissen, dass der HĂ€rtefallfonds nicht zu einer Befriedung der sozialen HĂ€rtefĂ€lle fĂŒhrt. Wir wissen auch, dass damit neue Ungerechtigkeiten geschaffen, und die Anerkennung von Lebensleistungen Hunderttausender Rentner missachtet wurden. Wir wissen auch, dass 90 Prozent der Betroffenen leer ausgingen. Deshalb muss es endlich um die Anerkennung der Lebensleistung dieser BĂŒrgerinnen und BĂŒrger gehen. Wir brauchen eine Lösung fĂŒr alle, statt Almosen fĂŒr wenige. Unsere Forderung heißt Gerechtigkeitsfonds!“

Text/Foto: Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt am 22. Februar 2024