Die ukrainische Armee hat ihren Vormarsch in der russischen Grenzregion Kursk am Montag fortgesetzt. „Stand heute kontrollieren unsere StreitkrĂ€fte mehr als 1250 Quadratkilometer feindlichen Gebiets“, sagte der ukrainische PrĂ€sident Wolodymyr Selenskyj am Montag in Kiew. Der Kreml schloss in Anbetracht der ukrainischen Offensive FriedensgesprĂ€che mit Kiew aus.
Wie Selenskyj am Montag weiter mitteilte, kontrollieren die ukrainischen Truppen inzwischen zudem 92 Ortschaften. In den vergangenen vier Tagen hat die ukrainische Armee demnach zehn weitere Ortschaften eingenommen.
Die ukrainische Armee hatte am 6. August ĂŒberraschend einen VorstoĂ in die Region Kursk unternommen und kontrolliert seitdem Teile des Gebiets, darunter auch die strategisch wichtige Stadt Sudscha, wo ein Knotenpunkt fĂŒr Gaslieferungen nach Westeuropa liegt. Es ist die gröĂte grenzĂŒberschreitende Offensive der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022.
Laut dem ukrainischen PrĂ€sidenten soll durch die Offensive der Druck auf Russland im Hinblick auf Friedensverhandlungen erhöht und eine Pufferzone geschaffen werden. Bereits zuvor hatte Selenskyj den vollstĂ€ndigen RĂŒckzug der russischen Armee von ukrainischem Staatsgebiet – einschlieĂlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim – zur Bedingung fĂŒr Verhandlungen gemacht.
Dagegen fordert Kremlchef Wladimir Putin den RĂŒckzug der Ukraine aus vier von Russland besetzten Gebieten der Ukraine sowie den Verzicht auf eine Nato-Mitgliedschaft. Schon vor dem ukrainischen Eindringen nach Russland waren Verhandlungen angesichts der Forderungen unwahrscheinlich.
Selenskyj gab am Montag an, dass die Soldaten in Kursk „unsere Ziele erreichen“. In Bezug auf die Gefangennahme russischer Soldaten erklĂ€rte der PrĂ€sident, „heute morgen haben wir eine weitere AuffĂŒllung des Austauschfonds fĂŒr unser Land“ erreicht.
Moskau erteilte Verhandlungen mit Kiew jedoch am Montag eine Absage. „Angesichts dieser Eskapade werden wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht reden“, erklĂ€rte Kremlberater Juri Uschakow im Onlinedienst Telegram. Aktuell wĂ€re es „völlig unangebracht, in einen Verhandlungsprozess einzutreten“. Der ukrainische VorstoĂ habe die Aussicht auf Friedensverhandlungen in die Ferne gerĂŒckt. Der Beginn möglicher GesprĂ€che hĂ€nge „von der Situation im Kampfgebiet ab, auch in der Region Kursk“, erklĂ€rte Uschakow.
In den vergangenen Tagen zerstörte die Ukraine zwei wichtige BrĂŒcken ĂŒber den russischen Fluss Sejm, um Moskaus Nachschubwege in die Kampfzone zu unterbrechen. Eine dritte BrĂŒcke ĂŒber den Sejm sei am Wochenende angegriffen worden, erklĂ€rte ein russischer MilitĂ€rermittler in einem Video, das der kremlfreundliche TV-Kommentator Wladimir Solowjew veröffentlichte.
Das russische Verteidigungsministerium gab am Montag an, es seien ukrainische Angriffe auf drei weitere Dörfer in der Region Kursk vereitelt worden. In Russland sind auch VorwĂŒrfe laut geworden, es seien unerfahrene Wehrpflichtige zum Schutz der Region Kursk geschickt worden, um keine erfahrenen KĂ€mpfer von den Frontlinien in der Ostukraine abzuziehen.
Unterdessen erklĂ€rten die Behörden in der Stadt Proletarsk im SĂŒdwesten Russlands nach einem Brand infolge eines ukrainischen Drohnenangriffs den Ausnahmezustand. 41 Feuerwehrleute seien im Einsatz verletzt worden, erklĂ€rte der Gouverneur der Region Rostow, Wassili Golubew, am Montag im Onlinedienst Telegram. 18 von ihnen seien ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Das ukrainische Eindringen sorgt die Russen spĂŒrbar. Bei einigen in Kiew löst das Hoffnungen aus, dass sich die Stimmung im Land gegen den mehr als zwei Jahre wĂ€hrenden Krieg des Kremls drehen könnte. „Die Russen, die daran gewöhnt sind, den Krieg als Fernsehsendung zu sehen, erleben ihn jetzt hautnah“, erklĂ€rte der ukrainische PrĂ€sidentenberater Mychailo Podoljak im Onlinedienst X.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 20. August 2024