Kriminalstatistik der Polizeiinspektion Magdeburg fĂŒr das Jahr 2022

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  • 62.146 FĂ€lle erfasst
  • erneut mehr als jede zweite Straftat aufgeklĂ€rt
  • Corona-Pandemie hatte Auswirkungen auf spezielle Deliktsbereiche

Magdeburg/ST. FĂŒr den ZustĂ€ndigkeitsbereich (Stadt Magdeburg, Landkreis Börde, Landkreis Harz und Salzlandkreis) der Polizeiinspektion Magdeburg (PI MD) zeichnet sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik folgendes Gesamtbild ab:

Die Anzahl der von der PI MD im Jahr 2022 abgeschlossenen FĂ€lle stieg gegenĂŒber dem Vorjahr auf 62.146 FĂ€lle (2021: 56.309). Der Anstieg zum Vorjahr erklĂ€rt sich mit den EinschrĂ€nkungen fĂŒr das öffentliche Leben in 2021 aufgrund der Maßnahmen zur BekĂ€mpfung der SARS-CoV-2-Pandemie und den daraus resultierenden geringeren Fallzahlen. Ein Vergleich mit dem Jahr 2019, also einem Zeitraum vor Beginn des Pandemiegeschehens, zeigt ein Fallaufkommen auf annĂ€hernd gleichem Niveau (2019: 61.381).

Insgesamt konnten 32.351 Straftaten aufgeklĂ€rt werden. Die AufklĂ€rungsquote (AQ) betrug dabei 52,1 % (2021: 53,2) und liegt somit ebenfalls auf annĂ€hernd gleichem Niveau. 

Insgesamt wurden 21.260 TatverdĂ€chtige ermittelt (15.959 mĂ€nnlich, 5.301 weiblich). Im Vergleich zum Vorjahr (2021: 20.150) bedeutet dies einen Anstieg um + 5,5%.

Der Anteil nichtdeutscher TatverdĂ€chtiger erhöhte sich im Jahresvergleich leicht auf 3.857 TatverdĂ€chtige (2021: 3.354), was einen Anteil von 18,1 der Gesamtanzahl aller ermittelten TatverdĂ€chtigen ausmacht (2021: 16,6%). Unter Nichtdeutschen definiert die PKS Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Bei den TatverdĂ€chtigen unter 21 Jahren ist der Anteil mit 20,9% (4.453 TatverdĂ€chtige) leicht höher als im Jahr 2021 mit 18,5% (3.731 TatverdĂ€chtige). Von den im Jahr 2021 unter 21-JĂ€hrigen wurden 1.084 Kinder (bis unter 14 Jahre), 1.812 Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) und 1.557 Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre) als TatverdĂ€chtige ermittelt.

Die Anzahl der IntensivtĂ€ter, also TĂ€ter mit mehr als neun Tathandlungen pro Jahr, ist in 2022 auf 254 erneut gesunken (-3). Diese waren an 4.793 FĂ€llen beteiligt (+621).

Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Straftaten gegen das Leben mit 36 FĂ€llen bei 0,1% aller erfassten FĂ€lle. Zu diesen 36 FĂ€llen zĂ€hlten neun Morde, von denen acht aufgeklĂ€rt werden konnten (AQ 88.9%). Von Mord spricht man, wenn vorsĂ€tzlich ein Mensch getötet wurde und zusĂ€tzlich ein vom Gesetzgeber definiertes Mordmerkmal wie u.a. Mordlust, Habgier oder HeimtĂŒcke vorliegt. Ebenso konnten elf von zwölf erfassten FĂ€llen des Deliktsbereichs Totschlag und Tötung auf Verlangen aufgeklĂ€rt werden (AQ 91,7%). Von 13 erfassten FĂ€llen der fahrlĂ€ssigen Tötung wurden sechs aufgeklĂ€rt, was einer AQ von 46,2% entspricht.

Im Deliktsbereich Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung konnten von den 981 erfassten Sexualdelikten 803 aufgeklĂ€rt werden, was einer AQ von 81,9% entspricht. Damit ist die Zahl der erfassten FĂ€lle um +2,6% (2021: 956) gestiegen. UrsĂ€chlich hierfĂŒr ist u.a. ein erneuter Anstieg im Deliktsfeld des Verbreitens von pornografischen Schriften – die Anzahl abgeschlossener FĂ€lle der Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Inhalte stieg um 8,1% auf 226 FĂ€lle (2021: 209). Hier war ein zunehmendes Aufkommen von grĂ¶ĂŸeren Ermittlungsverfahren gegen eine Vielzahl von TatverdĂ€chtigen zu verzeichnen.

Erschwerend festzustellen ist weiterhin, dass das Verhalten von Kindern und Jugendlichen im Umgang mit sozialen Medien sowie Internet-Nachrichtendiensten oftmals zu sorglos ist. Die Hemmschwelle, die mit dem Umgang von deliktsbezogenen Aufnahmen[1] verbunden ist, sinkt immer weiter. So werden ĂŒber Nachrichtendienste wie „Snap-Chat“, „Tiktok“, „Telegram“ oder „WhatsApp“ vermehrt Bilder und Videos verschickt oder in Gruppen hochgeladen, welche den vorgenannten Straftatbestand tangieren können. Diese Aufnahmen werden dann erneut weiterverbreitet und können somit schnell einem sehr großen, nicht abschĂ€tzbaren Teilnehmerkreis zur VerfĂŒgung stehen.[2]

Um -15,4% sanken die erfassten FĂ€lle von sexuellem Missbrauch von Kindern auf 198 FĂ€lle (2021: 234). Die AQ sank auf 80,8% (2021: 93,2%). Um 51 FĂ€lle stieg die Anzahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung unter Gewaltanwendung/AbhĂ€ngigkeit auf 377 (2021: 326). Hiervon konnten 84,1% der FĂ€lle aufgeklĂ€rt werden (2021: 90,2%).

Die Anzahl der erfassten Rohheitsdelikte, zu denen u. a. Körperverletzungen und Raubdelikte zĂ€hlen, stieg um +1.664 FĂ€lle auf 10.390 FĂ€lle (2021: 8.726). Dieser Anstieg ist insbesondere auf die Zunahme von FĂ€llen der Körperverletzung 5559 FĂ€lle; +14,7% (2021: 4.936) und Straftaten gegen die persönliche Freiheit zurĂŒckzufĂŒhren – allein hier lag der Anstieg in FĂ€llen der Bedrohung bei 1617 FĂ€llen in 2021 auf 2171 FĂ€lle in 2022 bzw. +35,4%. Die AQ lag ĂŒber den gesamten Deliktsbereich betrachtet bei 86,7 %. UrsĂ€chlich hierfĂŒr dĂŒrfte, neben den auch schon im Vorjahr vermehrt auftretenden nachbarschaftlichen Streitigkeiten durch den Corona-bedingten vermehrten Aufenthalt im hĂ€uslichen oder hausnahen Bereich, die Neufassung des § 241 StGB im April 2021 sein. Vor der Änderung war gemĂ€ĂŸ § 241 StGB nur die Drohung mit einem Verbrechen wie beispielsweise Mord strafbar. Nun fallen deutlich mehr Tathandlungen unter diesen Straftatbestand, beispielsweise können auch Androhungen von Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert eine Bedrohung darstellen.

FĂŒr Raubdelikte wurden 420 FĂ€lle erfasst (2021 322 FĂ€lle), was einem Anstieg von 30,4% entspricht. Die AQ in diesem Bereich betrug 68,1% (2021: 66,8%).

Diebstahlsdelikte als Bestandteil der EigentumskriminalitĂ€t bilden mit 33,6% den höchsten Anteil an den 2022 abgeschlossenen FĂ€llen. Dabei stieg die Anzahl um 12,9 % auf 20.852 FĂ€lle (2021: 18.462 FĂ€lle). Wird im Vergleich hierzu jedoch das Jahr 2019 betrachtet (23.727 FĂ€lle), sank die Fallzahl hingegen sogar um 12,1%.

Ein deutlicher RĂŒckgang ist in den Bereichen des Diebstahls von Kraftfahrzeugen (-5,9%) und KrĂ€dern (-20,4%), einschließlich unbefugter Ingebrauchnahme, zu verzeichnen. Ein weiterer deutlicher RĂŒckgang an erfassten FĂ€llen ist fĂŒr den Diebstahl in/aus KellerrĂ€umen zu bilanzieren (‑19,9%).

Zwar stieg die Anzahl der FĂ€lle des besonders schweren Diebstahls in/aus Wohnungen leicht um 3,1% (640 FĂ€lle), jedoch ist das Niveau noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Jahr 2019 (937 FĂ€lle). [3]

Bei Diebstahl von FahrrĂ€dern (einschließlich unbefugter Ingebrauchnahme) wurde die AQ um +14,7% auf 24% gesteigert. FĂ€lle des Diebstahls von/aus Automaten wurden zu 39,6% aufgeklĂ€rt (+17,8%). Insgesamt ist die AQ fĂŒr alle Diebstahlsdelikte um +3 Prozentpunkte auf 30,8% gestiegen (2021: 27,8%).

Der Trend steigender Fallzahlen bei Vermögens- und FĂ€lschungsdelikten setzte sich auch im Jahr 2022 fort. Ein Anstieg war insbesondere bei Betrugsdelikten auf 8.397 FĂ€lle (+915 FĂ€lle; +12,2%) zu verzeichnen. Unter anderem stieg hierbei die Anzahl von FĂ€llen des sonstigen Warenkreditbetrugs um +17,0% auf 3.197 FĂ€lle (2021: 2.733). Diese Entwicklung wird im Zusammenhang mit dem „Lockdown“ von LadengeschĂ€ften des Einzelhandels, einer Verlagerung zu Online-Bestell- und Versandhandel und der damit verbundenen Zunahme anderer KriminalitĂ€tsphĂ€nomene (z. B. Betrug ĂŒber „Fake-Shops“ mit vermeintlich ĂŒberdurchschnittlich lukrativen Angeboten) gesehen. Auch die vermeintliche AnonymitĂ€t und gefĂŒhlte Sicherheit im Internet verleiteten dazu, teils hohe Summen per Online-Zahlungsdienst fĂŒr eine vermeintliche Ware, die in internetbasierten Kleinanzeigen angeboten wird, zu ĂŒberweisen. Dazu verwenden TĂ€ter hĂ€ufig Onlinebanken zum Geldtransfer, die bei Anlegen eines Kontos keine IdentitĂ€tsverifizierung verlangen.

Im Bereich Cybercrime ist die Anzahl der FĂ€lle mit dem Tatmittel Internet im Jahr 2022 um +380 FĂ€lle auf insgesamt 7.935 FĂ€lle gestiegen. Das entspricht einem Anstieg um +5%. Insgesamt verlagert sich die Lebensgestaltung zunehmend in die digitale Welt; durch die Corona-Pandemielage wurde diese Entwicklung noch beschleunigt. Die TĂ€ter orientieren sich zielgerichtet auf das Tatmittel Internet. Die teilweise unbedarfte Herangehensweise und Unkenntnis der spĂ€teren GeschĂ€digten, bei gleichzeitigem hochprofessionellem Handeln der TĂ€ter, erleichtert die Taten zunehmend. Durch die immer weitere Zunahme von webbasierten Lösungen im Alltag wird dieser Deliktsbereich auch zukĂŒnftig eine besondere Bedeutung innerhalb der KriminalitĂ€tsphĂ€nomene einnehmen.

FĂ€lle des Tankbetruges stiegen um 78,4% auf 1.493 FĂ€lle. HierfĂŒr dĂŒrften die deutlich gestiegenen Treibstoffpreise ursĂ€chlich sein.

RĂŒcklĂ€ufig dagegen waren u. a. FĂ€lle der Geld-, WertzeichenfĂ€lschung und FĂ€lschung von Zahlungskarten/Schecks auf 92 (2021: 139).

FĂŒr das Segment der sonstigen StraftatbestĂ€nde ist insbesondere der Anstieg der Fallzahlen beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auffĂ€llig. Hier stiegen die erfassten Straftaten um 26,8% auf 374 FĂ€lle (+79). Insgesamt 254 Polizistinnen und Polizisten wurden Opfer bei Angriffen auf Vollstreckungsbeamte.

Die Fallzahlen im Deliktsbereich SachbeschĂ€digung stiegen leicht um +1,6% auf 6.921 erfasste FĂ€lle.

FĂŒr den Tatbestand der Beleidigung ist ebenfalls ein Anstieg der erfassten FĂ€lle um +16,4% auf 2.691 festzustellen.

Bei FĂ€llen des AusspĂ€hens/Abfangens von Daten ist ein RĂŒckgang von 22,5% auf 473 FĂ€lle zu verzeichnen (2021: 610 FĂ€lle). Trotz des deutlichen RĂŒckgangs ist immer wieder festzustellen, dass die spĂ€teren Opfer oftmals unbewusst eine Vielzahl von persönlichen Daten von sich fĂŒr vermeintliche Werbezwecke oder Sonderangebote herausgeben, ohne sich ernsthafte Gedanken ĂŒber die Konsequenzen zu machen. Nicht zuletzt ist diese Tathandlung nur eine Vorbereitung fĂŒr weitere Betrugshandlungen im Internet mit den Daten der GeschĂ€digten. [4]

Innerhalb der strafrechtlichen Nebengesetze stellte die Polizei – bei gleichbleibend hohem Kontrolldruck mit 3.084 FĂ€llen -142 FĂ€lle der RauschgiftkriminalitĂ€t weniger fest als im Vorjahr. Den höchsten Anteil der FĂ€lle im Bereich der RauschgiftkriminalitĂ€t nehmen dabei allgemeine VerstĂ¶ĂŸe gegen das BetĂ€ubungsmittelgesetz mit Cannabis mit +217 erfassten FĂ€lle und allgemeine VerstĂ¶ĂŸe mit Kokain (+14 FĂ€lle) ein. Die Abnahme betraf allgemeine VerstĂ¶ĂŸe mit Amphetamin (-78) und Methamphetamin (-89). Die Anzahl erfasster FĂ€lle des Handels/der Ein- und Ausfuhr mit BetĂ€ubungsmitteln sank um 29,8 % auf 313 FĂ€lle.

Quelle: Polizeiinspektion Magdeburg

Foto/pixabay

Hintergrund:

[1] z.B. das Versenden von Nacktaufnahmen

[2] PrĂ€ventionstipp: Onlinetipps fĂŒr Groß und Klein – Sicher durch den Online-Alltag (polizei-beratung.de)

[3] PrĂ€ventionstipp: Richtige Sicherungstechnik verhindert EinbrĂŒche (k-einbruch.de)

[4] PrĂ€ventionstipp: BroschĂŒre: Klicks-Momente fĂŒr Internetnutzer (polizei-beratung.de)