Energieminister stellt Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz vor

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Willingmann: Kommunen und Anwohner werden vom Ausbau erneuerbarer Energien finanziell stÀrker profitieren

Sachsen-Anhalt zĂ€hlt beim Ausbau erneuerbarer Energien bundesweit zu den Vorreitern. 62 Prozent des Stroms werden im Land bereits heute klimaneutral erzeugt. Damit der weitere Ausbau der Wind- und Solarenergie auch in Zukunft die notwendige gesellschaftliche Zustimmung erhĂ€lt, hat Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) am Dienstag im Kabinett das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Betreiber von neuen Windenergie- oder Photovoltaik-FreiflĂ€chenanlagen Kommunen in der nĂ€heren Umgebung kĂŒnftig an den ErtrĂ€gen finanziell verbindlich beteiligen mĂŒssen.

„Mit dem Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz sorgen wir dafĂŒr, dass sich der fortschreitende Ausbau der Erneuerbaren vor Ort unmittelbar auszahlt“, betonte Willingmann. „Gerade finanzschwĂ€chere Kommunen versetzen wir mit Hilfe der zusĂ€tzlichen Einnahmen in die Lage, beispielsweise die örtliche Infrastruktur aufzuwerten oder Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen zu finanzieren. Die Kommunen sollen aber auch entscheiden können, die Einnahmen an ihre Einwohnerinnen und Einwohner weiterzugeben.“

30.000 Euro pro Windkraftanlage

Der Gesetzentwurf sieht fĂŒr Windkraftanlagen ab einem Megawatt sowie fĂŒr PV-FreiflĂ€chenanlagen sogenannte Mindestzahlungspflichten vor. Bei Windkraftanlagen sind es sechs Euro je Kilowatt Nennleistung. FĂŒr Anlagen mit einer Nennleistung von fĂŒnf Megawatt ergibt sich daraus eine jĂ€hrliche Gesamtsumme von 30.000 Euro. Bei FreiflĂ€chenanlagen sind drei Euro je Kilowatt vorgesehen. FĂŒr eine Anlage mit einem Megawatt-Peak wĂŒrden pro Jahr 3.000 Euro zusammenkommen.

Die Zahlungspflichten gelten fĂŒr Anlagen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes errichtet werden. Sie gelten auch fĂŒr das Repowering von Anlagen. Bei Bestandsanlagen wird hingegen bis zu einem Repowering keine Zahlung fĂ€llig. „Das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz ist transparent und bĂŒrokratiearm gestaltet. Mit den klaren Vorgaben geben wir Anlagenbetreibern wie Kommunen Planungssicherheit fĂŒr neue Windkraft- oder PV-Projekte“, erklĂ€rte Willingmann. „Zugleich eröffnen wir SpielrĂ€ume. Kommunen können weitgehend selbst entscheiden, wie sie die zusĂ€tzlichen Einnahmen einsetzen. Sie können auch mit Anlagenbetreibern andere verbindliche Beteiligungsmodelle aushandeln, sofern der wirtschaftliche Wert den Mindestzahlungspflichten mindestens entspricht.“ Das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang vor, dass alternative Vereinbarungen dem Energieministerium angezeigt werden mĂŒssen.

Kommunen können Einnahmen weitergeben

Anspruch auf Mindestzahlungen haben bei Windkraftanlagen Gemeindegebiete im Umkreis von 2,5 Kilometern. Sind mehrere Gemeinden berechtigt, berechnet sich der Anspruch nach dem prozentualen Anteil der jeweiligen FlÀche. Bei Photovoltaik-FreiflÀchenanlagen sind die Gemeinden anspruchsberechtigt, auf deren Gebiet die Anlage steht. Die Einnahmen können unter anderem zur Aufwertung des Ortsbildes, zur Förderung sozialer AktivitÀten oder

Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen genutzt werden. Auch fĂŒr die Sanierung kommunaler GebĂ€ude oder die Finanzierung kommunaler Bauleitplanungen im Bereich erneuerbarer Energien können die Einnahmen genutzt werden. Damit die Einnahmen den unmittelbar betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern vor Ort zugutekommen, muss die HĂ€lfte der Einnahmen in den unmittelbar betroffenen Ortsteilen eingesetzt werden. Auch können die Kommunen die Mittel an ihre Einwohnerinnen und Einwohner weitergeben.

„Damit BĂŒrgerinnen und BĂŒrger in finanzschwachen Kommunen ebenfalls direkt profitieren, werden die Einnahmen nicht beim kommunalen Finanzausgleich sowie der Kreis- und Verbandsgemeindeumlage berĂŒcksichtigt“, erklĂ€rte Willingmann weiter. „Gleichwohl können sich die Kommunen auch dafĂŒr entscheiden, einen Teil der Mittel zur Schuldentilgung zu nutzen. Auch hier rĂ€umen wir entsprechende SpielrĂ€ume ein.“

LÀnder wollen Beteiligungsgesetze möglichst einheitlich gestalten

Sachsen-Anhalt zĂ€hlt zu den ersten sechs BundeslĂ€ndern, die verbindliche Regeln zur finanziellen Beteiligung anstreben oder bereits erlassen haben. Das erste Gesetz wurde 2017 in Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet, in Brandenburg ist die finanzielle Beteiligung seit 2019 geregelt. Neben Sachsen-Anhalt streben aktuell Niedersachsen, Nordrhein-Westfahlen und ThĂŒringen verbindliche Regelungen an. „Auf Initiative Sachsen-Anhalts haben sich die LĂ€nder bei der Energieministerkonferenz in Wernigerode im September darauf verstĂ€ndigt, die Beteiligungsgesetze möglichst einheitlich zu gestalten, um Investitionen nicht unnötig zu erschweren“, erlĂ€uterte Willingmann. „Ich gehe davon aus, dass weitere BundeslĂ€nder in der nĂ€chsten Zeit mit entsprechenden Regelungen nachziehen. Es ist an der Zeit, Kommunen sichere Einnahmen aus dem Ausbau der Erneuerbaren zu verschaffen.“

Ausbau erneuerbarer Energien nimmt Fahrt auf

In den vergangenen zwei Jahren hat der Ausbau erneuerbarer Energien in Sachsen-Anhalt an Fahrt zugenommen. 2021 wurden landesweit 5.481 PV-Anlagen neu in Betrieb genommen, 2022 waren es bereits 9.627. Im laufenden Jahr sind bereits 20.681 Anlagen ans Netz gegangen. Insgesamt sind 73.270 Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von 4.064 Megawatt in Betrieb. 49 Prozent der Leistung kommt von FreiflÀchenanlagen, 47 Prozent von baulichen Anlagen auf HausdÀchern oder Fassaden.

Im Bereich Windenergie dominiert das Repowering: viele alte Anlagen werden durch neue, leistungsfĂ€higere Modelle ersetzt. So ging zwar die Zahl der Anlagen leicht von 2.800 auf 2.764 zurĂŒck. Die installierte Leistung nahm hingegen um 74,7 Megawatt auf insgesamt 5.325 Megawatt zu. „Ich bin zuversichtlich, dass wir in den kommenden Jahren auch im Bereich Windkraft wieder höhere Zubau-Raten erreichen“, erklĂ€rte Willingmann. Der Minister verwies darauf, dass allein bis September Genehmigungen fĂŒr weitere 43 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 263 Megawatt erteilt wurden.

Text/Foto: Staatskanzlei und Ministerium fĂŒr Kultur am 12. Dezember 2023