Demografischer Wandel: Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren von 1950 bis 2021 von 10 % auf 22 % gestiegen

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  • Deutlicher Anstieg der Lebenserwartung nach 1950 in den letzten Jahren gedĂ€mpft
  • Deutschland seit 1972 mit Geburtendefizit
  • Nettozuwanderung bremst Alterung
  • 75 Jahre Daten fĂŒr die Demokratie: Statistisches Bundesamt veröffentlicht zu seinem 75-jĂ€hrigen Bestehen Auswertungen auf Basis historischer Zeitreihen

Die Altersstruktur der Bevölkerung hierzulande hat sich in den vergangenen sieben Jahrzehnten stark geĂ€ndert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war 1950 noch jede zehnte Person (10 %) auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland 65 Jahre und Ă€lter. 2021 stieg ihr Anteil auf mehr als ein FĂŒnftel (22 %). Der Anteil der jĂŒngeren Bevölkerungsgruppen im Alter von unter 15 Jahren nahm im selben Zeitraum ab – von 23 % im Jahr 1950 auf 14 % im Jahr 2021. Wenig VerĂ€nderung gab es dagegen in der Gruppe der Menschen im erwerbsfĂ€higen Alter von 15 bis einschließlich 64 Jahren. Sie stellten auch 2021 den grĂ¶ĂŸten Anteil an der Bevölkerung mit 64 %. 1950 hatte ihr Anteil mit 67 % nur wenig höher gelegen. Insgesamt ist die Bevölkerung hierzulande stark gewachsen. 1950 lebten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland gut 69,3 Millionen Menschen, 2021 waren es rund 83,2 Millionen – eine Zunahme von 20 %.

Anstieg der Lebenserwartung hat sich verlangsamt

Ein Grund fĂŒr die verĂ€nderte Altersstruktur der Bevölkerung ist die steigende Lebenserwartung. Hatten Jungen bei Geburt um das Jahr 1950 in der Bundesrepublik Deutschland noch durchschnittlich 64,6 Lebensjahre zu erwarten, waren es um 2020 hierzulande bereits 78,5 Jahre. Bei den MĂ€dchen stieg die Lebenserwartung im selben Zeitraum von 68,5 Jahren auf 83,4 Jahre. Nachdem die Lebenserwartung bis Ende der 2000er Jahre fĂŒr beide Geschlechter damit deutlich zugenommen hat, hat sich der Anstieg seitdem verlangsamt. GrĂŒnde hierfĂŒr sind unter anderem die Auswirkungen außergewöhnlich starker Grippewellen sowie der Corona-Pandemie.

2022 etwas mehr als halb so viele Kinder geboren wie zu Babyboom-Zeiten

Neben der steigenden Lebenserwartung nimmt auch der starke GeburtenrĂŒckgang der vergangenen Jahrzehnte Einfluss auf die Alterung der deutschen Gesellschaft. 1950 wurden auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland gut 1,1 Millionen Kinder geboren, 2022 waren es rund 739 000. Besonders stark stiegen die Geburtenzahlen Ende der 1950er Jahre und erreichten 1964 mit knapp 1,4 Millionen Neugeborenen einen Höchststand. Nach diesem sogenannten Babyboom folgte ein starker RĂŒckgang der Geburten. Wichtige Faktoren hierfĂŒr waren unter anderem die mit der Emanzipation der Frauen einhergehende Erwerbsbeteiligung sowie die Verbreitung der Pille. Die niedrigste Geburtenzahl seit 1946 wurde 2011 registriert: In diesem Jahr kamen knapp 662 700 Kinder zur Welt.

Auch die Zahl der Gestorbenen stieg auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland zwischen 1950 und 1970 von rund 750 000 auf knapp eine Million. WĂ€hrend aber die Zahl der Geburten in den 1970er Jahren deutlich sank, unterlag die Zahl der SterbefĂ€lle weniger starken VerĂ€nderungen. Infolgedessen verzeichnete Deutschland seit 1972 ein Geburtendefizit, das heißt, es starben jĂ€hrlich mehr Menschen als Kinder geboren wurden.

Zuwanderung bremst Alterung der Bevölkerung

Sowohl die GrĂ¶ĂŸe der Bevölkerung in Deutschland als auch ihre Altersstruktur werden wesentlich von Zuwanderung aus dem Ausland geprĂ€gt. Seit 1950 gab es nur wenige Jahre, in denen die Zahl der FortzĂŒge ins Ausland die der ZuzĂŒge ĂŒberstieg. Der ĂŒberwiegend positive Wanderungssaldo der vergangenen Jahrzehnte wirkte damit der negativen Differenz zwischen Geburten und SterbefĂ€llen seit 1972 entgegen und bremste aufgrund des im Schnitt jĂŒngeren Alters der Zugewanderten die Alterung der Gesellschaft.

In den 1950er bis frĂŒhen 1970er Jahren wurde das Wanderungsgeschehen vom Zuzug von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern aus Staaten mit einem Anwerbeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Aus Jugoslawien, Italien, der TĂŒrkei, Griechenland, Spanien, Portugal, Tunesien und Marokko wurden 1970, dem Jahr mit der höchsten Nettozuwanderung in diesem Zeitraum, gut 792 500 Zuwanderungen registriert. Das entsprach einem Wanderungssaldo von gut 447 800. In den 1990er Jahren zogen vor allem SpĂ€taussiedlerinnen und SpĂ€taussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion sowie Asylsuchende zu. So betrug allein der Wanderungssaldo aus Jugoslawien 1992 infolge des Jugoslawienkrieges knapp 171 300 WanderungsfĂ€lle. Seit Mitte der 2010er Jahre kam es zu einem zunehmenden Zuzug von GeflĂŒchteten mit einem ersten Hochstand im Jahr 2015. Im vergangenen Jahr verzeichnete Deutschland nach vorlĂ€ufigen Ergebnissen mit einem Wanderungssaldo von knapp 1,5 Millionen FĂ€llen die höchste Nettozuwanderung seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1950. Schutzsuchende aus der Ukraine machten dabei den grĂ¶ĂŸten Anteil der Zugezogenen aus.

Demokratie braucht Daten – Daten brauchen Demokratie:

Seit 75 Jahren bietet das Statistische Bundesamt verlĂ€ssliche Informationen zu Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt – fĂŒr eine faktenbasierte Berichterstattung und demokratische Willensbildung. AnlĂ€sslich seines 75-jĂ€hrigen Bestehens veröffentlicht das Statistische Bundesamt bis Ende Juni eine Reihe von Pressemitteilungen auf Basis historischer Zeitreihen. Sie sollen zeigen, welchen Beitrag amtliche Daten ĂŒber die vergangenen Jahrzehnte geleistet haben. Schließlich ist es seit seiner GrĂŒndung vor 75 Jahren – damals noch als „Statistisches Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ – die Aufgabe des Statistischen Bundesamtes, stets ein möglichst umfassendes Gesamtbild der Entwicklungen und ZusammenhĂ€nge in Gesellschaft, Wirtschaft und vielen weiteren Bereichen bereitzustellen. Die JubilĂ€umsreihe mĂŒndet in einen Festakt am 05.07.2023 sowie die Wissenschaftliche Fachtagung „Daten.Forschung.Zukunft“ am 06.07.2023.

Text/Foto: Destatis am 07. Juni 2023