Willingmann fordert vom Bund weitere Weichenstellungen bei grünem Wasserstoff

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Große Bühne für das kleinste Element des Periodensystems: Beim heutigen „Wasserstoff-Forum Ost“ in Berlin informierten sich auf Einladung des Energieministeriums mehr als 200 Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik unter anderem über aktuelle Wasserstoffprojekte „made in Sachsen-Anhalt“.

Im Fokus stand ein aktuelles Gutachten des Kölner Beratungsunternehmens r2b energy consulting, wonach der Wasserstoffbedarf allein in Sachsen-Anhalt bis 2045 von derzeit gut 10 auf bis zu 30 Terrawattstunden steigen kann. Etwa drei Viertel des künftigen Bedarfs an grünem Wasserstoff könnten wirtschaftlich in Sachsen-Anhalt erzeugt werden – mit positivem Nebeneffekt: Der Aufbau von Produktions-, Speicher- und Transportkapazitäten für grünen Wasserstoff sowie der ebenfalls notwendige weitere Ausbau erneuerbarer Energien würde rund 27.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung im Land um jährlich rund 1,5 Milliarden Euro erhöhen.

Das Gutachten zeigt auch, wo derzeit noch Hindernisse für den erfolgreichen Hochlauf einer wettbewerbsfähigen grünen Wasserstoffwirtschaft in Ostdeutschland bestehen. Daher hat Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) heute ein Positionspapier mit notwendigen Maßnahmen auf nationaler wie europäischer Ebene an den Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima, Michael Kellner, überreicht.

Handlungsbedarf sieht Willingmann vor allem in drei zentralen Bereichen: beim zügigen Aufbau der Transportinfrastruktur, bei Rahmenbedingungen für den Ausbau von Speichern sowie bei Regeln für Produktion und Nutzung von grünem und emissionsarmem Wasserstoff, insbesondere im Bereich der Zertifizierung. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die der Bund möglichst noch im Sommer 2024 anstoßen bzw. umsetzen sollte, gehören:

  • Umsetzung eines tragfähigen Finanzierungskonzepts für das Wasserstoff-Kernnetz, um Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen (derzeit noch bestehende Unsicherheiten zu Finanzierungsvorgaben müssen schnell beseitigt werden, damit Investitionen am Kapitalmarkt realisiert werden können)
  • Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens für ein Wasserstoffverteilnetz, um auch Unternehmen abseits großer Pipelines an das Wasserstoffnetz anzuschließen
  • Fertigstellung einer Strategie des Bundes für Wasserstoffspeicher
  • Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und Anerkennung der Raumverträglichkeit für Gasspeicher, in denen künftig Wasserstoff gespeichert werden soll
  • Einführung eines praktikablen Zertifizierungssystems für grünen bzw. emissionsarmen Wasserstoff und dessen Folgeprodukte
  • Einführung eines (möglichst europaweiten) Zertifikatehandels zur Nutzung von grünem Wasserstoff in der Industrie (zur Erfüllung der Wasserstoff-Quote aus der europäischen „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“)
  • Schaffung einer Förderkulisse für grünen Wasserstoff in der Industrie

Willingmann sagte: „Wasserstoff ist zwar das kleinste Element im Periodensystem, hat aber riesige Bedeutung für den Erfolg der Energiewende. Grüner Wasserstoff, der mithilfe von Wind- und Sonnenstrom erzeugt wird, kann als klimafreundlicher Rohstoff und Energieträger genutzt werden; das macht ihn vor allem für energieintensive Branchen wie Chemie- und Metallindustrie oder Mineralölverarbeitung doppelt wertvoll. Daher bleibt Sachsen-Anhalt beim Zukunftsthema grüner Wasserstoff weiter am Ball. Als traditionelles Wasserstoffland mit hoher Expertise bei Herstellung, Nutzung und Forschung sowie einer Top-Infrastruktur haben wir das Zeug zur erfolgreichen Modellregion. Dafür wollen wir konsequent an den richtigen Stellschrauben drehen.“ Deshalb sollen die Forderungen aus dem Positionspapier auch in einen Antrag für die nächste Energieminister-Konferenz eingehen, die Mitte Mai in Kiel stattfinden wird.

Zusätzlich zum Überblick über das Gutachten und aktuelle Projekte aus Wirtschaft und Wissenschaft wurde im Rahmen des heutigen „Wasserstoff-Forums Ost“ auch erstmals der neue Wasserstoff-Imagefilm des Landes gezeigt, der im Auftrag von Energieministerium und Landesenergieagentur entstanden ist. Wasserstoff-Gutachten, Positionspapier und Imagefilm sind hier zu finden: https://lsaurl.de/wasserstoffland.

Hintergrund:

Erst Anfang März 2024 hatten die sechs ostdeutschen Länder die „Initiative für Wasserstoff in Ostdeutschland“ (IWO) offiziell aus der Taufe gehoben, um die Zusammenarbeit zu stärken. Die gemeinsame Plattform soll Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Osten beim Thema „Güner Wasserstoff“ eng vernetzen und so den Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft befördern. Auch im Rahmen der IWO wird sich Sachsen-Anhalt für die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen und den Ausbau der Verteilnetze für grünen Wasserstoff stark machen.

In den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur will Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren gut 58 Millionen Euro investieren; weitere 130 Millionen Euro kommen vom Bund. Zum deutschen Wasserstoff-Kernnetz in Sachsen-Anhalt gehört u.a. die wichtige Ost-West-Pipeline zwischen dem Mitteldeutschen Chemiedreieck, Magdeburg und dem niedersächsischen Salzgitter.

Text/Foto: Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt am 11. April 2024