BKA: Zahl der Drogentoten erneut gestiegen

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Großsicherstellungen, ErnteertrĂ€ge und ProduktionskapazitĂ€ten sprechen fĂŒr eine hohe VerfĂŒgbarkeit und Nachfrage von BetĂ€ubungsmitteln

Wiesbaden (ots) – Die Polizei hat im vergangenen Jahr rund 340.000 Rauschgiftdelikte registriert. Das bedeutet einen RĂŒckgang der Gesamtzahl der Delikte um 5,6 Prozent. Die Anzahl der Rauschgift-Handelsdelikte ist in einem Ă€hnlichen Umfang gesunken – um 6,4 Prozent. Allerdings setzt sich der seit 2017 vorherrschende und besorgniserregende Trend von steigenden Rauschgift-TodesfĂ€llen weiter fort: 2022 wurden 9 Prozent mehr Rauschgifttote registriert. Damit stieg deren Zahl auf 1.990 Personen an – 90 mehr als im Vorjahr. Die hĂ€ufigsten Todesursachen bleiben dabei der Konsum von Opiaten, Heroin und Opiat-Substitutionsmitteln.

Trotz der gesunkenen Gesamtzahl der Rauschgiftdelikte gehen die Polizeibehörden von einer hohen und zunehmenden VerfĂŒgbarkeit von BetĂ€ubungsmitteln sowie einer hohen Nachfrage aus. Darauf deuten nicht nur zahlreiche Großsicherstellungen und die teils erheblich gestiegenen ErnteertrĂ€ge in den Herkunftsregionen der klassischen Rauschgiftarten hin, sondern auch die wachsenden ProduktionskapazitĂ€ten illegaler Labore zur Herstellung synthetischer Drogen, die weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. So wird der Amphetamin- und Ecstasy-Markt durch große ProduktionskapazitĂ€ten in den Niederlanden beliefert. Ein Trend zur europĂ€ischen Herstellung ist auch bei Methamphetamin/Crystal Meth zu beobachten. Bei Großsicherstellungen dieser Droge ist zudem Mexiko als Herkunftsland von immer grĂ¶ĂŸerer Bedeutung – so wurden erstmals im Jahr 2022 in Deutschland große Mengen Methamphetamin sichergestellt, die nachweislich auf Großlieferungen aus Mexiko zurĂŒckzufĂŒhren sind.

Im Bereich des Kokain-Handels setzt sich der Trend fort: Seit 2018 steigen die Zahlen stetig. Erst Anfang Oktober dieses Jahres kam es zu Festnahmen von Mitgliedern einer TĂ€tergruppierung, die hunderte Kilogramm Kokain nach Deutschland geschmuggelt haben soll. DarĂŒber hinaus gab es vor allem in SeehĂ€fen große Kokain-Sicherstellungsmengen. In den Niederlanden und Belgien beobachten die Sicherheitsbehörden zudem, dass sich das Gewaltpotenzial gerade bei den TĂ€tergruppierungen deutlich erhöht, die im Schmuggel von Kokain von SĂŒdamerika nach Europa tĂ€tig sind. In beiden Staaten wird dieser Entwicklung mit verstĂ€rkten polizeilichen Maßnahmen begegnet, so dass die Gefahr einer VerdrĂ€ngung der Kokaineinfuhren auf deutsche SeehĂ€fen besteht.

BKA-PrĂ€sident Holger MĂŒnch:

„Wir beobachten im Bereich der RauschgiftkriminalitĂ€t in Europa eine Infiltration der großen HĂ€fen und die Anwendung von Gewalt durch die Organisierte KriminalitĂ€t zur Behauptung von Vormachtstellungen. Neben Gegenmaßnahmen an den SeehĂ€fen in Deutschland und Europa, die mittlerweile unter Mitwirkung aller relevanten Akteure initiiert wurden, ist die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein unserer BekĂ€mpfungsstrategie – insbesondere auch mit den sĂŒdamerikanischen Herkunfts- und Transitstaaten von Kokain. Der international organisierte Rauschgifthandel ist nach wie vor ein HauptbetĂ€tigungsfeld der Organisierten KriminalitĂ€t, mit dem betrĂ€chtliche Gewinne erzielt werden, die hĂ€ufig in den legalen Wirtschaftskreislauf eingebracht werden und so großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichten. Im Bundeskriminalamt fĂŒhren wir daher Ermittlungsverfahren gegen fĂŒhrende Köpfe der organsierten RauschgiftkriminalitĂ€t – sogenannte High-Value-Targets – und bauen unsere Kompetenzen im Bereich der Finanzermittlungen aus, um illegale Gewinne konsequent abzuschöpfen.“

Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung fĂŒr Sucht und Drogenfragen:

„Nachrichten, dass immer mehr Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums sterben, sind fĂŒr mich immer aufs Neue schockierend. Und sie alarmieren mich, in meinen Anstrengungen um eine neu ausgerichtete Drogenpolitik nicht nachzulassen. StĂ€rken, schĂŒtzen, helfen sind hierfĂŒr meine HandlungsstrĂ€nge. Rund zehn Millionen Menschen sind sĂŒchtig in Deutschland. Damit sind wir alle beim Thema Sucht gefordert. Denn Sucht ist eine Krankheit. Deshalb stehe ich fĂŒr eine Politik ohne Scheuklappen, die fĂŒr die Menschen arbeitet und mehr in PrĂ€vention als auf die bloße Kraft von Verboten setzt. Ich stehe fĂŒr eine Politik, die anerkennt, dass Menschen aus vielfĂ€ltigen GrĂŒnden konsumieren und wir die Risiken dieses Konsums so klein wie möglich halten mĂŒssen, und fĂŒr eine Politik, die niemanden abstempelt oder aufgibt, sondern ernsthaft und vorbehaltlos Hilfe anbietet. Die ersten Schritte auf dem Weg dahin hat die Ampelregierung gemacht: etwa mit der bundesweiten Möglichkeit fĂŒr Drug-Checking, dem Modellprojekt zur Fentanyl-Testung und der gestarteten kontrollierten Cannabisfreigabe.“

Symbolfoto (c) BKA