Heute im Bundestag: Barrierefreiheit bei Sanierung und Neubau von SportstÀtten

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Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) „Bei der Sanierung und dem Neubau von SportstĂ€tten muss grundsĂ€tzlich Barrierefreiheit hergestellt werden.“ Diese Forderung erhob der Beauftragte der Bundesregierung fĂŒr die Belange von Menschen mit Behinderungen, JĂŒrgen Dusel, am Mittwoch vor dem Sportausschuss und erhielt dabei die Zustimmung aller anderen zu der Sitzung geladenen SachverstĂ€ndigen. Barrierefreiheit habe nicht nur eine tiefe soziale Dimension, „weil sie das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen ermöglicht“. Barrierefreiheit sei auch ein „QualitĂ€tsstandard fĂŒr ein modernes Land“. Wer heute SportstĂ€tten mit Barrieren baue oder saniere, sei unprofessionell, sagte Dusel.

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung forderte zugleich eine Willkommenskultur in Sportvereinen auch fĂŒr Menschen mit Behinderungen. FĂŒr mehr Toleranz und mehr Respekt brauche es Qualifikation von Trainern und Übungsleitern. Es brauche aber auch eine Akzeptanz dafĂŒr, dass es um die Grundrechte der Menschen mit Behinderung geht, sagte Dusel. In Deutschland gelte die UN-Behindertenrechtskonvention. Daher sei es Aufgabe des Staates, das Recht auf Teilnahme am Sport nicht nur zu versprechen, sondern dafĂŒr zu sorgen, „dass diese Rechte bei den Menschen auch ankommen“.

Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bekenne sich zu der UN-Behindertenrechtskonvention, die ein Wahlrecht zur Teilnahme an inklusiven oder auch an in der eigenen sozialen Gruppe stattfindenden Sportangeboten fĂŒr Menschen mit Behinderungen vorsehe, machte DOSB-VizeprĂ€sidentin Verena Bentele deutlich. FĂŒr Menschen mit Behinderungen gehöre Sport leider aber noch nicht zum Alltag. Laut dem dritten Teilhabebericht der Bundesregierung trieben 55 Prozent der Menschen mit Behinderungen keinen Sport. Vielfach fehlten Zugangsmöglichkeiten und wohnortnahe, geeignete Angebote.

Verbessert werden mĂŒsse neben den SportstĂ€tten auch der ÖPNV, damit die Menschen mit Behinderungen die SportstĂ€tten erreichen können, sagte Bentele. Ganz wichtig sei auch die Finanzierung und Bereitstellung von Assistenz. Ohne UnterstĂŒtzungsleistungen wie etwa BegleitlĂ€ufern oder einem angemessenen Equipment könne der Sport nicht betrieben werden. Spezielle GerĂ€te wie etwa SpezialrollstĂŒhle seien aber ein erheblicher Kostenfaktor.

Der PrĂ€sident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), Friedhelm Julius Beucher, verwies – wie Dusel und Bentele zuvor auch – auf den coronabedingten Mitgliederschwund in den Behindertensportvereinen. 100.000 Mitglieder weniger gebe es im Vergleich zu der Zeit vor Corona. Das habe mit den besonderen Schwierigkeiten fĂŒr Menschen mit Behinderungen zu tun. WĂ€hrend Menschen ohne Behinderungen bei geschlossenen Hallen im Wald hĂ€tten laufen können, sei das fĂŒr Menschen ohne Behinderungen nicht möglich gewesen. Die Mitgliederentwicklung werde aber auch dadurch beeintrĂ€chtigt, dass nur sieben Prozent aller olympischen Sportvereine Sport fĂŒr Menschen mit Behinderungen anbieten. „Wir gehen deshalb auf die Regelsportvereine zu, um sie zu ermuntern, Sportangebote fĂŒr Menschen mit Behinderungen zu machen“, sagte Beucher.

Sorgen macht dem DBS-PrĂ€sidenten nach eigener Aussage eine Schließung von SchwimmbĂ€dern oder die weitere Absenkung der Wassertemperaturen aus EnergiespargrĂŒnden. „Das ist tödlich fĂŒr den Reha-Sport“, machte er deutlich. Reha-Sport könne nicht in noch kĂ€lterem Wasser ausgeĂŒbt werden, so Beucher.

Einen Bewegungsmangel in der gesamten Gesellschaft konstatierte die Sportwissenschaftlerin Susanne Tittlbach von der UniversitĂ€t Bayreuth. „Weniger als ein Drittel der Bevölkerung bewegt sich ausreichend“, sagte Tittlbach mit Blick auf die in nationalen und internationalen Bewegungsempfehlungen enthaltenen Werte. Der Einstieg in Bewegung und Sport sei vor allem eine Frage der sozialen Herkunft, so die Sportwissenschaftlerin. Menschen mit einem niedrigen Einkommen, mit einem niedrigen Bildungsstand oder mit einer Migrationsgeschichte seien schlechter zu erreichen. Auch Menschen mit Behinderungen seien deutlich seltener im organisierten Sport oder beim Bewegungsverhalten anzutreffen. FĂŒr die einzelnen Zielgruppen brauche es daher passgenaue Angebote, die sich an den BedĂŒrfnissen und den Motivationen der jeweiligen Zielgruppe orientieren mĂŒssten, sagte Tittlbach.

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